Cholerabrunnen
ein Kreuz mit Kuli an die Stelle machen muss? Er mustert den Mann. Nichtssagend sieht der aus. War vielleicht irgendwann ein vielversprechender Familienspross und muss heute schlecht bezahlt bei solch einem Dienst arbeiten. Harte Arbeit, geringer Lohn… Es geht ihn nichts an.
„Von wem ist es denn?“
Erfahrungen. Letztens erst sollte er etwas entgegennehmen… für die Nachbarn. Stimmte gar nicht, stand dann seine Adresse drauf. Und wenn er unterschrieben hätte, sollte diese Annahme dem Vertragsabschluss für eine Versicherung gleich gestellt sein. Was heute alles möglich ist! Er unterschrieb nicht, weil er den Absender nicht kannte. Der Bote, ein anderer natürlich, war erbost. Immer noch meint Mauersberger, der Kerl verdiente ebenso am Austragen eben dieser Post… na ja, egal. Er unterschrieb nicht und warf den Kerl auf die Straße. Wunderte sich sicher, dass so ein alter Kerl noch soviel Kraft besitzt. Ja, nicht jeder gibt bei der Rentenstelle auch seine Courrage ab. Er grinst bei dem Gedanken und hört auf den Absender.
„Und was unterschreibe ich da?“
Der Absender sagt ihm nichts. Ist wohl aus Dresden, aber… na ja, egal. Wenn ihm jemand was schickt, will er wissen, was das soll.
„Nur den Empfang bestätigen Sie!“
Er schaut auf die Straße. Da steht der Kleintransporter des Fahrers. Eine ordentliche Lackierung, auch das Firmenlogo an der Jacke des Mannes ist darauf zu sehen. Das scheint zu stimmen. Meist macht sich ein Betrüger nicht die Arbeit, viel in sein Auftreten zu investieren. Erst recht nicht in eine Fahrzeuglackierung.
„Gut. Wo steht das?“
Der Mann reicht ihm das Brett mit der Bestätigung. Begleitpapiere nennt man die wohl. Er interessierte sich stets nur bedingt durch die eigene Arbeit dafür. Sein Sekretariat war dafür zuständig, Heute sitzt er mehr zuhause. Er will nicht mehr in allem herumrühren. Auch wenn man ihn mit offenen Armen empfängt, wenn er mit Rat und Rat ankommt. Wie letztens, als es um die Sonderflyeraktion für die Fluthilfe ging. Sponsoring… so konnte man den Druckereinamen auf den Druckwerken platzieren, also Werbung für sich selbst machen, und damit den Aktionisten einen günstigeren Preis einräumen. Die Sache ging durch die Presse und alle schienen zufrieden. So sollte es auch sein. Er schluckt und ist erst einmal zufrieden. Na ja, soweit für heute. Er grinst noch einmal. Dann greift er den Umschlag, unterschreibt und schließt die Tür. Wurde er hinters Licht geführt, rennt der Kerl nun sicher zu seinem Wagen und verschwindet mit quietschenden Reifen. Nein, der schlendert hinüber, sucht noch irgendeine andere Sendung, diesmal ein Paket, für ein Nachbarhaus heraus und geht dahin. Also… zumindest weiß der da nichts davon, falls es sich doch um eine Betrügerei handeln sollte. Er ist… immer sehr aufgebracht bei solchen Dingen.
Langsam schlurft er ins Wohnzimmer und legt den Umschlag vor sich auf den Tisch. Hmm… Es geht um etwas Rechtliches. Er erwartet keine Klageschrift und auch nichts Anderes von der Staatsanwaltschaft. Na, nein, sein Herz rast sicher nicht gleich schneller, aber irgendwie gefällt ihm solch eine offene Sache gar nicht. Er schaut noch einmal darauf, dann reißt er hinten den Verschluss auf.
„…weisen wir Sie darauf hin, dass Unterlagen, die den Standort eines Wertes, der nicht Ihnen gehört, den zuständigen Behörden auszuhändigen sind. Andernfalls sehen wir Sie als in die Lage versetzt, ehemalige und heute noch gerichtlich feststellbare Straftaten zu verschleiern. Dies wird in der Regel mit einer mehrjährigen Haftstrafe sowie einer nicht unbedeutenden Geldbuße geahndet. Um dem frühestmöglich zu entgehen, schlagen wir vor, die betreffenden Unterlagen schnellstmöglich an die Staatsanwaltschaft Dresden…“
Er schaut noch einige Stunden auf die Papiere.
Was soll das? Wer bildet sich hier eben ein, ihn ärgern zu können? Er versteht gar nichts und wird immer bleicher. Dann jedoch rappelt er sich hoch, trinkt einen Scotch, der sicher nicht gerade billig ist. Er macht sich um solchen Kleinkram keine Sorgen. Nur… solche Schreiben sind Gift für ihn. Er will so etwas nicht bekommen und erst recht nicht haben. Wer verpfiff ihn? Wer ist das Schwein, denkt er, das hinter solch einer Anzeige steckt.
Dann schaut er sich das Schreiben noch einmal genauer an.
Man bemüht sich, in einem rechtlich nicht mehr zu toppenden Ton alle Register zu ziehen. Untypisch für eine Behörde. Da hatte doch jemand ein ganz
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