Christianisierung und Reichsbildungen - Europa 700 - 1200
«das christliche Volk ihm und den Seinen umso bereitwilliger zu Hilfe komme, wenn beide denselben Gott verehrten»[ 19 ]. Die Taufe fand 826 in Mainz mit größter Feierlichkeit statt, wobei Kaiser Ludwig, die Kaiserin und der Junior-Kaiser Lothar als Paten für Harald, dessen Gattin und deren Sohn fungierten. Offenbar sollte eine geistliche Oberhoheit über ein neu entstehendes christliches Königreich außerhalb des fränkischen Imperiums begründet werden, was jedoch rasch gescheitert ist, da Harald sich in seiner Heimat auch diesmal politisch nicht durchzusetzen vermochte und der Kaiser zu wirksamer Rückendeckung nicht willens und imstande war. Schon 827 fand sich Harald wieder auf fränkischem Reichsgebiet ein und mit ihm Ansgar, der sein missionarisches Bemühen vorerst auf den Raum südlich der Eider beschränken mußte.
Neue Aussichten eröffnete 829 die Gesandtschaft eines Königs der «Sveonen» (Schweden), der Beziehungen zum fränkischen Kaiser aufnehmen wollte und um die Entsendung von Glaubensboten bat, weil es «viele in seinem Volke gebe, die den Kult der christlichen Religion anzunehmen wünschten»[ 20 ]. Ausgesandt wurde erneut Ansgar, der am zentralen Handelsplatz Birka am Mälarsee bereits getaufte Kaufleute und Sklaven antraf. Auch wenn der König Björn selbst den Glaubenswechsel nicht vollzog, duldete er doch anscheinend die Predigt Ansgars und seiner Gefährten, die während 18 Monaten neben anderen den «Präfekten» von Birka für dieTaufe und den Bau einer ersten Kirche gewinnen konnten. Bei seiner Rückkehr ließ sich Ansgar 831 in Hamburg nieder, während die Verantwortung für die begonnene Schwedenmission von Ebo seinem Verwandten Gauzbert übertragen wurde, der dazu die Bischofsweihe empfing. Ansgar war in der Folgezeit mit dem kirchlichen Aufbau in der näheren Umgebung beschäftigt, fand aber bis 845 keinen Zugang mehr zum dänischen Machtbereich, wo König Horich I., ein Sohn Gotfrids, seine Herrschaft zu festigen verstand. Auf ihn führen fränkische Quellen den verheerenden Angriff zurück, bei dem 845 eine feindliche Flotte Hamburg plünderte, während im selben Jahr ein blutiger Aufstand in Birka auch den Zusammenbruch der dortigen Mission bewirkte. Ansgar mußte Hamburg aufgeben und sich als Bischof in Bremen niederlassen, Gauzbert flüchtete sich auf den Sitz in Osnabrück. Andererseits berichtet nicht nur die Vita Ansgars von einer deutlich entspannten Situation in der Zeit danach, die ihm erlaubte, von Bremen aus am Hof Horichs zu verkehren und mit dessen Erlaubnis eine Kirche in Schleswig nahe dem zentralen Handelsplatz Haithabu, später auch weiter nördlich in Ripen/Ribe zu errichten[ 21 ]. Selbst nach Birka konnte er 852/54 noch einmal vordringen. Daß sich nach Horichs Tod, der 854 im Machtkampf mit seinen Neffen umkam, die Lage für Ansgar wieder verschlechterte, bevor auch er 865 in Bremen starb, zeigt noch einmal, wie sehr der Missionserfolg von der Gewinnung und der Durchsetzungskraft der Machthaber abhing. Da Ansgar nach dem Scheitern des Harald Klak keinen der Könige des Nordens zur Taufe hat bewegen können, trug sein lebenslanger Eifer keine wirklich dauerhaften Früchte, und die Christianisierung des europäischen Nordens hatte im 10. Jh. noch einmal von vorn zu beginnen.
Frühe Slawenmission
Auch bei den Völkern slawischer Sprache zeigt sich der enge Zusammenhang des Glaubenswechsels mit der Formierung ethnischer Identitäten und den politischen Ambitionen benachbarter christlicher Großmächte.
Am frühesten ist dies bei der Gruppe der Karantanen am Südrand der Ostalpen (heute Kärnten, Steiermark, Slowenien) zu beobachten, die sich vor der Mitte des 8. Jhs. unter einem eigenen Fürsten (
dux
) der Herrschaft der Awaren entzogen und dafür unter die Hoheit der bayerischen Herzöge gerieten. Das bedeutete die Öffnung für die von Salzburg ausgehende Mission, die mit der Taufe der als Geiseln nach Bayern verbrachten Fürstensöhne einsetzte und erst nach der Niederschlagung eines Aufstands (772) durch Herzog Tassilo III. zum Durchbruch kam. Die Entstehung eines gesonderten Bistums wußte die Salzburger Kirche zu verhindern, und 828 mußten auch die karantanischen Fürsten bayerischen Grafen weichen.
Weniger deutlich ist die Entwicklung in Böhmen, das 805/06 von fränkischen Truppen unter Karls gleichnamigem Sohn heimgesucht, aber nicht eigentlich ins Reich einbezogen worden war. Eine vereinzelte Nachricht besagt, daß 845 vierzehn böhmische
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