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Chill Bill (German Edition)

Chill Bill (German Edition)

Titel: Chill Bill (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger M. Fiedler
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alte Dienststelle verpfiffen«, flüsterte er seiner Sekretärin ins Ohr, »und damit mich.«
    Paola zwinkerte mit den Augen. Das konnte sie gut.

DER HEILIGE PAUL
    Die Leuchtreklame fiel aus, als Tonho und Ninho den Supermarkt verließen, ein Phänomen, das Perto aus den Filmen kannte. Nein, zwei Tüten Milch und eingeschweißtes Gebäck waren alles, was sie erbeutet hatten, und wahrscheinlich hatten sie – wie alle anderen – mit echtem Geld bezahlt. Die beiden bestiegen ihren Fiat und rollten gelassen zum Santa Barbara Tunnel. An der Praça Onze erreichten sie die Hauptstraße und folgten von da ab den Schildern nach São Paulo. Um sieben waren sie aus der Peripherie von Rio raus.
    Die Prostituierten am Straßenrand wurden weniger und die Zahl der Kadaver überfahrener Tiere nahm zu. Perto folgte dem blauen Wagen in einigem Abstand durch die bewaldeten Gebiete über die berüchtigte Schwerlastroute gen Süden. Die Dunkelheit wich einer verkleisterten Mischung aus schwadigem Regenwalddunst, niedrig fliegenden Gewitterwolken und dem Gestank verbrannten Gummis. Alle paar Kilometer lockten Neonreklamen von Motels und Liebeshöhlen Fernfahrer und junge Pärchen. In der trüben Luft und dem Gegenlicht der blendenden Lkw-Scheinwerfer wirkten die vereinzelten Ortschaften gespenstisch. Nur nicht anhalten, schienen sich die Truckfahrer zu sagen, ohne anzuhalten in einem durch. Sie hatten Angst vor Piraten, dem technischen Zustand ihrer Vehikel und der Übermüdung ihrer Kollegen. Für Pkws war die Straße die Hölle. Aber immerhin war es halbwegs kühl.
    Gegen Mittag wuchs vor Pertos schlierigen Scheiben São Paulo, der Moloch des Südens, aus dem bleiernen Dunst wie eine monumentale Wagner-Inszenierung, doch die Tortur war noch nicht zu Ende. Ein Drittel aller brasilianischen Autos sind in São Paulo unterwegs. Die Hälfte davon steht einem im Weg, der Rest kam mit überhöhtem Tempo auf sie zu. Eine gute Fahrstunde verging bis zum Zentrum. Eine Stunde, in der man den Eindruck gewann, dass Hitze, Gestank und Druck auf jedem Meter zunahmen. Wenn Brasilien einen Motor hat, dann ist es São Paulo und die Paulistas leben im Bauch der Maschine. Diese Stadt, sagt man, sei eine fatale Kettenreaktion, die vor langer Zeit außer Kontrolle geriet, aufregend und schrecklich zugleich, ein Phänomen wie eine Hautkrankheit der Erde, ein schillerndes Furunkel am Arsch der Welt.
    Perto hatte große Mühe, dem blauen Fiat Uno zu folgen. Nach einigen Stunden im Stadtverkehr von São Paulo hatte er völlig die Orientierung verloren. Er versuchte irgendwie dranzubleiben, aber das bedeutete, dass er jede zweite Ampel bei Rot überfahren musste. Was darauf hinauslief, sich allmählich den Fahrstil der
Paulistas
anzueignen. Als Tonho endlich in eine Seitenstraße abbog und der Wagen in einer Lücke zum Stehen kam, schlug Perto unwillkürlich ein Kreuz auf sein Hemd. Es war alles zugeparkt. Also entschloss er sich, Runden um den Block zu drehen, während Katz aussteigen und den beiden folgen sollte.

RATO IN DER SCHLINGE
    Rebeiro saß im vierten Stock mit Come-Rato vor dem Fernseher. Sie tranken Bier. Acht-Zehen-Joe war an der Straßenecke und besorgte Nachschub an Bier und Zigaretten. Als er wiederkam, fiel ihm der blaue Fiat Uno aus Rio auf. Einen der Insassen kannte Joe, es war Ninho. Acht-Zehen-Joe wusste sofort Bescheid, lief nach oben und informierte Rebeiro.
    »Ich kann nicht glauben, dass die Pfeifen nicht wenigstens versuchen ein bisschen unauffällig zu sein«, sagte Joe.
    Come-Rato hing in seinem Stuhl wie vom Blitz getroffen.
    »Wie steht’s, Rato, du hast doch nicht geglaubt, wir würden noch ein paar Tage wegbleiben, und hast uns verpfiffen?«, fragte Rebeiro und legte Rato die Hände auf die Schultern. »Nein, so dumm würdest du dich nicht anstellen! Jemand muss schon ganz schön saublöd sein, um so etwas zu machen!«
    Rebeiro deutete mit dem Kinn auf einen Stahlkleiderbügel, während er das sagte, eines dieser Billigdinger, die aus einem dicken Draht gebogen werden. Joe kapierte.
    Sie ließen Rato keine Chance. Joe hielt fest, während Rebeiro Ratos Kopf durch das Dreieck fädelte. Er brach einen Besenstiel entzwei und schob die beiden Teile hinter Ratos Hals durch den Bügel. Rato beteuerte jammernd seine Unschuld und ließ nichts unversucht, um sich zu befreien. Aber es nutzte ihm nichts. Rebeiro verdrehte die Stücke des Besenstiels gegeneinander, bis Rato aufhörte, sich zu wehren. Als Tonho den Hausflur betrat, war Rato

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