Christine Feehan - Karpatianer 13 - Dunkler Ruf des Schicksals
regelrecht, als würde sie von Dämonen verfolgt. Destiny wusste genau, wohin sie wollte. Zur Kirche, wo sie immer hinging, bevor sie sich auf Nahrungssuche machte. Wo sie so etwas wie den Anschein von Ausgeglichenheit und Frieden fand. Sie hatte die Kirche betreten, und das Gebäude war nicht in sich zusammengestürzt. Sie war nicht vom Blitz getroffen worden. Sie hatte den Priester angefasst. Und sie wollte wieder in einen Spiegel schauen.
Du siehst gut aus. Ich glaube , du musst nicht gleich eitel werden. Du hast schon genug schlechte Gewohnheiten. Nicolae lachte wieder einmal über sie, aber es kümmerte sie nicht. Es gab in ihrem Leben etwas Neues und Unerwartetes. Sie stellte fest, dass sie die Welt mit anderen Augen sah. Die Sterne glitzerten wie Edelsteine am Himmel, und sie konnte nicht anders, als sie anzuschauen und zu bewundern. Der Wind wehte zart wie die Stimme ihres Liebsten über ihren Körper. Er kühlte ihre Haut, zerzauste ihr seidiges Haar und erleichterte ihr Herz.
Zum ersten Mal seit Jahren brannte ihr nicht das Blut in den Eingeweiden. Zum ersten Mal seit Jahren war sie nicht mit dem Gedanken ans Töten aufgewacht. Sie war hellwach und dachte nur an Nicolae. Sosehr sie es auch versuchte, es gelang ihr nicht, den winzigen Hoffnungsstrahl zu ersticken, der sich tief in ihr regte.
Die Kirchentür war unversperrt, und noch bevor Destiny sie öffnete, wusste sie, dass Vater Mulligan drinnen war und gerade die Beichte abnahm. Mit ihrem scharfen Gehör konnte sie leise Worte und das erstickte Schluchzen einer Frau hören, die mit dem Priester sprach. Auf einer Kirchenbank nicht weit vom Beichtstuhl saß John Paul. Sein Kopf war gesenkt, und Destiny konnte sehen, dass seine schweren Schultern bebten. Tränen liefen über sein Gesicht.
Destiny unterdrückte einen leichten Schauer nervöser Unruhe, als sie über die Schwelle trat und in die gedämpft erleuchtete Kirche schlüpfte. Kerzen flackerten in der Seitenkapelle und warfen seltsam verzerrte Schatten auf das Buntglasfenster darüber. Destiny betrachtete das Bildnis der Heiligen Jungfrau mit dem Kind, das liebliche Gesicht, die eine Hand, die liebevoll das Kind hielt, während die andere zu Destiny ausgestreckt war.
John Paul blickte nicht auf. Er schien sie nicht einmal zu bemerken. Destiny trat leise näher. Sie wollte ein Gespür für den Mann bekommen. War er mit einem Vampir in Berührung gekommen? War das die Erklärung für sein völlig untypisches Verhalten Helena gegenüber? Destiny untersuchte seinen Geist und forschte dabei nach den Abweichungen, die auf die Beeinflussung durch einen Untoten hinweisen würden.
John Paul war tief bekümmert und verwirrt. Er hatte Angst, Helena zu verlieren, und glaubte, im Begriff zu sein, den Verstand zu verlieren. Seine Gedanken waren in Aufruhr und enthielten wilde Pläne, seine geliebte Helena zu entführen und an irgendeinen abgelegenen Ort zu bringen, bis er sie davon überzeugen konnte, dass er sie liebte und ihr nie wehtun würde.
Vater Mulligan und Helena kamen aus dem Beichtstuhl. Der Priester hatte einen Arm um die Schultern der Frau gelegt. Selbst im schwachen Licht konnte Destiny Helenas geschwollenes Auge und die aufgeplatzte Lippe erkennen. Die Verletzungen waren frisch. Sie weinte immer noch leise. Der Priester begleitete sie zu einer Kirchenbank und winkte John Paul zu sich. Der große Mann krümmte sich, als wäre er geschlagen worden, stand aber gehorsam wie ein Kind auf. Seine massige Erscheinung ließ den schmächtigen Priester klein, dünn und sehr zerbrechlich aussehen.
Destiny wartete, bis sich die beiden Männer in den Beichtstuhl zurückgezogen hatten, bevor sie lautlos den Mittelgang hinunter zu Helena glitt und dabei das Gedächtnis der Frau erkundete. Helena hatte eindeutig Erinnerungen daran, wie John Paul sie attackiert hatte. Es war ein beängstigendes Bild, dieser ungeheuer starke Mann mit Händen wie Keulen und einem Körper wie eine massive Eiche. Helena glaubte, dass John Paul geistesgestört war. Sie hatte vor, ihn zu verlassen, weil sie um ihr Leben fürchtete, und doch liebte sie ihn leidenschaftlich und hätte ihm gern geholfen.
Destiny, der das alles wirklich zu Herzen ging, legte behutsam eine Hand auf Helenas Schulter. »Velda und Inez haben mich gebeten, Ihnen zu helfen, Helena. Ich hoffe, es macht Ihnen nichts aus.« Sie wünschte, sie hätte MaryAnns Gabe, das zu sagen, was in so einer Situation richtig war.
Helena schüttelte den Kopf, ohne
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