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Chill mal, Frau Freitag

Titel: Chill mal, Frau Freitag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frau Freitag
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hätte.«
    »Gewundert hätte es mich nicht. Und wer weiß, vielleicht heimlich auf dem Klo?«
    »Ist euch überhaupt schon mal aufgefallen, dass die Freitag den gutaussehenden Jungs immer viel zu gute Zensuren gibt?«
    »Stimmt, hat dieser Hübsche aus der Zehnten bei ihr nicht nur Einsen bekommen?«
    »Schade, dass der Chef am Freitag nicht da war. Sollten wir ihm vielleicht erzählen, wie die sich aufgeführt hat.«
    »Meint ihr, die hatte was getrunken?«
    »Also, ich hab sie zwar nur Cola trinken sehen, aber vielleicht war da was drin.«
    »Hat sie bestimmt heimlich mitgebracht.«
    »Oder von den Schülern.«
    »Würde mich nicht wundern, wenn sie vor der Feier mit den Schülern Haschisch geraucht hätte.«
    »Meinst du, die rauchen Haschisch? Also aus meiner Klasse, glaube ich, raucht keiner Drogen.«
    »Was ist das für eine Frage, ob wir dem Schulleiter Bescheid sagen sollten? Das MÜSSEN wir. Das ist unsere Pflicht. Wisst ihr, was ich glaube? Die hat nicht nur mit den Schülern geraucht, ich glaube, die hat denen das Haschisch sogar besorgt.«
    »Meinste? Stimmt, jetzt wo du’s sagst – klar. Diese Freitag ist und bleibt doch eine elende Schülerschleimerin. Also, wer sagt’s dem Chef?«
    Endlich: Der letzte Schultag!
    Niemand hat’s dem Schulleiter erzählt. Und wenn, dann habe ich es nicht mitbekommen, denn in den letzten verbleibenden Pausen mied ich das Lehrerzimmer und drückte mich in den Gängen und auf dem Hof rum.
    Und dann plötzlich ist das Schuljahr vorbei. Unfassbar. Ich bin völlig fertig, kann es gar nicht glauben. Die Zeugnisausgabe wäre beinahe in einem Totaldesaster geendet. Hatten doch die Mädchen beschlossen, ihre Sie-hat-jetzt-endlich-einen-Freund-und-warum-mischt-du-dich-da-ein-und-nur-weil-du-mit-dem-geredet-hast-hat-er-jetzt-Schluss-gemacht-Dramen ausgerechnet am letzten Tag aufzuführen.
    Eine Mädchengruppe schrie sich also aufs Heftigste an, während die andere Gruppe sich auf irgendein wichtiges Date vorbereitete. Da wurden Haare toupiert und mit Haarspray fixiert. Seit meiner eigenen Hochsteckfrisur erkenne ich die Frisierfähigkeiten meiner Schülerinnen als echte Kompetenz an. Allerdings heute – auf dem schon zum Frühstück gedeckten Tisch, mit dem ganzen Haarspray … Dreimal sage ich: »Kein Haarspray!« Und die stellen es einfach hinter sich auf den Tisch und sprühen fröhlich weiter. Da hab ich ihnen mal richtig heftig die Messer aus dem Lehrerzimmer auf den Boden geknallt: »Macht euren Scheiß doch alleine!« Glücklicherweise befähigt mich meine langjährige Erfahrung, mein hochgeschraubtes Gemüt in Sekundenschnelle wieder runterzuschrauben, und dann haben wir doch noch sehr nett gefrühstückt. Danach gab es ein schnelles: »Hier sind eure Zeugnisse, tschüss und schöne Ferien.« Und weg waren sie – keine kostbare Minute der Ferien verpassen.
    Ich dagegen hing noch ewig im Lehrerzimmer ab und wurde ganz wehmütig. Am liebsten hätte ich mich auf dem Hof an jeden von uns scheidenden Zehntklässler gekettet. »Die sollen nicht gehen! Die waren gerade so nett. Wir haben doch so schön getanzt.« Jeder Ärger, jede verkackte Stunde, jeder Wutausbruch ob ihrer Faulheit war wie weggeblasen. »Geht nicht, ihr Lieben! Können wir uns nicht in den Ferien treffen? Lasst mich nicht alleine hier.« Können die nicht alle bei mir wohnen, wenigstens ein paar von denen? Na ja, ich glaube, das ginge nicht lange gut. Ob mein Freund was dagegen hätte? Der würde sich mit dem Lieblingsschüler bestimmt auch gut verstehen.
    Und dann liegt es vor mir: das Loch. Beängstigend dunkel und sechs Wochen tief. Noch tanze ich fröhlich am Rand. Noch lenke ich mich mit Was-ich-noch-alles-machen-Muss vom Hinabstürzen ab. Aber von ganz tief unten höre ich die sirenenhaften Gesänge der Depression: »Komm zu uns, Frau Freitag! Spring! Komm! Was willst du da oben? Lass dich fallen. Da oben hast du nichts mehr und bist doch nur verloren. Da oben hast du doch gar nichts mehr zu tun.«
    »Doch, doch, ich muss noch meinen Schreibtisch aufräumen, meine Steuererklärung machen, Fotos sortieren, Klamotten ausmisten, Unterricht vorbereiten, das ganze Schuljahr nachbereiten!«
    Die Depression: »Unterricht? Ha, dass ich nicht lache! Es sind Ferien. Sommerferien!«
    »Aber wenn ich den Unterricht jetzt schon plane, dann wird im nächsten Schuljahr alles anders. Leichter, besser. Ich könnte endlich guten Unterricht machen. Eine gute Lehrerin sein! Ich muss sofort anfangen damit! Ich werd

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