Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Chindi

Chindi

Titel: Chindi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack McDevitt
Vom Netzwerk:
erwecken. Oder dass sie das auch nur gewollt hätte. Aber seit Preach fort war, fühlte sie das zunehmende Bedürfnis, wenigstens einen intimen Abend mit irgendjemandem zu verbringen. Sie brauchte jemanden, mit dem sie reden konnte, jemanden, der sie mit sehnsuchtsvollem Blick betrachtete, jemanden, mit dem sie sich zurückziehen und sich einreden konnte, die zurückliegende Woche hätte es nie gegeben.
    Ihr waren nur ein paar Stunden mit Preacher Brawley vergönnt gewesen, und doch traf sein Verlust sie schwer. Immer wieder ertappte sie sich in den unmöglichsten Augenblicken dabei, wie ihre Gedanken plötzlich um ihn kreisten, während eines Gesprächs mit Bill, während eines Zusammentreffens wie jenem, das gerade erst geendet hatte, während des Trainings im Fitnessraum. Sie erinnerte sich, wie er an jenem regnerischen Abend in Arlington ausgesehen hatte.
    Gregory MacAllister hatte irgendwo geschrieben, das Leben bestünde nur aus einer Serie verpasster Gelegenheiten. Sie erinnerte sich an das Overlook, an Beth, die Sängerin, an den Gute-Nacht-Kuss und daran, wie sein Taxi in die Richtung verschwunden war, aus der sie gekommen waren.
    Zu Beth?
    Sie schüttelte den Gedanken ab und hörte erleichtert, dass jemand die Brücke betrat. Plötzlich fiel ihr die gedämpfte Beleuchtung auf, und sie schaltete das Licht auf volle Stärke, ehe sie sich umsah und Nick erblickte.
    »Entschuldigung«, sagte er. »Störe ich Sie?« Er hatte eine Flasche und zwei Gläser bei sich.
    »Nein«, entgegnete sie. »Kommen Sie nur rein.«
    »Ich dachte, Sie könnten einen Drink vertragen.«
    Sie bot ihm einen Platz an. »Ich fürchte, ich hatte schon zu viele.«
    Dennoch schenkte er ein Glas Rotwein ein und reichte es ihr. Mit einem höflichen Lächeln nahm sie es entgegen, stellte es aber auf der Konsole ab.
    »Alles in Ordnung?«, fragte er.
    »Sicher. Warum fragen Sie?«
    »Es ist still hier oben.« Er nippte an seinem Wein. »Das Licht ist gedämpft, und ich hatte den Eindruck, dass Sie in letzter Zeit nicht ganz Sie selbst waren. Aber das kann ich gut verstehen.«
    »Mir geht es gut.«
    Er nickte. »Vielleicht sollten wir nach Hause zurückkehren.«
    »Ist das der Konsens?«
    »Wir haben darüber gesprochen. George würde ewig hier bleiben, wenn er könnte. Er hat genug Puzzles zum Spielen. Und er will auf die Oberfläche.«
    »Das kann er nicht.«
    »Ich weiß, und er auch. Das macht ihn wahnsinnig. Er glaubt, dass die Akademiemission, die in ein paar Monaten eintreffen wird, ihm Safe Harbor wegnehmen wird. Dass jemand anderes das Spiel an seiner Stelle übernehmen wird.«
    Der Wein sah kühl und verlockend aus. »Man kann nicht alles haben«, sagte sie. »Er hatte Glück. Sie alle hatten Glück. Sie sind hierher gekommen und gleich auf Gold gestoßen. Auf einen Ort, an dem es tatsächlich eine fortschrittliche Zivilisation gegeben hat. An dem es Ruinen gibt. So etwas passiert höchstens alle zwanzig Jahre einmal.« Sie hob ihr Glas und kostete den Wein. Sanft glitt er durch ihre Kehle und wärmte sie. »Nein, das kann ihm niemand nehmen. Die Geschichte wird sich an Sie und George und an die Condor erinnern. Die nachfolgende Mission…« Sie zuckte mit den Schultern, »…sie werden herkommen und ihre Arbeit machen, aber die Entdeckung dieses Ortes wird immer das Verdienst der Gesellschaft Kontaktsuchender bleiben.«
    Nick schwieg für einen Moment. Hutch mochte ihn. Er gehörte zu den wenigen Menschen, in deren Gegenwart sie sich wirklich wohl fühlte. »Erzählen Sie mir«, sagte sie dann plötzlich, »wieso sich ein Bestattungsunternehmer für Außerirdische interessiert.«
    Seine Miene hellte sich sichtlich auf. »Aus dem gleichen Grund, aus dem sich auch die anderen dafür interessieren. Als ich ein Junge war, hatte ich etwas zu viel Fantasie. Muss wohl am Wasser gelegen haben.« Er betrachtete seinen Wein, nippte daran und beschloss, dass er gut war. »Daran hat sich nicht viel geändert, aber als ich älter wurde, änderte sich meine Perspektive.«
    »In welcher Hinsicht?«
    »Ich denke ganz ähnlich wie George. Es gibt ein paar Fragen, auf die ich gern Antworten hätte.«
    »Beispielsweise?«
    »Gibt es einen Schöpfer?«
    »Und Sie denken, hier draußen werden Sie eine Antwort finden?«
    »Nein.«
    »Dann verstehe ich das nicht.«
    »Gibt es einen Grund für unsere Existenz? Hat das alles einen Sinn?« Seine grauen Augen sahen sie direkt an.
    Bills Lampe blinkte auf. Er hatte etwas für sie. Aber es war kein Notfall.

Weitere Kostenlose Bücher