Christine Feehan - Karpatianer 13 - Dunkler Ruf des Schicksals
Meinung dieses Mannes ausschlaggebend sein würde, wirkte Nicolae nicht beunruhigt. Gregoris Urteil kümmerte ihn nicht. Sein Blick war scharf und wachsam. Hinter ihnen tauchte Nicolaes Bruder auf.
Destiny fiel Vikirnoffs unverwandter Blick auf, der kalt wie der Tod war. Er ließ Gregori nicht aus den Augen. Vikirnoff würde unerschütterlich zu seinem Bruder halten, wie immer, ob Nicolaes Blut nun unrein war oder nicht. Erst jetzt dachte sie daran, dass Vikirnoff es sofort gewusst haben musste, als Nicolae ihr Blut genommen hatte. Aber er hatte trotzdem nichts unternommen, um seinen Bruder davon abzuhalten. Gleichzeitig mit diesem Gedanken kam die Erkenntnis, dass Gregori diese kleine unterirdische Kammer betreten hatte, ohne wirklich etwas über diejenigen zu wissen, die ihn hier erwarteten. Er riskierte buchstäblich sein Leben, um ihnen zu helfen.
Der Heiler wirkte groß und stark und mächtig, eine glitzernde Bedrohung, doch die beiden anderen waren uralte Karpatianer und im Kampf genauso erfahren wie er. Destiny entschied, dass Gregori ein sehr mutiger Mann war.
Nicolae trat vor, um ihn zu begrüßen, indem er seine Hände an Gregoris Unterarme legte und sich dabei geschickt zwischen Destiny und den Fremden stellte. »Gregori, gut, dass du so schnell gekommen bist! Ich bin Nicolae; früher stand ich unter dem Befehl von Vladimir Dubrinsky. Das ist mein Bruder Vikirnoff.« Er deutete auf den stummen Wächter zu seiner Rechten.
Vikirnoff trat vor und richtete seine kalten, toten Augen auf die silbrig glitzernden des anderen. »Ich danke dir, dass du unserem Ruf gefolgt bist. Es ist gut, dass du hier bist«, sagte auch er und legte ebenfalls seine Hände auf Gregoris Unterarme.
Destiny war klar, dass diese Geste beide Jäger verwundbar machte. Sie standen sich Auge in Auge gegenüber und sahen, was ihr Gegenüber von seinen Gedanken preiszugeben bereit war.
»Es ist gut, euch zu sehen. Mikhail hat erst vor Kurzem von der Existenz einiger Karpatianer vom alten Stamm erfahren und den Ruf an sie ergehen lassen, wenn möglich zurückzukehren und sich in unserer Heimat zu treffen. Er wird erfreut sein zu hören, dass sich zwei weitere Krieger aus der alten Zeit gefunden haben. Auch Falcon ist noch am Leben.« Sein glitzernder Blick glitt an Nicolae vorbei und verharrte auf Destiny.
Sie hob herausfordernd das Kinn. Sollte er doch sein Urteil über sie fällen! Sie hatte sehr lange ohne Freunde und Familie gelebt und könnte es jederzeit wieder tun, redete sie sich ein. Insgeheim zweifelte sie allerdings daran. Trotz ihrer Entschlossenheit, niemals in diese Falle zu tappen, hatte sie angefangen, zu hoffen und zu träumen. Ihr Blick wanderte zu Nicolae. Was, wenn ihr dieser Fremde mit den bezwingenden Augen den Gefährten nahm?
Das kann er nicht. Nicolae schickte ihr keine Wellen von Wärme und Trost, sondern nur diese einfachen Worte, die so ruhig und absolut überzeugt klangen. Der krampfhafte Schmerz in ihrem Magen ließ sofort nach.
»Meine Gefährtin Destiny.« Nicolae nahm ihre Hand, zog Destiny an sich und legte besitzergreifend einen Arm um ihre Taille.
Gregori verneigte sich langsam in einer förmlichen Geste, die sie bereits von Nicolae kannte. »Du hast schwere Zeiten hinter dir. Es ist mir eine Ehre, eine so mutige Frau kennenzulernen.« Sein Blick wanderte prüfend durch den Raum. »Meine Gefährtin sollte schon hier sein. Dass Frauen aber auch immer zu spät kommen müssen!« Falls er beabsichtigt hatte, seine schöne, melodische Stimme ungeduldig klingen zu lassen, war er gescheitert. Er klang so liebevoll, dass Nicolae grinsen musste und Vikirnoff eine Augenbraue hochzog.
Perlendes Lachen erklang, und eine kleine, dunkelhaarige Frau erschien neben Gregori. Nicolae wusste sofort, dass Gregori um ihre Sicherheit besorgt gewesen war und ihr nicht erlaubt hatte, sich zu zeigen, ehe er die Umgebung überprüft hatte. Genau dasselbe hätte auch Nicolae getan. Er war dem Heiler dankbar dafür, dass er versuchte, Destiny zuliebe die Atmosphäre aufzulockern, indem er behauptete, seine Gefährtin hätte sich verspätet.
Gregori zog die zierliche Frau an seine Seite. »Meine Gefährtin Savannah. Sie ist die Tochter von Prinz Mikhail und seiner Gefährtin Raven. Savannah, das hier sind Destiny, ihr Gefährte Nicolae und sein Bruder Vikirnoff.«
Savannah zog die Nase kraus. »Um Himmels willen, es ist doch nicht nötig, meinen Stammbaum aufzusagen!« Liebevoll strich sie über Gregoris markantes Kinn.
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