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Chimaeren

Chimaeren

Titel: Chimaeren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
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beschissenes Leben!
    Er bewegte sich ein paar Schritte von seinem Wärterhäuschen weg. Eingang Süd. Gleich hinter der Kasse.
    Das Licht, das drinnen brannte, fiel ein paar Yards weit in die sternflimmernde Nacht. Die Zigarette steckte wieder zwischen den Lippen, so daß Leywin die Hände frei hatte und die Stablampe von seinem Gürtel lösen konnte. Sie gehörte zu seiner Ausrüstung. Jeder der vier Nachtwächter war in gleicher Weise ausgerüstet: Handy, Lampe, Universalschlüssel zu den Stallungen, ein kleines Buch, in dem die wichtigsten Telefonnummern und Maßregeln für Notfälle zu lesen standen - und neuerdings auch eine Knarre.
    Seit Tiere abhanden kamen. Erstmals am vergangenen Sonntag. Montag früh hatte man den verwaisten Löwenkäfig entdeckt, aus dem drei Raubtiere, darunter eine Löwin, die erst kürzlich Junge geworfen hatte, spurlos verschwunden waren. Ein sofortiger Großalarm hatte nichts ergeben. Der Zoo war an diesem Tag geschlossen geblieben und hatte erhebliche finanzielle Einbußen hinnehmen müssen. Zumal auch eine ausgedehnte Suche, an der sich die Polizei beteiligte, zu keinem Ergebnis geführt hatte.
    Die drei Löwen waren auch heute, drei Tage später, unauffindbar. Nach menschlichem Ermessen konnten sie sich nicht mehr auf dem Gelände aufhalten. Alle in Frage kommenden Bereiche waren abgesucht worden, und so waren Gerüchte aufgekommen, Angestellte des Tierparks würden dahinterstecken. Sie hätten die Tiere heimlich aus dem Zoo verschleppt, um sie lukrativ auf dem Schwarzmarkt zu verhökern. Seltsam war nur, daß sie die Jungen der Löwenmutter zurückgelassen hatten, die sicher einen Haufen Geld eingebracht hätten.
    Das Ganze war absolut irrwitzig. Aber es gab immer wieder spleenige Superreiche, die weder Geld noch Mühen scheuten, illegal an solche »Schoßtierchen« zu gelangen. Offiziell war der Handel mit Großkatzen für private Interessenten verboten.
    Montags war es zu einem zweiten ungeklärten Fall von »Tierschwund« gekommen. Drei Großwarane aus dem Terrarienkomplex waren als abgängig gemeldet worden. Auch von ihnen fehlte jede Spur, dafür hatte der Park einen weiteren Tag lang von Polizeibeamten und Beauftragten der Stadt gewimmelt.
    Ergebnislos.
    Sam Leywin war heilfroh, daß beide Vorkommnisse weitab seines Arbeitsbereiches stattgefunden hatten und man ihm deshalb auch keine Schuld in die Schuhe schieben konnte. Er verrichtete diesen Job erst seit knapp acht Wochen. Davor war er lange arbeitslos und in Behandlung gewesen, denn etwas »Richtiges«, etwas, wonach stete Nachfrage herrschte, hatte er nicht gelernt. Mit harter Knochenarbeit hatte er sich und seine Familie über Wasser gehalten - oder mit der geringen Stütze, die der Staat ausspuckte.
    Auch Leywin spuckte aus. Familie, dachte er angewidert. Staat!
    Für seine Frau empfand er nicht mehr das Geringste (sie hatte ihn in seiner schlimmsten Zeit im Stich gelassen), und sein Sohn, den er liebte, im tiefsten Grund seines Herzens abgöttisch liebte, haßte und verachtete ihn. Nur weil er ein paarmal besoffen ausgeflippt und seiner Frau, dieser Schlampe, aufs Maul gehauen hatte. Hölle, sie hatte es verdient gehabt! Sie hatte es jedesmal verdient gehabt ...!
    Leywin zog die Luft ein und rauchte die Zigarette bis in den Filter hinein auf. Ein rußiger Geschmack breitete sich in seiner Mundhöhle aus. Er schleuderte die Kippe in die Nacht hinein.
    Als er den Bereich verließ, der vom Wächterhäuschen erhellt wurde, knipste er die Lampe an. Dunkel und an die Zufallsmuster erinnernd, die eine geronnene Flüssigkeit hinterläßt, lag der Tierpark vor ihm in der Nacht.
    Ganz still wurde es in der Anlage nie, aber Leywin hatte das Gefühl, daß die Unruhe heute größer als sonst war. In der Nähe heulten ein paar Wölfe. Weiter weg patschte das Wasser des Krokodilbeckens. Und auch aus der Voliere der Papageien drangen immer wieder heisere Schreie.
    Leywin lenkte den Strahl seiner Lampe mal hierhin, mal dorthin, während er den breiten Besucherpfad entlangmarschierte. Er überlegte, ob er Kilroy vom nächstgelegenen Wachpunkt anrufen und ihn fragen sollte, ob bei ihm ähnliche Unruhe herrschte. Doch dann ließ er den Gedanken wieder fallen. Kilroy war halb so alt wie er und ein arrogantes Arschloch, das ständig anzügliche Bemerkungen über Leywins Aussehen machte.
    »Komm du mal in mein Semester«, grunzte er leise. »Wer weiß, ob du dann überhaupt noch Haare und Zähne hast .«
    Das gebündelte Licht hielt kurz am

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