Chill mal, Frau Freitag
die so gemein waren« – habe ich das eben echt gesagt? Leicht untertrieben, aber egal, Hauptsache, sie lesen. Und dann auch noch Anne Frank und zwar freiwillig – wer hätte das gedacht?
Warum gehst du nicht an eine andere Schule?
Neulich war ich noch voll spät abends draußen. Bei einem Konzert – also nicht Motörhead und dann bis morgens saufen und direkt in die Schule. Mehr so was Ruhiges. So lehrerfeelgoodmäßig. Und ich bin auch schon um halb elf gegangen und dann schnell ins Bett und Licht aus. Aber auf dem Konzert habe ich mit einem jungen Mann gesprochen, der gerade sein Abitur nachmacht. Auf dem zweiten Bildungsweg. Der ist übrigens nicht um halb elf gegangen und hatte am nächsten Morgen auch Schule. Jedenfalls haben wir so gequatscht, und ich musste wieder die übliche Leier abspulen: »Ich bin Lehrer, ja, macht Spaß, ja, ist anstrengend, ja, ich mach das gerne …« Und da sagt er, dass er auch überlegt, später auf Lehramt zu studieren. Und wir quatschen und quatschen und ich berichte ein wenig aus meinem Berufsalltag. Achte darauf, diesmal nur Positives zu berichten. Wir müssen ja schließlich dafür sorgen, dass es an unseren Schulen bald Nachwuchs im Kollegium gibt. Ich versuche also, meinen krassen Alltag möglichst gut darzustellen. Da er sich noch nicht so gut auskennt, erkläre ich den Unterschied zwischen der Arbeit an meiner Art von Schule und der Arbeit am Gymnasium – so wie ich mir das vorstelle. Ehrlich gesagt, habe ich außer ein paar Erzählungen gar keine Ahnung von Gymnasien. Er fragt mich nach der Belastung und wie denn meine Woche so aussieht, wann ich nach Hause komme und wie ich mich dann so fühle und vor allem, ob ich nach der Schule noch viel vorbereiten müsste. Ich sage dann immer, dass ich eigentlich zu Hause nicht so super viel machen muss, da unsere Schüler alles nur sehr langsam checken und man sich eher in Spiralen bewegt: was vorbereiten, durchführen, Schüler checken nichts, am nächsten Tag noch mal Übungen dazu, dann wieder einen Zentimeter vor, dann wieder einen Meter zurück und so weiter. Fazit: Die Vor- und Nachbereitung hält sich in Grenzen, dafür ist der Unterricht selbst oft hyper anstrengend. Manchmal komme ich nach Hause und denke: Bitte gebt mir den Gnadenschuss – ich sterbe sowieso gleich. Dann bin ich so fertig, dass ich ohnehin nichts mehr vorbereiten könnte. Ich sitze eigentlich immer nur am Sonntag am Schreibtisch und arbeite. Dafür ist der Unterricht an den Gymnasien wahrscheinlich in der Durchführung leichter, aber die korrigieren ewig und müssen sich wahrscheinlich auch intensiver vorbereiten.
»Da musst du eben wissen, was du willst. Ob du an einem Gymnasium oder woanders arbeiten willst«, sage ich dem jungen Mann. Ich erzähle, dass ich auch in der 11. Klasse unterrichte: »Das ist voll easy. Die machen alles, was du willst, und sind immer leise. Irgendwie ist es aber auch langweilig.«
»Langweilig?«
»Ja, die brauchen einen gar nicht.«
Er wundert sich: »Aber wenn der andere Unterricht so anstrengend ist, warum gehst du denn nicht an ein Gymnasium?«
Ich überlege. Ja, warum tue ich mir das eigentlich alles an? Warum gehe ich nicht an ein Gymnasium? Und dann fällt mir plötzlich die Antwort ein: »Weil ich keine Schüler unterrichten kann, die was lernen wollen.« Komisch, oder?
Sachen die ich immer wieder sage
Guten Morgen.
So, Leute. Lasst mal anfangen, ist schon fünf nach.
Sei mal leise.
Merkst du’s nicht, du redest immer noch.
Pack das Handy weg.
Nicht hier im Raum essen. Der Tisch wird fettig.
Kaugummi raus, Mütze ab, Jacke ausziehen.
Fast richtig. Versuch’s noch mal.
Guten Morgen. Das hat Christine gerade gesagt.
Nützt es was, wenn ich mich mit deinem Vater darüber unterhalte?
Nur in den Pausen aufs Klo.
Pack das weg. (DAS ist meistens Schminkzeug)
Noch nicht einpacken.
Hat noch nicht geklingelt.
Fang doch jetzt mal an, die anderen sind schon fast fertig.
Stühle hochstellen.
Heb das bitte auf. – Von mir ist das auch nicht.
Lass ihn/sie in Ruhe.
Sprich nicht in dem Ton mit mir.
Schrei nicht so, ich stehe doch direkt neben dir.
Bei guter Laune oder Schulinspektion hänge ich an die Sätze auch ein BITTE.
Ich sage aber auch oft:
Super, hast du das alleine gemacht?
Toll, schon fast richtig.
Neuer Haarschnitt? Steht dir gut.
Schöner Pulli.
Danke, dass du das aufhebst.
Danke, mir geht es auch gut.
Danke, aber das zieht mir die Füllungen aus den Zähnen.
Lehrer sollten sich nicht auf Facebook mit
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