Chill Bill (German Edition)
was versprechen
Sie
sich von dem ganzen Zinnober?«
»Zwei Minuten«, antwortete Freitas. Sein Blick schwenkte von dem weißen Feld auf seiner Problemliste zu dem viel angenehmeren Blick auf die durchtrainierten Problemlösungen draußen. Das einzige, was er jetzt noch wissen musste, war ein Aufenthaltsort. Und den würde Rebeiro erst nennen, wenn der Alte über den Jordan war. »Zwei Minuten, damit ich eine bestimmte Information bekomme und ein paar Dinge einleiten kann. Mehr will ich nicht.«
COUNTDOWN
Zehn Stockwerke über Copacabana hielt Vincent das Gewehr im Anschlag. Einatmen! Ausatmen. Durch autogenes Training hatte er seine Atemfrequenz herabgesetzt. Der Lauf zeigte auf die Apartmentwand ohne zu schwanken oder zu zittern.
»Weißt du, was beim Schießen vor sich geht?«, fragte er Corelli.
Corelli hielt das Briefchen in der Hand, das Elisabeth geschrieben hatte.
Nunca mais
, niemals mehr wollte sie Vincent oder Corelli sehen.
»Am Anfang steht der Gedanke zu töten. Er hat ein Ziel, ist aber alleine noch zu schwach – der Gedanke allein tötet nicht.«
»Und an wen denkst du?«, fragte Corelli in seine Bierdose.
Vincent hörte ihn nicht.
»Der Gedanke bewegt den Finger und der gibt den Bolzen frei. Der Impuls des Gedankens ist jetzt im Bolzen und der gibt ihn an die Zündplatte weiter. Die wiederum macht einen kleinen Knall und der löst den großen Knall aus.«
»Gib ihr noch eine Chance!«, riet Corelli und riss sich eine der letzten Dosen auf, die noch im Kühlschrank lagen.
»Das Geschoss fliegt mit 800 Sachen durch den Lauf. Das Ganze ist eine einzige Kette von Verstärkungen des ersten Gedankens, der sich auf das Ziel richtet. Wenn man schießt, muss man diese ganze Kette spüren.« Vincent setzte das Gewehr ab und beugte sich über seinen Koffer. Dafür war es zu spät.
VERANTWORTUNGSGEFÜHL
Als Prão Elisabeths Wohnungstür knackte, wusste er immer noch nicht so recht, warum er es tat. Tonho hatte es befohlen. Er sollte die Kleine holen. Zur Sicherheit, hatte er gesagt. Tonho selbst hatte etwas Wichtigeres zu tun und das verwirrte Prão. Tonho hatte ihn gescholten, er müsse jetzt langsam Verantwortung für das übernehmen, was er tat. Darum und weil die anderen noch etwas zu erledigen hätten, müsse er dieses Ding allein durchziehen. Nun stand er also in der Wohnung dieser Göre, spielte mit ihren Teddybären Fußball, so wie Tonho das mit den Sachen dieses Detektivs gemacht hatte, aber es machte ihm keinen Spaß. Er wusste nicht so recht, wofür das alles gut war. Ninho wusste, was man machen musste, wenn man sein Opfer in den Fingern hatte, Tonho wusste es, vielleicht wusste sogar Negão Bescheid. Er, Prão, wusste nichts, außer dass er jetzt in diesem Kinderzimmer stand und nach diesem halbreifen Töchterchen von Freitas suchte.
Wenn er sie gefunden hätte, würde er sie zu Tonho bringen, das war schon klar. Aber was wäre, wenn sie ihn fragte, warum er das tat? Musste er dann nicht irgendeine coole Antwort haben? »Halt die Klappe!«, würde Tonho sagen, aber wenn Tonho das sagte, dann schüchterte es ein. Wenn er »Halt die Klappe!« sagte, dann kümmerte das keinen.
»Was wollte ich hier noch mal?«, fragte sich Prão laut. Die Kleine war ausgeflogen. Es hatte keinen Zweck zu bleiben, aber einfach zurückfahren konnte er auch nicht. Er musste irgendetwas Sinnvolles getan haben, wenn er Tonho unter die Augen trat. Aber was war jetzt sinnvoll? Vielleicht alles klein schlagen? Einen Moment dachte Prão darüber nach, alles klein zu schlagen, aber dann fiel ihm ein, dass es vielleicht verkehrt wäre. Er wusste schließlich nicht, wie man ein Mädchen entführte. Musste man alles klein schlagen, um ein Mädchen zu entführen? Er ließ es bleiben.
Nette Fotos hatte die Kleine an der Wand. Prão schaute gedankenverloren auf die Fotos. Fotos von einem kleinen Kind mit einer schönen Frau, wahrscheinlich ihrer Mutter, die Mutter und Freitas, Freitas am Strand mit dem kleinen Kind, das Kind mit einer Pappmaske in der Hand neben einem anderen Kind mit einer anderen Pappmaske in der Hand, dann war da ein Foto, hu-lá-lá! Er schaute genauer hin. Elisabeth De Las Freitas war ja schon eine richtige Frau. Prão nahm das Foto von der Wand und betrachtete es genauer. Elisabeth im Bikini am Strand. Was Prão sah, gefiel ihm richtig gut, und man sah eine Menge! Verantwortung macht Spaß, dachte er noch.
Aber dann läutete das Telefon und Prão ließ vor Schreck die Fotografie fallen. Der
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