Chimären
des Busses zu erreichen, deren Zugang allerdings mit Kartons zugestellt war.
Mit noch sanftem Biss hielten ihre Nachbarn sie zurück.
Einer der Dobermänner turnte über die Packen, im Maul hielt er etwas Textiles. Er kam direkt auf die Frau zu. Die neben ihr Befindlichen und er stülpten ihr einen Sack über den Kopf, wogegen sie sich anfangs zur Wehr setzte, die sie jedoch nach einigen heftigen Rüttlern aufgab.
Der Bus setzte sich ruckend, nach einmaligem Abwürgen, in Bewegung.
Susan Remp nahm sich vor, wie sie es in Fernsehkrimis gesehen hatte, sich den Weg so gut wie möglich einzuprägen. Offenbar, wozu sonst der Sack, wollte man nicht, das sie das Reiseziel erkannte.
Durch die Gewebemaschen konnte sie schemenhaft das draußen Vorbeihuschende ausmachen. Der Bus fuhr durch die Stadt. Susan erwartete ungeduldig, jeden Augenblick müsste eine Polizeisirene zu vernehmen sein, das Fahrzeug gestoppt werden. Nichts dergleichen geschah. Längst müsste sich von den Institutskollegen einer befreit und Alarm geschlagen haben. Lehmann müsste informiert, eine Fahndung eingeleitet sein. „Und, mein Gott, ein Bus mit einem Affen am Steuer muss doch auffallen!“ An mindestens vier Ampeln, Susan hatte gezählt, hatten sie bereits gehalten.
Dann tönte linker Hand das typische Hupen eines Flussdampfers.
Susan Remp strengte sich an, die Fahrroute zu erfassen,: Ein hoher Hang drüben mit versetzten hellen Flecken: Häuser, Villen. Kein Zweifel, die Straße führte am Fluss entlang – nördlich oder südlich der Stadt? Sie erinnerte sich intensiv des Stadtplanes. Geht’s nach Norden, müsste der Fluss rechts sein… Also nach Süden…
Der wortführende Dobermann, der mit den beiden anderen in ihr Büro eingedrungen war, sie mit entführt und ihr den Sack übergestülpt hatte, lag auf den vor ihr aufgestapelten Kartons. Sie berührte mehrmals beim Schaukeln des Busses den warmen Körper mit dem Handrücken, und ein typischer Hundegeruch stieg von ihm auf.
Susan Remp änderte ihre Taktik. Ohnehin ließ sich das Geschick augenblicklich nicht ändern, es hieß abwarten, eine günstige Gelegenheit erkennen, sie nutzen. Das ging nicht mit einem Sack über dem Kopf in einem fahrenden Bus mit dreißig oder mehr, offenbar zu allem entschlossenen bissigen Ausbrechern. „He“, sagte sie und stieß den Vor-ihr Liegenden mit der Hand leicht in die Seite. „Warum dieser Schwachsinn mit der Tollwut-Impferei?“
Der Angestoßene knurrte, aber es klang nicht bösartig. „Es ist kein Schwachsinn“, widersprach er undeutlich, so dass sich Susan arg konzentrieren musste, um ihn im Fahrgeräusch verstehen zu können. „Das Signal für alle von uns, dass es los geht. Sie werden kommen!“
„Wohin?“
„Dorthin, wo wir hinfahren.“
„Und wo ist das?“
„Ha!“
„Ist doch albern, dieses Getue. Oder glaubst du, sie lässt sich verheimlichen, eure Machenschaft? Es sollte mich wundern, wenn nicht bereits eine Polizeihundertschaft hinter euch her ist.“
„Lux weiß, was er will und was richtig ist.“
„Ah Lux, euer Anführer. Na, hoffentlich weiß er es, euer Lux. Das Ganze kommt mir ziemlich infantil vor.“
Er sprach zunächst nicht weiter. Dann fragte er: „Infantil, was ist das?“
‚Aha’, dachte Susan, ‚nicht einer der Aufgewecktesten…’ „Kindisch, infantil bedeutet kindisch, unreif“, antwortete sie betont.
„Wir wollen von euch nicht missbraucht sein.“ Es klang eher traurig als trotzig.
Draußen gewahrte Susan schemenhaft ein Schiff, das in Richtung der Stadt fuhr.
L uise Stadler beugte sich vor, drückte dabei ihre großen Brüste auf die Tischplatte, um dem kleinen Mann vor ihr am Schalter die Münzen aus dem Portmonee zu zählen, die er selber wohl nur schlecht erkennen konnte.
„Diese und diese“, erklärte der Mann und zeigte auf die ausgewählten Ansichtskarten.
„Ist schon Recht“, sagte die Kassiererin, strich das Geld sortiert in ihr Schubfach und reichte dem Mann die Ware.
Es herrschte an diesem Spätnachmittag, wohl dem warmen und Gartenwetter geschuldet, eine halbe Stunde vor der Schließung des Objekts kein Betrieb mehr.
Auf den fast leeren Platz vor dem Eingang fuhr ein Bus, der ungeschickt in die Markierung eingeparkt wurde.
„Hat eben jeder mal angefangen“, dachte Luise Stadler und rief über das Handfunkgerät den Fremdenführer: „Erwin, doch noch eine
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