Cholerabrunnen
vielleicht eine Duscherei! Kalt… einfach nur kalt. Und was macht die Stadt? Die bauen an den Abwasserleitungen, anstatt endlich den Strom wieder zuzuschalten.“
Behringer stellt sich gerade vor, wie die Helfer in den Fluten hin und her zittern, wenn man den Strom jetzt zuschaltet. Nein, nein, ist schon besser so. Er kommt ganz gut ohne den Kram aus, den die neue Medienwelt mit sich bringt. Nur an die Akten kommt er nicht ran. Die werden auch nicht mehr zu nutzen sein. Wasser… der ganze Keller steht voll. Zwar klar und nicht dreckig, soweit man das sehen kann. Aber es reicht auf jeden Fall für den Verlust von allem, was in Papierform allein gespeichert wurde. Die Server stehen ganz oben im Haus. Da ist es zwar warm, gar heiß und stickig im Sommer, doch es kommt wenigstens kein Wasser hin. Er versucht, die alten Fälle und auch den aktuellen Auftrag anhand seiner vielen Notizen wieder zu rekonstruieren. Fotos fehlen ihm. Egal. Erst einmal sollte er sich mit den beiden unterhalten. Seine batteriebetriebene Truckerkaffeemaschine dampft und sie trinken bald den braunen Muntermacher.
„Abwasser… wo denn?“
Gleich berichten die beiden recht diensteifrig und greifen nach den nächsten Keksen. Er kann es verschmerzen, lacht dabei und nimmt sich auch einen. Dann stutzt er.
„Neumarkt… nein, da sind keine Kanäle. Das hatten wir schon festgestellt und im Rahmen des Neubaus sollen dann von der Stadt welche nachgezogen werden. Na, das verstehe mal einer! Die werden auf keinen Fall gerade jetzt dort etwas bauen, oder? Kann ich mir jedenfalls nicht vorstellen.“
Er überlegt.
„Die hatten Genehmigungen?“
Um die Innenstadt zu durchwandern, braucht man zurzeit eine. Um etwas dort zu tun, auch. Es sei denn, man ist Helfer. Aber das waren die nicht. Nicht einmal im weitesten Sinne. Und die Beamten sahen alle notwendigen Papiere vor sich, wurden also nicht hinters Licht geführt… nimmt er an.
„Ja, das war doch alles in Ordnung!“
Sicher, denkt er. Und wenn er genauer hinschaut, sitzt vielleicht wieder der Mauersberger dort…
Er ruft… klopft an die Nachbarwand. Nichts regt sich. Dann geht er hinüber. Oh Mann, der Dengler ist nicht da. Wo treibt der sich herum? Vielleicht auf einem der Dixiklos, die man der Behörde schnell in den Innenhof stellte, weil sogar die Toiletten nicht mehr richtig funktionierten. Ist eben alles… im Wasser. Er schluckt noch einmal. Gut. Sollte er…? Ob er sich anzieht und dahin aufmacht? Allein? Das bringt nichts. Er schielt nach seinem Handy. Manchmal, bekam er jetzt schon mit, funktionieren die Dinger doch. Immer dann, wenn man eine Überreichweite der Sendetürme aus Striesen bekommt. Er greift danach und ruft das Ordnungsamt an.
Kohlert, einer der Sachbearbeiter seines Teams, kommt eben herein.
„Hier, ich habe noch ein paar Notizen, die Sie mir letzte Woche zum Tippen gaben. Vielleicht können Sie damit was anfangen?“
Er bemerkt erst jetzt, dass Behringer telefoniert und die Beamten an seinem Tisch dazu recht betreten schauen.
„Was ist denn hier los?“
Sie berichten einen kleinen Teil. Sie kennen diesen Kohlert nicht, aber er soll hier zu tun haben und Vertrauen genießen. Sonst dürfte er sicher nicht die Notizen des Oberkommissars tippen.
Der Mann wird weiß. Noch ehe Behringer auflegte, saust er wieder aus dem Raum und… rennt die Treppe hinunter, nimmt den hinteren Ausgang und steht… im Schlamm. Verdammt, denkt er, weiß aber, dass sich dieser Ausflug in den Dreck sicher lohnt.
Er rennt. Schlamm spritzt um ihn auf.
„Was? Das kann doch nicht…“
Mauersberger flucht. Sein Alter lässt das noch schlimmer und gleichzeitig kurioser aussehen, als es ohnehin schon wäre. Er sitzt auf einem aufgeblasenen Luftsack direkt neben dem Loch, in dem die Taucher vor einer halben Stunde verschwanden. Die haben noch für etwa zwanzig Minuten Luft, wollten aber wegen der Sicherheit jetzt schon wieder auftauchen. Dann würde das Timing stimmen.
Schon blubbert es, wie auch die ganze Zeit bereits, aber die Blasen werden größer.
„Aha, sie kommen!“
Er grinst und klopft Kohlert auf die Schulter, reicht ihm ein paar Scheine und schickt ihn zurück zu seinen Dienstherren. Der ist zufrieden. Das ist weitaus mehr, als er für neue Schuhe, einen ordentlichen Anzug, ein gutes Abendessen und eine nicht zu billige Nutte braucht. Frauen akzeptiert er nur, wenn sie sich ihm unterwerfen. Darum mag er auch keine Polizistinnen. Und im Dienst… ist er eher der
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