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Christiane F. – Mein zweites Leben (German Edition)

Christiane F. – Mein zweites Leben (German Edition)

Titel: Christiane F. – Mein zweites Leben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane V. Felscherinow , Sonja Vukovic
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Denkt er, ich sitze hier rum, betäubt, und warte auf ihn? Mir war klar, dass es da eine andere Frau geben musste, und ich ahnte, dass er in diesen Tagen mit Marijanna zusammen war.
    Schließlich nahm ich einen Zettel, schrieb „OXI – Nein“, und legte ihn auf das Bett. Ich habe dann ganz allein in dieser riesigen Stadt rausgekriegt, wie ich mir Geld schicken lassen kann. Ich rief meine Mutter an, die mir dann telegrafisch 1.000   Mark auf ein Postkonto anwies. Mit dem Geld bin ich dann einfach zum Flughafen, um die nächste Maschine nach Berlin zu nehmen. Es ging dann ganz schnell, ich war schon eingecheckt und hatte mein Gepäck aufgegeben, da werde ich plötzlich ausgerufen. Ich wusste: Panagiotis. Christos musste ihm erzählt haben, wie wütend ich gewesen war, als er kam, um mir Drogen zu bringen und einen schönen Gruß zu bestellen. Panagiotis hat sich dann schon gedacht, dass ich mich vom Acker machen würde, und ist ins Hotel, las das „OXI“ und fuhr sofort zum Flughafen.
    Doch ich bin in den Flieger gestiegen. Ich wollte nur noch nach Hause.
    Und wer sitzt da in meiner Wohnung in der Reuterstraße, als ich ankomme? Gode. Wir sprachen uns aus, und ich habe mich unendlich oft entschuldigt, denn in dem Moment fühlte ich mich einfach nur schlecht. Ich hatte es nicht besser verdient, als dass man mich in einer fremden Stadt mit lauter notgeilen, ekligen Kerlen alleinließ. Ich wollte, dass Gode mich in den Arm nimmt, was er dann auch tat. Anschließend waren wir dann noch einmal ein Jahr lang zusammen.
    Aber es war nicht mehr gut. Es hat unserer Beziehung wehgetan, was ich gemacht habe. Gode war die ganze Zeit allein geblieben und hatte seinen Job als Einlasser im Dschungel wieder aufgenommen.
    Ich war die, die immer nach etwas suchte, wovon ich selber nicht wusste, was es eigentlich war. Ich weiß nicht, was meine Ruhelosigkeit ausgelöst hat, warum ich immer dachte, ich muss weiter, immer weiter. Vielleicht weil ich ein Scheidungskind bin und mir die Erfahrung gezeigt hat, dass es keinen Sinn hat, sich zu binden.
    Panagiotis, Maria und Christos sind währenddessen nach Indien gefahren. Das war schon der Plan, als ich noch bei ihnen war, aber ich wollte nicht mitkommen. Ich sagte, dass ich niemals nach Indien fahren werde, weil ich von dort nicht mehr lebend zurückkehre. Da sterbe ich. Die wollten nämlich diese Magic-Bus-Tour machen. Das war damals ein Muss für jeden Hippie, die Reiserouten und auch die bekanntesten Stopps erfuhr man eigentlich nur über Mundpropaganda. Du konntest nicht in ein Reisebüro und eine Hippie-Trail-Reise buchen, davon hörte man abends am Lagerfeuer oder in der Kneipe, das war etwas Magisches.
    Die Reisen nach Asien starteten meist in europäischen Ländern, oft in Amsterdam oder Athen. Reisende aus den USA kamen mit günstigen transatlantischen Flügen der Iceland Air rüber nach Luxemburg und fuhren von da aus weiter, zum Beispiel nach Istanbul, Teheran, Kabul, Peshawar und Lahore, es sein denn, es ging über Syrien oder Jordanien nach Iran und von da aus weiter zu den Endzielen Goa, Dhaka, Bangkok oder Kathmandu.
    Viele kamen aber erst gar nicht in Indien, Thailand oder Nepal an. Sie gingen auf dem Weg drauf, weil sie einfach zu viele Drogen nahmen. In Kabul gab es zumindest vor dem Afghanistankrieg sogar einen Friedhof für die Toten vom Magic Bus. Dahin konnten andere aus dem Hippie Trail pilgern und für ihre Leute beten oder meditieren oder weiß der Kuckuck was.
    Ich wäre bestimmt da gelandet. Lauter H-Junkies in einem VW-Bus durch die Wüsten und Mohnfelder – ich hätte nie genug bekommen, ich hätte nie wieder da weggewollt. Ich hätte mich da totgefixt. Darum wollte ich nicht mit.
    Die drei sind also ohne mich nach Indien, kurz nachdem ich abgehauen bin. Und ein Jahr später war es mit Gode endgültig vorbei. Er hatte die Schnauze voll von mir – zu Recht. Ich war nur noch beschissen drauf und mit mir selbst beschäftigt. Total auf Droge, mit mir war echt nichts anzufangen. Man kann nicht behaupten, dass er nicht gegen meine Abhängigkeit gekämpft hätte: Manchmal rief er sogar meine Dealer an und bedrohte sie. Einmal nötigte er mich, ihm einen Schuss Heroin zu setzen, was ich nach einigem Widerstand auch tat. Er wollte mir beweisen, dass man seinen Tagesablauf auch mit H im Blut gestalten könne. Aber die Beziehung ging einfach kaputt. Ich versuchte daraufhin, mich zu Tode zu hungern. Ich sagte ihm: „Wenn du nicht zurückkommst, dann esse ich nichts

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