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Chill mal, Frau Freitag

Titel: Chill mal, Frau Freitag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frau Freitag
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Schulgeländes! Auf dem Lidl-Parkplatz.«
    Samira schreit: »Nein, das stimmt nicht, woher wollen Sie das wissen?«
    »Herr Werner war doch gerade hier, und der hat euch ge sehen.«
    Samira überlegt: »Aber Herr Werner kann uns doch gar nicht gesehen haben, der war doch da im Unterricht.« Ich denke: Stimmt, die haben ja in seiner Stunde gefehlt. Plötzlich geht Samira ein Licht auf: »Das war die Schwalle, die hat uns verpetzt!«
    »Die Hässlichkeit«, flüstert Ayla.
    Ich überhöre die Beleidigung und setze zur Moralpredigt an: »Ihr habt mich also angelogen.« Samira: »Nein, wir haben nicht gelogen, wir haben nur nicht alles erzählt.« Marcella: »Das hätten Sie als Kind auch nicht gemacht.« Nein, denke ich, wahrscheinlich nicht.
    Was mich aber den ganzen Tag noch beschäftigt hat: Waren sie nun vorher im Freizeitbereich, oder haben sie mich doch angelogen? Morgen frage ich Micha. Und wenn der sich nicht erinnern kann, dann mache ich eine Gegenüberstellung mit den dreien und allen Erziehern und Erzieherinnen, die gestern im Dienst waren. Wäre doch gelacht, wenn ich diesen Fall nicht lösen könnte.
    Ein paar Tage später habe ich die ganze Sache schon fast wieder vergessen, auch dass ich den Schwänzerkindern Briefe nach Hause geschickt habe. Aber die kamen anscheinend an, denn ich erhielt bereits den ersten Rückruf eines verstörten Erziehungsberechtigten. Na, endlich bewegt sich was. Von meiner Klasse wurde ich dementsprechend begrüßt: »Vielen Dank, Frau Freitag, vielen Dank für die Post …« Samira: » Abóóó , Frau Freitag, ich habe meiner Mutter erst den Tadel gezeigt und dann kam sie noch mit dem Brief. Tschüch , war die sauer, jetzt habe ich voll Ärger zu Hause.« Marcella: »Meine Mutter hat das unterschrieben, weil mein Vater war Nachtschicht, aber heute Abend bekomme ich voll Ärger, weil er hat mich heute morgen schon so böse angeguckt und nicht mit mir geredet.«
    Während die Schüler dann friedlich vor sich hinarbeiten, höre ich immer wieder: » Abó ja, ich gehe jetzt immer Unterricht.« – »Ich auch, ich schwänze nie mehr.« – »Ich will auch mehr machen für die Schule.« Herrlich, hoffentlich hält das noch eine halbe Woche an.
    Nach meinem Unterricht will ich die unterschriebenen Tadel in das Fach von Herrn Werner legen, plötzlich regt sich der Kriminalist in mir. Was, wenn die Girls das alles nur erfunden haben? Was, wenn die sich ausgedacht haben, dass sie mir einfach erzählen, wie viel Ärger sie bekommen haben, und eigentlich haben sie die Tadel gar nicht vorgezeigt, sondern selbst unterschrieben? Sofort rufe ich bei Samira an: »Hier ist Frau Freitag, die Klassenlehrerin von Samira, könnte ich mit Samiras Vater sprechen. Ja, wegen des Tadels.«
    »Ja, hat sie gezeigt. Wir haben darüber gesprochen und sie hat schon Arschvoll bekommen. Aber wissen Sie, wir waren ja auch Kinder …«, sagt er.
    »Ja«, antworte ich, »ich weiß, na, hoffen wir mal das Beste für die Zukunft.«
    Nicht alle sind Hirntote
    Ich befürchte, dass meine Schüler wie die absoluten Hohlbirnen wirken. Das sind sie aber nicht. Wirklich nicht! Ich halte sehr viel von meiner Schülerschaft, bewundere sie dafür, was sie täglich leisten und wie gut sie sich zum größten Teil in unserem antiken Schulsystem entwickeln. Nie würde ich auch nur einen oder eine aus meiner Klasse gegen einen ehrgeizigen wohlerzogenen Gymnasiasten eintauschen wollen. Denn meine Schüler können mich jeden Tag aufs Neue überraschen. Im Positiven und leider auch im Negativen. Langweilig ist es zum Glück nie. Das kann wahrscheinlich nicht jeder von seinem Arbeitsalltag sagen. Und anstrengend sind wahrscheinlich die meisten Jobs. Aber für die Schüler ist die Schule ja auch anstrengend. Ich würde nicht mal eine Woche als Schüler aushalten. Die haben so unheimlich viele Stunden und müssen sich alle fünfundvierzig Minuten auf einen neuen Irren einstellen. Der eine will dies, der andere regt sich über das auf. Neulich habe ich mit meiner Klasse über Schüler gesprochen, die nur über das Internet unterrichtet werden. Ich fand es super und dachte, sie wären begeistert von der Vorstellung, jeden Tag zu Hause zu bleiben. Sie fanden es furchtbar und stellten fest, dass es viel zu langweilig wäre und sie eigentlich gerne zur Schule gehen. Dort treffen sie ja auch ihre Freunde, und es ist immer was los.
    Man darf auch nicht vergessen, dass die Schüler sich in der Hochphase der Pubertät befinden. Die normalisieren

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