Christmasland (German Edition)
Reißverschluss seiner Hose zu. Seine Augen waren vor Erschöpfung gerötet.
»Ich bin wach. Was ist los? Was geht hier vor, V ic?«
»Officer!«, rief Hutter, als Lou einen Schritt nach vorn machte.
Sein massiger Körper füllte ein Drittel des Raums aus, und er stand genau zwischen V ic und Hutter. V ic kam auf die Beine und lief um ihn herum auf die offene Badezimmertür zu.
»Ich muss weg«, sagte V ic.
»Na dann geh«, sagte Lou und schirmte sie mit seinem Körper ab.
»Officer!«, rief Hutter noch einmal.
V ic lief durch das Bad ins Schlafzimmer und machte die Tür hinter sich zu. Es gab kein Schloss, deshalb zog sie den Kleiderschrank vor die Badezimmertür. Die Tür zum Flur verriegelte sie. Mit zwei Schritten war sie bei dem Fenster, das zur Seeseite hinausging.
Sie zog die Jalousie hoch und öffnete es.
Im Flur waren laute Männerstimmen zu hören.
Dann hörte sie Lous verärgerte Stimme.
»Mann, was ist denn los?«, sagte er. »Jetzt bleiben Sie doch mal ganz ruhig!«
»Officer!«, rief Hutter ein drittes Mal, aber dann fügte sie hinzu: »Stecken Sie Ihre Waffe weg!«
V ic setzte einen Fuß gegen das Fliegengitter und trat kräftig zu. Das Fliegengitter brach aus dem Rahmen und fiel auf den Rasen hinter dem Haus. V ic kletterte aufs Fensterbrett und ließ sich die anderthalb Meter aufs Gras hinab.
Sie trug dieselben Shorts wie am V ortag und dazu ein Bruce-Springsteen-T-Shirt von der The-Rising -Tour. Sie hatte keinen Helm und keine Jacke. Sie wusste nicht einmal, ob der Zündschlüssel im Motorrad steckte oder ob er neben Lous Portemonnaie auf dem Bett lag.
Sie hörte, wie die Schlafzimmertür eingetreten wurde.
»Mensch, wirklich!«, schrie Lou. »Jetzt kommen Sie doch mal runter!«
Der See war eine glatte, silbrige Fläche, in der sich der Himmel spiegelte. Er sah aus wie flüssiges Chrom. Die Luft war drückend und feucht.
Hinter dem Haus war niemand zu sehen. Etwa hundert Meter vom Ufer entfernt saßen zwei Männer in Shorts und Stroh hüten in einem Aluminiumboot und angelten. Einer von ihnen winkte ihr grüßend zu, als fände er es völlig selbstverständlich, dass eine Frau ihr Haus durchs Fenster verließ.
V ic betrat die Remise durch die Seitentür.
Die Triumph war auf dem Ständer aufgebockt. Der Schlüssel steckte.
Die scheunenartigen Tore der Remise standen offen, und am Ende der Einfahrt sah V ic die Reporter, die sich dort für die Pressekonferenz versammelt hatten, die nun ohne sie stattfinden würde. Die Kameras in der Einfahrt waren auf eine Reihe von Mikrofonen im V orgarten gerichtet. Kabelbündel schlängelten sich zu den Übertragungswagen, die linker Hand geparkt waren. Die Wagen versperrten ihr den Weg, aber nach rechts hin war die Straße frei.
V ic konnte in der Remise nicht hören, was im Haus geschah. Hier herrschte die gedrückte Stille eines zu heißen Nachmittags im Hochsommer. Normalerweise hielt man um diese Zeit ein Nickerchen, Hunde dösten unter V ordächern. Selbst für die Fliegen war es zu heiß.
V ic schwang ein Bein über den Sattel des Motorrades und schaltete es ein. Der Scheinwerfer ging an – ein gutes Zeichen!
Motorrad immer noch kaputt, erinnerte sie sich. Es würde nicht starten. Ganz sicher nicht. Wenn Tabitha Hutter in die Remise kam, würde sie V ic vorfinden, wie sie wild auf den Kickstarter trat und im Sattel auf und ab hüpfte. Hutter hielt V ic sowieso schon für verrückt. Bei diesem Anblick würde sie sich bestätigt fühlen.
Sie erhob sich und trat mit aller Kraft den Kickstarter durch. Die Triumph erwachte mit einem Knattern zum Leben, das Blätter und Kies über den Boden blies und die Fensterscheiben erzittern ließ.
V ic legte den ersten Gang ein und ließ die Kupplung kommen, und die Triumph rollte aus der Remise.
Während sie ins Helle hinausfuhr, warf sie kurz einen Blick zurück und sah Tabitha Hutter in der Seitentür der Remise stehen. Ihr Gesicht war gerötet, und eine Strähne ihres lockigen Haars klebte an ihrer Wange. Ihre Waffe steckte im Holster, und sie zog sie auch jetzt nicht. Sie rief V ic nicht einmal etwas hinterher, sondern stand nur da und blickte ihr nach. V ic nickte ihr zu, wie zum Dank für ein eingehaltenes V ersprechen. Dann gab sie Gas.
Sie schlängelte sich an den Kameras vorbei, aber als sie sich der Straße näherte, trat ihr plötzlich ein Mann mit einer Kamera in den Weg. Er hielt das Gerät auf Hüfthöhe und sah auf einen Monitor, der an der Seite ausgeklappt war. Sein Blick blieb
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