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Chocolat

Chocolat

Titel: Chocolat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanne Harris
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Enkelinnen feiert wohl Hochzeit, was?« fragte er vergnügt. Armande lachte.
    »Gut möglich«, erwiderte sie. »Gut möglich.«
    Den ganzen Freitag über war sie bester Laune, wollte alles überwachen, war dabei jedoch meistens im Weg. Wie ein ungezogenes Kind steckte sie die Finger in jede Soße, hob jeden Deckel hoch, bis ich schließlich Guillaume anflehte, sie für ein paar Stunden zum Friseur in Agen zu entführen, damit ich in Ruhe arbeiten konnte. Als sie zurückkehrte, war sie wie verwandelt: das Haar modisch kurz geschnitten, einen verwegenen neuen Hut auf dem Kopf, neue Handschuhe, neue Schuhe. Schuhe, Handschuhe und Hut waren allesamt kirschrot, Armandes Lieblingsfarbe.
    »Ich werde immer mutiger«, erklärte sie mir voller Genugtuung, als sie sich in ihren Schaukelstuhl setzte, um das Geschehen zu verfolgen. »Bis zum Wochenende bin ich vielleicht soweit, daß ich mich traue, mir ein rotes Kleid zu kaufen. Stellen Sie sich bloß vor, wie ich damit in die Kirche gehe!«
    »Ruhen Sie sich ein bißchen aus«, sagte ich streng. »Sie müssen heute abend eine Party überstehen. Ich möchte nicht, daß Sie mitten beim Dessert einschlafen.«
    »Keine Sorge«, erwiderte sie, willigte jedoch ein, in der späten Nachmittagssonne ein Nickerchen zu machen, während ich den Tisch deckte und die anderen nach Hause gingen, um sich auszuruhen und für den Abend umzuziehen. Der Eßtisch ist groß, eigentlich zu groß für Armandes kleines Zimmer, und wenn ich es geschickt anstelle, müßten wir alle Platz daran finden. Wir mußten zu viert anfassen, um das schwere Möbel aus massivem Eichenholz hinauszutragen und unter das Dach aus Blumen und Blättern zu stellen, das Narcisse errichtet hat. Die Tischdecke ist aus Damast mit einer Bordüre aus feiner Spitze und duftet nach dem Lavendel, auf den Armande sie nach ihrer Hochzeit gelegt hat – ein Geschenk ihrer Großmutter, das sie noch nie benutzt hat. Die Teller aus Limoges sind weiß mit kleinen, gelben Blüten auf dem Rand; die Gläser – drei verschiedene Sorten – sind aus Kristall, kleine Nester voller Sonnenlicht, die bunte Regenbogensprenkel auf das weißeTischtuch werfen. In die Mitte des Tischs kommt eine Vase mit Frühlingsblumen von Narcisse, neben jeden Teller eine säuberlich gefaltete Serviette. Auf den Servietten Tischkarten mit den Namen der Gäste:
    Armande Voizin, Vianne Rocher, Anouk Rocher, Caroline Clairmont, Georges Clairmont, Luc Clairmont, Guillaume Duplessis, Joséphine Bonnet, Julien Narcisse, Michel Roux, Blanche Dumand, Cerisette Plançon .
    Im ersten Augenblick konnte ich mit den letzten beiden Namen nichts anfangen, doch dann erinnerte ich mich an Blanche und Zézette, die immer noch flußabwärts mit ihrem Boot warteten. Mir fiel auf, daß ich bisher Roux’ Namen gar nicht gekannt hatte, daß ich davon ausgegangen war, es sei ein Spitzname, vielleicht wegen seiner roten Haare.
    Die Gäste kamen gegen acht. Um sieben war ich kurz nach Hause gelaufen, um zu duschen und mich umzuziehen, und als ich zurückkam, war das Boot bereits vor dem Haus festgemacht, und Blanche, Zézette und Roux stiegen gerade aus. Blanche in einem roten Dirndl und einer Schürze aus Spitze, Zézette in einem alten schwarzen Abendkleid, die Arme mit Henna bemalt und einen Rubin in der Augenbraue, Roux in sauberen Jeans und einem weißen T-Shirt. Jeder von ihnen hatte ein Geschenk dabei, bunt verpackt in Geschenkpapier oder Tapeten- und Stoffresten. Dann kam Narcisse in seinem Sonntagsanzug, dann Guillaume mit einer gelben Blume im Knopfloch, dann die Clairmonts, sehr bemüht, gut gelaunt zu wirken. Caro beäugte die fahrenden Leute mit mißtrauischen Blicken, schien jedoch entschlossen, sich zu amüsieren, da nun mal ein solches Opfer von ihr verlangt wurde … Bei Apéritifs, gesalzenen Pinienkernen und kleinen Plätzchen sahen wir Armande beim Auspacken ihrer Geschenke zu: von Anouk ein roter Umschlag mit einem selbstgemalten Bild von einer Katze darin, von Blanche ein Glas Honig, von Zézette mit dem Buchstaben »B« bestickte Säckchen mit Lavendel – »Ich bin nicht mehr dazu gekommen, neue Säckchen mit Ihren Initialen zu besticken«,erklärte sie heiter, »aber bis zum nächsten Jahr schaffe ich es« –, von Roux ein geschnitztes Eichenblatt, so zart, als sei es echt, mit ein paar am Stiel befestigten Eicheln, von Narcisse ein Korb mit Früchten und Blumen. Auch die Clairmonts haben Geschenke mitgebracht; ein Halstuch – nicht von Hèrmes, fiel mir

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