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Christianisierung und Reichsbildungen - Europa 700 - 1200

Christianisierung und Reichsbildungen - Europa 700 - 1200

Titel: Christianisierung und Reichsbildungen - Europa 700 - 1200 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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Bischofssitze Hildesheim, Halberstadt und Verden verfestigten. In die Jahre um 800 reichen auch die frühesten Klostergründungen in Sachsen zurück, die alle im Westen lagen (Werden/Ruhr, Herford, 815/22 Corvey), und bald danach schon setzten die Überführungen von Reliquien gallischer und römischer Heiliger ein, die das christliche Neuland mit einer Vielzahl älterer Kirchen verknüpften.
    Die Erfahrungen der Sachsenmission waren noch ganz lebendig, als 795/96 die Niederringung des Awarenreiches den Franken ziemlich unvermittelt ein weiteres Heidenland anheimgab, das der kirchlichen Integration bedurfte. Wir wissen von einer Synode im Feldlager König Pippins an der Donau, bei der die versammelte Geistlichkeit 796 über die anzuwendende Taufpraxis beraten hat. Man wollte es besser machen als in Sachsen und vor allem nicht weiter die Taufe gleich an den Anfang des Bekehrungsprozesses stellen, wozu maßgeblich Alkuin, der gelehrte Freund und Berater Karls des Großen aus England, beigetragen haben wird, der aus dem fernen Tours brieflich mahnte: «Der Glaube, sagt der hl. Augustinus, ist eine Sache der Freiwilligkeit, nicht des Zwangs … Wenn man das sanfte Joch Christi dem störrischen Sachsenvolk mit ebenso viel Beharrlichkeit predigen würde, wie man die Zehnten eintreibt und strenge Bußen für geringste Vergehen gegen das Gebot fordert, würden sie wohl das Sakrament der Taufe nicht verabscheuen. Sollen doch endlich die Lehrer des Glaubens von den Beispielen der Apostel lernen und Prediger sein, nicht Plünderer!»[ 18 ] Wieviel von diesen Postulaten Wirklichkeit geworden ist, nachdem sich die Kirchen von Salzburg und Aquileja das Missionsgebiet entlangder Drau aufgeteilt hatten, ist nicht im einzelnen zu erkennen. Schwächer als bei den Sachsen war die Widerstandskraft der bezwungenen Awaren (und Slawen), aber auch der Vorwärtsdrang der Franken, die am Wiener Wald innehielten und sich jenseits davon vorerst mit getauften Klientelfürsten begnügten; ein gesondertes Bistum wurde nicht eingerichtet. Daß an den effektiven Grenzen der karolingischen Macht zugleich die Reichweite der christlichen Botschaft enden sollte, Mission also kein von Karls Expansionspolitik losgelöster Selbstzweck war, hatte sich ohnehin schon bei den sporadischen Vorstößen gegen die Slawen jenseits von Elbe und Saale sowie in Böhmen gezeigt, die ohne kirchenorganisatorische Konsequenzen blieben.
Erstes Ausgreifen nach Skandinavien
    Erst seit Ludwig dem Frommen, Karls Sohn, der keine offensive Außenpolitik mehr betrieb, wurde es (wieder) vorstellbar, das Christentum jenseits der fränkischen Reichsgrenzen auszubreiten, ohne damit das Ziel einer militärischen Unterwerfung zu verbinden. Dabei zeigte sich auf Anhieb der enge Zusammenhang zwischen dem Glaubenswechsel und der Etablierung monarchischer Herrschaft, der in den folgenden Jahrhunderten immer wieder zutagetreten sollte.
    Zu den Dänen, die Widukind und anderen sächsischen Anführern Zuflucht gewährt hatten und später unter einem König namens Gotfrid über die mit den Franken verbündeten (gleichfalls heidnischen) Abodriten an der Ostsee hergefallen waren, bestand zu Karls Zeiten ein gespanntes Verhältnis. 810 veranlaßten sie den alten Kaiser gar zu einem letzten Feldzug, den er an der Aller nur deswegen abbrach, weil er von Gotfrids Ermordung erfuhr. Der Neffe und Nachfolger Hemming, der 811 Frieden auf der Basis des Status quo an der Eider schloß, starb bereits 812, was in Jütland und auf den Inseln jahrelange Kämpfe unter meist eng miteinander verwandten Prätendenten nach sich zog. In dieser Phase der Instabilität versprach man sich in Kaiser Ludwigs Umgebung Erfolg von einem missionarischen Eingreifen in Dänemark. Erzbischof Ebovon Reims wurde 822 nach Rom entsandt und empfing den päpstlichen Auftrag zur Predigt des Evangeliums bei den Völkern des Nordens. Den Sommer 823 über wirkte er im Schutz der fränkischen Grenzfestung Itzehoe bei den von dort aus erreichbaren Dänen, kehrte dann aber nach Reims zurück und überließ das weitere Vorgehen dem aus der Abtei Corbie an der Somme stammenden Mönch Ansgar, der damit seine Lebensaufgabe fand. Er schloß sich einem der Rivalen um die dänische Königswürde an, Harald Klak, der schon zweimal im internen Machtkampf den kürzeren gezogen hatte und dringend auf fränkische Unterstützung angewiesen war. Dafür fand er sich bereit, den Glauben der Franken anzunehmen, da – wie Ansgars Biograph versichert –

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