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Chill mal, Frau Freitag

Titel: Chill mal, Frau Freitag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frau Freitag
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beiden gut. Im Geiste sehe ich Abdul, wie ihm diese Hiobsbotschaft übermittelt wird. Draußen Dauerregen und kein Internet.
    Wir sind alle zufrieden, und beim Verabschieden erinnere ich sie noch mal an die nicht erhobenen Eintrittsgelder. Und ich bekomme wieder diesen herrlich fiesen Enge-Augen-der-kann-was-erleben-Blick von der Tante. Als sie weg sind, fällt mir das schöne Penisbild von Abdul ein. Das hätte ihnen bestimmt gut gefallen.
    Müssen denn alle ein Kopftuch tragen?
    Letzte Woche hat mich in der zweiten Stunde der Schlag getroffen. Meine Klasse trödelt in den Raum, und plötzlich sehe ich Funda und traue meinen Augen nicht. Funda ist groß und hübsch. Eine Erscheinung. Mit Stolz und Selbstbewusstsein repräsentiert sie einen wichtigen Teil der Powermädchengang meiner Klasse. Das Schönste an ihr sind ihre Haare. Für diese dunkle Lockenpracht würde ich mit meinen immer dünner werdenden Spaghettihaaren glatt töten. Aber als Funda reinkommt, trägt sie ein rosa KOPFTUCH. Ich bin ja einiges an Verwandlungen gewöhnt, aber in diesem Moment bin ich geschockt wie selten. Ich möchte auf sie zu springen, an dem blöden Tuch reißen und schreien: »Was soll der Scheiß?« Sofort ist sie umringt von den drei anderen Kopftüchlerinnen. An dem Tuch wird anerkennend rumgezupft, und Funda genießt die Aufmerksamkeit. Die Jungen beobachten das Geschehen aus sicherem Abstand. Was sie von der Sache halten, erschließt sich mir nicht. Vielleicht denken sie: »Mama!«
    Meine gute Laune ist weg. Schlecht gelaunt frage ich Funda nach der Tanz-AG, die sie seit einigen Monaten leitet. Sie sagt, dass sie nicht mehr tanzen würde. Ich frage entsetzt, warum. Sie sagt: »Wegen Kopftuch.«
    Ich unterrichte eine dröge Stunde und eile in der Pause sofort ins Lehrerzimmer. Die Kollegen verstehen meine Aufregung nicht, denn ich meckere nur rum: Islamisierung, unglaublich, was soll das? Eine Scheiße ist das. Frustriert falle ich irgendwann in einen Stuhl, esse mein Brot, starre an die Wand und denke: Ich habe ja gar nichts gegen meine Kopftuchmädchen. Ich liebe sie, aber das geht jetzt zu weit. In der 9. Klasse das »Kopftuch nehmen«, was soll das? Nicht mehr tanzen – dabei war das ihr Leben. Was kommt jetzt? Heiraten, Kinder kriegen? Ich will nicht mehr. Vielleicht bekommt die Familie Geld dafür, dass sie ein Kopftuch trägt, das habe ich irgendwo mal gehört. Wie viel wird das sein?
    Nach der Schule sehe ich Funda am Tor. Ich gehe auf sie zu, um noch mal mit ihr zu reden. Die Eltern schienen immer so liberal – ob die sie dazu gezwungen haben? Funda: »Meine Mutter holt mich heute ab.« Ich frage: »Sag mal, Funda, was soll das eigentlich, mit dem Kopftuch?«
    »Ich hab so was an der Kopfhaut.«
    Ich verstehe nicht.
    »Also, keine Angst, Frau Freitag, ist nicht Krebs. Aber sie mussten das lasern und die haben alle Haare abgeschnitten. Und jetzt trage ich das Kopftuch, bis die wieder nachgewachsen sind.«
    Und plötzlich sehe ich die abrasierten Haare am Rand. Jetzt kommt auch Fundas Mutter. Ich begrüße sie und merke, wie mir ein riesiger Stein von meiner schlechten Laune fällt.
    »Mensch, Frau Öyioglu, ich war echt überrascht, als ich Funda heute sah.«
    »Ja, es gab sehr viele Tränen gestern wegen der Haare.«
    »Und ich dachte schon, na, Sie wissen schon …«
    Fundas Mutter zeigt auf das Kopftuch und lacht: »Frau Freitag, das ist nicht unser Plan. Unser Plan ist das Abitur.«
    Funda steht da und grinst. Ich könnte sie umarmen. »Mensch, Funda, da hast du aber Glück, dass du Moslem bist. Was würde ich denn machen, wenn sie mir meine Haare abrasieren? Funda, wie kurz ist das denn? Kann ich mal sehen?« Funda grinst verlegen und flüstert ihr typisches »Mann, Frau Freitag …«
    Eine Klasse ohne graue Masse
    Wenn ich die Schüler meiner Klasse, Funda, Samira, Abdul und die ganzen anderen, nicht so gerne hätte, wäre mein Beruf unerträglich. Nach einem längeren Gespräch mit Fräulein Krise bin ich wieder mal froh, dass ich meine und nicht ihre Klasse habe. Ihren Erzählungen zufolge hat sie ein Konglomerat aus Schrott zu unterrichten, das man getrost und unrecycelt entsorgen könnte. Klingt hart, aber wie die mit meinem hochgeschätzten Fräulein Krise umspringen, geht gar nicht. Die wissen dieses pädagogische Juwel einfach nicht zu schätzen.
    Meine Klasse nervt aber auch total. Ununterbrochen labern sie, schreien, kommen zu spät, rebellieren gegen die Kollegen. Was bin ich eigentlich für ein Freak,

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