Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Chill mal, Frau Freitag

Titel: Chill mal, Frau Freitag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frau Freitag
Vom Netzwerk:
schlecht vorbereiteten Unterricht machen, anstatt hinter einer Meute lustloser Schüler her zu rennen.
    Gerade neulich hatten wir wieder so ein Die-Schüler-müssen-mehrere-Disziplinen-durchlaufen-und-das-schlägt-sich-dann-noch-ganz-groß-in-der-Sportnote-nieder-Ding. Ich sammle meine Schüler am Eingang des Sportplatzes ein und werde natürlich gleich mit: »Ich hab mein Asthmaspray zu Hause vergessen« – »Ich bin umgeknickt« – »Ich habe Halsschmerzen« begrüßt.
    Einige Mädchen sagen nicht mal Hallo, sie sitzen schon auf der Wiese, wo sie sich nicht mehr wegbewegen werden, bis mittags alles vorbei ist. Wie konnte ich auch annehmen, dass sie an diesem Scheiß teilnehmen würden. Und weiß denn keiner der Verantwortlichen, dass es das Phänomen der Blitzperiode gibt? Schlagartig haben alle anwesenden Mädchen ihre Tage. Eine bekommt sie zwischen zwei Weitsprungversuchen. Diese Information wird der Klassenlehrerin ganz konspirativ ins Ohr geflüstert.
    »Ich hab, na, Sie wissen schon.«
    Ich: »Na und?« Weit aufgerissene Mädchenaugen blicken mich an: »Aber, aber … es ist schon durchgekommen, und ich hab weiße Hose an.«
    Warum muss das eigentlich IMMER durchkommen? Bei jeder Sportstunde, vor jeder Mathearbeit und gerne auch in der achten Stunde. Und was kann eigentlich die beste Freundin da tun? Warum muss die unbedingt immer mit aufs Klo und dann mit nach Hause. Reicht denn nicht der Pulli um die Hüften? Übrigens weiß bei dem Look sowieso jeder sofort, was los ist.
    Meine menstruierenden Mädchen dezimieren sich jedenfalls zusehends. Zuerst probieren sich noch alle beim Weitsprung, dann gehen schon deutlich weniger beim 100-Meter-Lauf an den Start, eine noch kleinere Gruppe krepelt sich mit den Bällen ab (sollte man gleich abschaffen, dieses Werfen) und beim 800-Meter-Lauf verblutet mir der klägliche Rest. Die drei Mädchen, die sich an den Start gewagt haben und von mir vor lauter Dankbarkeit abgeknutscht wurden, brechen im Ziel völlig entkräftet zusammen, eine kotzt sogar.
    Schnell verabschiede ich mich von meiner Klasse und mache mich unauffällig aus dem Staub. Bei der nächsten Veranstaltung dieser Art melde ich mich krank: »Frau Freitag kann wegen starker Unterleibsschmerzen leider nicht am Sportfest teilnehmen.«
    Vielleicht bin ich ja die Einzige in meiner Schule, die ihre Klasse nicht gerne zu Sportwettkämpfen begleitet. Die Sportlehrer sehe ich immer begeistert die Sprunggruben harken, und es gibt immer wieder Klassenlehrer, die ihre Schüler trainieren, als veranstalteten wir die Olympischen Spiele. Lehrer ist eben nicht gleich Lehrer. Die Heterogenität des Lehrerkollegiums ist sowieso eine Sache für sich. Da hat man eine Schule mit einer recht homogenen Schülerschaft und dann diese vielen sehr verschiedenen Kollegen.
    Hat eigentlich jedes Kollegium die gleichen Lehrertypen? Sind an jeder Schule alle Variationen unserer Spezies vertreten?
    Garantiert gibt es überall die antiquierte Ausgabe des Lehrmeisters, den Pauker, den »harten Hund«. Den kennen wir alle aus unserer eigenen Schulzeit, und ich treffe diesen Typ Lehrer in jeder Schule wieder. Der harte Hund lässt sich auf gar nichts ein. Er ist gefestigt in seinen Prinzipien, genießt bei der Schulleitung großes Ansehen und ist davon überzeugt, dass sein pädagogisches System das einzig Wahre ist. Natürlich gibt es den harten Hund auch in weiblicher Ausführung.
    Gerne schildert er im Lehrerzimmer, »wie man es macht«. Eine neue Klasse – kein Problem, die wird erst mal drei Tage lang so zusammengebrüllt, bis alle weinen und sich eingeschüchtert die nächsten sechs Jahre durch Augenbrauenhochziehen dirigieren lassen. Soziales Lernen, demokratische Strukturen und Evaluation sind für den harten Hund »so ’n Schnulli-Kram«, mit dem er sich nicht abgibt. Er ist von seiner Alleinherrschaft überzeugt. In der Klasse eines solchen Diktators haben es Kollegen schwer, die anders sind, in seinen Augen »weicheieriger«. Die Schüler drehen durch, wenn sie plötzlich mit milderem Auftreten konfrontiert werden. Der harte Hund weiß dann: Na, die haben es einfach nicht drauf.
    Denn sein eigenes System wird ja, wie gesagt, nie von ihm angezweifelt.
    Schüler fürchten diesen Lehrertyp, verwechseln Angst mit Respekt. Oft hört man von ihnen: »Der ist zwar voll streng, aber wir haben viel von ihm gelernt.«
    Klar, beim harten Hund ist jede Klasse erst mal ruhig. Unterrichtsstörungen kommen so gut wie nie vor. Traut sich ja

Weitere Kostenlose Bücher