Christine Feehan - Karpatianer 13 - Dunkler Ruf des Schicksals
aufzublicken. »Niemand kann mir helfen. Ich habe John Paul verloren. Ich kann nicht bei einem Mann bleiben, der mir so etwas antut.«
Destiny legte sanft einen Finger unter Helenas Kinn und hob ihr Gesicht, als wollte sie es anschauen. Sie wartete, bis Helena ihren Blick wie gebannt erwiderte. Sie sah die Beziehung der beiden klar und deutlich. Helena und John Paul waren praktisch unzertrennlich. Zwei Menschen, die völlig aufeinander fixiert waren. Ich wusste nicht, dass jemand so stark empfinden kann wie diese beiden füreinander.
Du wolltest es bloß nicht wissen.
Destiny runzelte die Stirn und wünschte, Nicolae würde vor ihr stehen. Sie schickte ihm auf telepathischem Weg einen bösen Blick, nur für den Fall, dass er nicht mitbekam, wie sehr er nervte. Destiny seufzte. Sie konnte nicht zulassen, dass Helena und John Paul etwas so Wertvolles wie ihre Beziehung aufgaben. Indem sie weiter tief in Helenas Augen schaute, gab sie der Frau den geistigen Befehl, John Paul noch eine Chance zu geben. Helena musste MaryAnn erlauben, sie an einem sicheren Ort unterzubringen, bis Destiny herausgefunden hatte, was hier vorging. Destiny würde dafür sorgen, dass John Paul Verständnis bewies und mit ihrem Plan einverstanden war.
Ich kann keine Spur von einem Vampir entdecken, teilte sie Nicolae mit.
Bist du sicher? John Paul ist ein schlichtes Gemüt. Vielleicht ist er so durcheinander, dass du kein zuverlässiges Denkmuster erkennen kannst.
Destiny runzelte die Stirn. Kommt so etwas vor?
Es ist möglich. Wenn der Vampir sehr behutsam und aus gröjierer Entfernung vorgegangen ist, entdeckst du möglicherweise die leeren Stellen nicht, die er hinterlassen hat.
Destiny trommelte mit einem Finger leicht auf die Rückenlehne der Bank. Besteht die Möglichkeit, dass es gar kein Vampir war? Gibt es eine Krankheit, die bewirken könnte, dass John Paul gewalttätig wird? Ich weiß nicht viel über menschliche Krankheiten. Ich war noch ein Kind, als ich umgewandelt wurde, und bin nicht viel mit Menschen zusammen gewesen.
Sie spürte, dass Nicolae gut nachdachte, ehe er antwortete. Kannst du einen Tumor oder eine Gehirnblutung entdecken, irgendeinen organischen Defekt, der sein Verhalten beeinflussen könnte ?
Nein. Seine Gehirnwellen scheinen völlig normal zu sein. Er ist ganz und gar auf Helena fixiert. Ich glaube nicht, dass er in der Lage ist, ihr so etwas anzutun.
Warum nicht?, hakte Nicolae nach. Jeder kann gewalttätig werden.
Destiny ließ sich auf die Kirchenbank sinken. Nicolae hatte recht. John Paul war ein Bär von einem Mann und jederzeit für eine Rauferei zu haben, wenn sich die Gelegenheit bot. Aber nicht bei ihr. Niemals bei Helena. Er liebt sie.
Eine Woge von Wärme ging von Nicolae aus und überflutete ihren Geist und ihr Herz. Ihr ganzes Inneres. Ich verstehe, was er für sie empfindet. Ich glaube dir, Destiny. Wir werden diese Sache aufklären.
Kapitel 9
Nicolae konnte die Frau mit dem violetten Haar, die ihm lebhaft zuwinkte, unmöglich ignorieren, so gern er es auch getan hätte. Sie ruderte mit den Armen und hüpfte auf dem Bürgersteig auf und ab, während die kleine Dame mit dem rosa Haar neben ihr ihm eine Begrüßung zurief. Er war in das Wohnviertel zurückgekehrt, in die Nähe der Bar, um Ausschau nach MaryAnn zu halten. Die Beraterin für misshandelte Frauen bedeutete Destiny sehr viel. Da MaryAnn noch dazu über übersinnliche Fähigkeiten verfügte, wollte er sie unbedingt näher kennenlernen.
Destiny mochte sich körperlich von ihm entfernt haben, aber er konnte sie wie einen stillen Schatten in seinem Inneren spüren, ihre Sorgen teilen, über die verwirrenden Probleme »ihrer« Menschen reden und mit ihr lachen. Sie zeigte sich völlig ungerührt von seinem Missgeschick, als er ihr bewusst das etwas alberne Bild von zwei älteren Damen in grellen Neonfarben schickte, die auf dem Bürgersteig herumhüpften und dazu laut johlten und wild gestikulierten.
Ihr Verhalten lenkte unerwünschte Aufmerksamkeit auf ihn, etwas, das jeder Karpatianer tunlichst vermied. Resigniert kehrte er um und schlenderte die Straße hinunter zu den beiden Frauen, die offensichtlich etwas von ihm wollten. Wie aus weiter Ferne hörte er Destinys gedämpftes Lachen, und ihm wurde warm ums Herz. Sie würden einander immer nahe sein.
Manchmal ist es günstiger, unsichtbar zu sein. Du hättest mich warnen können, beschwerte er sich.
Ich glaube, eine kräftige Dosis Velda und Inez ist genau das, was du
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