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Chill mal, Frau Freitag

Titel: Chill mal, Frau Freitag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frau Freitag
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der Schule. Da wird geplant, gesammelt, mitgebracht, aufgebaut, gegrillt, gegessen, gequatscht und gesoffen.
    Den Aufbau übernimmt immer die gleiche Person: die Seele des Kollegiums. Man soll ihr schon irgendwie helfen, aber nicht zu viel, denn die Verantwortung will die Person auf keinen Fall abgeben. Passt man nicht auf, wird man mit niederen Arbeiten überschüttet: Tische schleppen, Gläser spülen, Gabeln aus dem anderen Gebäude holen und so weiter. Wie ein Kind wirst du von der Ober-Mutti oder dem Ober-Vati (es sind meiner Meinung nach öfter Frauen) herumgeschickt: »Deck doch schon mal die Tische ein, Frau Freitag! Kannst du mal zum Hausmeister gehen, wir brauchen noch einen Dreifachstecker. Und wenn du schon dabei bist: Such doch schnell mal einen Korkenzieher!« Wenn die Verantwortliche dann von der Schulleitung vor dem versammelten Kollegium gelobt wird, dann tut sie ganz bescheiden: »Ach, lasst doch, das ist mir jetzt aber peinlich.«
    Es sind immer die gleichen Leute, die helfen, und es gehen immer die gleichen zuerst nach Hause. Ich habe die Schonlehrer oft essen, aber nie aufräumen sehen. Ich mache immer irgendwie mit, aber gelobt wurde ich noch nie.
    Nach dem Essen geht dann die Sauferei los: »Komm, nimm noch mal einen Schluck.« – »Wir haben noch gar nicht angestoßen!« – »Dein Glas ist ja leer! Auf einem Bein kann man nicht stehen.« – »Los, noch einen Absacker.«
    Und dann wird völlig losgelöst abgesackt. Wie tief darf denn gesackt werden? Und wer bunkert diesen unerschöpflichen Schnapsvorrat, in den verschiedenen Fachbereichen?
    »Hier ist noch ein Fläschchen!« – »Ich hab hier noch was ganz Feines!« – »Komm, die Buddel hauen wir noch weg. Was weg muss, muss weg.«
    Je später der Abend, desto schwieriger wird es für mich, mich dem Mitmachzwang der harten Hunde zu entziehen, und irgendwann gehen mir die Abstinenzgründe aus.
    »Frau Freitag, bist du schwanger? Oder warum trinkst du Cola?«
    Sie werden dann ganz kuschelig und wollen dich unbedingt auf ihren Ausgelassenheitspegel bringen. Ich fülle mich stets mit Cola, Sprite und Apfelschorle ab. Unter ihrem Alkohol-Einfluss werde ich zu »unsere Kleine«: »Ach, die Frau Freitag, die hat’s auch nicht leicht, die nimmt sich alles immer so zu Herzen …«
    Ich mache bei diesen Gelagen nie mit. Keine Lust auf Verbrüderung, Privates und die späteren Weißt-du-noch-bei-der-Weihnachtsfeier-Stories: »Na, Frau Schwalle war ja ganz schön dicht. Ist denn Herr Johann noch nach Hause gekommen?« Wie kommen manche Kollegen dazu, sich bei Betriebsfeiern so dermaßen gehen zu lassen? Haben die keine Freunde, mit denen sie es sich mal so richtig geben können?
    Allerdings muss ich zugeben, dass die Feiern ohne die besoffenen Kollegen ganz schön langweilig wären, denn es ist herrlich, ihren Niveauverfall zu beobachten. Man muss aber unbedingt den perfekten »Ich geh jetzt«-Moment finden. Der liegt kurz vor dem Aufräumen. Und kurz nachdem sich der harte Hund dazu hat hinreißen lassen, mal so richtig über die Kollegen abzulästern. Mit glasigem Blick sitzt er dann in sich zusammengesunken am Tisch: »Also, die Frau Soundso, na die isss doch auch ein wenig …« Wenn du Pech hast, erwischt er dich, legt seinen schweren Arm um dich und lallt dir ins Ohr: »Suerss als ich dich sah, dachtisch du biss auch dooof, aba jesss bisss du doch eine ganzzz lieebe Pessson …« Nicken, nett grinsen und dann nichts wie weg.
    Das sind mir die Richtigen: Den ganzen Abend laut grölend Scheiße labern und eine Woche später eine Klassenkonferenz ansetzen, weil ein Schüler hinterm Haus geraucht hat.
    Let’s dance! (Noch vier Tage)
    »Es ist leicht, ein geiler 18-Jähriger zu sein, wenn du 18 bist. Ich war auch ein geiler 18-Jähriger«, sagt mein Freund und will damit wohl verhindern, dass ich noch weiter über den Lieblingsschüler spreche. »Aber er kann auch Beatbox.« Keine Chance, es interessiert keinen mehr.
    Wir hatten am Vortag die Abschlussfeier der 10. Klassen. Eine Riesensache. Stundenlanges Gestyle. Nachdem ich jahrelang underdressed erschienen bin und mich zwischen reif- oder miniberöckten Mädchen und Smoking tragenden Jungen unwohl gefühlt habe, bin ich diesmal schlauer und mache schon einen Woche im Voraus einen Friseurtermin.
    Ja, es soll eine Hochsteckfrisur werden. »Kann ich dann auch so’n Glitzer reinkriegen? So Strasszeug? Oder kleine Blumen?« Eine Stunde sitze ich beim Friseur und beobachte die Verwandlung von der

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