Cholerabrunnen
ein Problem? Ja, ein Problem. Er sollte versuchen, ihn aus dem Wege zu räumen. So lange braucht das nicht und Manschetten hat er auch nicht. Schließlich konnte er entsprechend gute Erfahrungen sammeln.
Er grinst Mauersberger an.
„Ja, also, es wäre alles viel einfacher, wenn Sie sich mir gegenüber nicht immer nur verschließen würden. Aber gut… Sie wissen jetzt, wie ich spiele. Ich bin gespannt, was sie als nächsten Zug bringen!“
Er dreht sich um und verlässt die Nässe um den Brunnen.
„Renzel… verdammt noch einmal, Renzel, kommen Sie sofort her!“
Der Gerufene reißt die Tür seines Büros auf und rennt, dass ihm fast die Aktenmappe aus der Hand rutscht, über den Gang und zu seinem Chef, dem Sächsischen Staatsminister Hans-Jürgen Trost.
„Herr Minister… Verzeihung!“
Der steht mit hochrotem Kopf am Fenster und schaut auf die zurückweichenden Fluten. Der Theaterplatz ist frei, der Neumarkt soll auch schon nur noch mit Schlamm bedeckt sein. Und doch stocken die Arbeiten. Die Chinesen kommen in zwei Wochen. Zwar kann man ihnen sicher erklären, dass es hier eine Überschwemmung gab, aber die beginnen doch gleich zu lachen, ist nach der langen Zeit noch nichts wirklich gerichtet. Nun muss er sich auch noch mit den Kollegen über einen angeblich wirksamen Flutschutz unterhalten und hat überhaupt keine Lust dazu… Diesen Besuch vorzubereiten, lag ihm allein am Herzen. Die sollen ihn doch nicht alle nerven!
„Renzel, Sie gehen jetzt gleich und sofort ins Rathaus. Und dann auch noch zu diesen Bauleitern. Ich will, dass auf dem Neumarkt richtig was zu sehen ist. Die Chinesen sollen Augen machen… wie wir mit einer Ruine umgehen und somit die ganze Lahmarschigkeit der DDR ausradieren… los, los, gehen Sie zu diesem, diesem Bürgermeister und machen dem Beine. Der hat zu spuren, sonst sorge ich dafür, dass man ihn nicht noch einmal wählt, verdammt noch eines! So eine liberale Socke! Fehlt nur noch, dass er mit den Linken gemeinsame Sache macht. Na, das werde ich dem schon noch austreiben!“
In seinen nicht vorhandenen Bart murmelt er noch wütend, dass man sich bei nichts mehr sicher sein kann. Wie ein FDP-Mann nur in einem solchen Freistaat, der historisch der CDU zuzusprechen ist, an die Spitze der Stadt kommen darf… na ja, Koalitionspartner… ja, er gibt es ja zu. Doch trotzdem. Er will davon nichts mehr hören. Wenn der Kerl nicht spurt, wird er ihn aus dem Amt jagen. Und wenn er alle möglichen unterirdischen Aktivitäten starten muss. Der hat sicher Dreck am Stecken. Das hat jeder Politiker! Und selbst Gott könnte er sicher etwas nachweisen. Er flucht noch eine Weile. Nein, so kommt er hier sicher nicht weit. Trotzdem…
In der Zeit sammelt Renzel einige Unterlagen zusammen, die er soundso ins Rathaus zu bringen hatte. Er lernte früh, dass man einiges nicht zu schnell und anderes um so schneller zu erledigen hat. Er grinst bei dem Gedanken und schaut dann aus dem Fenster.
Schlamm. Er wird die Fahrbereitschaft in Anspruch nehmen. Die haben immer einen Wagen bereit. Hauptsache, die haben vor dem Rathaus schon alles gereinigt. Na, gleich wird er es sehen.
Dann schaut er nach oben, nickt dem Minister zu und steigt ein.
„Ja, Herr… wie spricht man sie eigentlich an, Herr Renzel?“
Der Bürgermeister, nein, der Oberbürgermeister hat keine Zeit. Man müsse sich in der Stadt sehen lassen und den Menschen Mut zusprechen. Renzel flucht vor sich hin. Er wird an einen Sekretär verwiesen, der für jede Antwort erst einen Beigeordneten hinzuziehen muss und keine Verbindung zum oberen Chef des Ratshauses bekommt. Zustände… wie in ganz finsteren Zeiten.
„Das ist egal. Der Name reicht vollkommen. Der Minister will, dass die Arbeiten fortgeführt werden. Das ist wichtig. Und Sie werden mir das zusichern, Herr Schnittge. Dazu sind Sie sicher in der Lage. Sie können es ja dann später Ihrem gestressten Chef beibringen und er darf mich gern auch noch dazu anrufen. Aber… ich brauche eine Zusage! Also?“
Der ehemalige Honorarkonsul… der wie selbstverständlich die Koordinierung der wichtigsten Hilfsmaßnahmen gleich hier im Rathaus übernahm, natürlich auch, weil er der Freund des Oberbürgermeisters ist und dazu dessen sicher treuester Parteigänger… offiziell… schluckt schon, als er dem Sprecher des Staatsministers ins Gesicht schaut und erkennt, dass da nicht viel zu machen sein wird.
China… aufstrebende Wirtschaftsmacht. Einige Unternehmen in der Stadt
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