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Christmasland (German Edition)

Christmasland (German Edition)

Titel: Christmasland (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Hill
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»Ich habe sie gerade überquert.«
    Sie halfen ihr in die kleine Küche. Nur ein Licht brannte, eine kleine Lampe mit einem Schirm aus Rauchglas, die über dem Tisch hing. Hier war es so ordentlich wie in einem Möbelhaus, und lediglich die zerdrückten Filter im Aschenbecher und der Zigarettenqualm deuteten darauf hin, dass der Raum bewohnt war. Und das ANFO .
    Es lag auf dem Tisch, in einem offenen Schulrucksack. Die Plastikbeutel waren glitschig und weiß und mit Warnschildchen bedeckt. Jeder Beutel war etwa so groß wie ein Brotlaib. V ic wusste, ohne sie hochzuheben, dass sie so schwer waren wie unvermischter Zement.
    V orsichtig setzte sie sich auf einen Kirschholzstuhl und streckte das linke Bein aus. Auf Wangen und Stirn brannte ihr öliger Schweiß. Das Licht über dem Tisch war zu hell. Sie hatte das Gefühl, jemand würde ihr ganz langsam einen spitzen Bleistift durch das linke Auge ins Gehirn treiben.
    »Können wir die ausmachen?«, fragte sie.
    Lou legte den Schalter um, und in der Küche wurde es dunkel. Irgendwo im Flur brannte noch eine Lampe und verbreitete einen bräunlichen Schein, der ihr nicht so viel ausmachte.
    Draußen quakten Frösche, ein Geräusch, bei dem V ic an einen großen Stromgenerator denken musste, der lauter und leiser wurde.
    »Ich habe sie wieder verschwinden lassen«, sagte sie. »Die Brücke. Damit mir niemand folgen kann. Deshalb … deshalb bin ich auch so warm. Gestern und vorgestern habe ich sie ein paarmal überquert. Davon bekomme ich immer ein bisschen Fieber. Aber das gibt sich.«
    Lou sank ihr gegenüber auf einen Stuhl. Das Holz knarrte. Er sah furchtbar albern aus, wie er da an dem kleinen Tisch saß, ein Bär im Ballettröckchen.
    Ihr V ater lehnte sich an die Küchentheke, die Arme vor der schmächtigen Brust verschränkt. Das Halbdunkel tat den Männern gut. Hier waren sie beide Schatten, und Chris konnte er selbst sein, der Mann, der an ihrem Bett saß, wenn sie krank war, der ihr erzählte, wohin er mit seinem Motorrad gefahren war, mit wem er sich geprügelt hatte. Und sie konnte wieder das Mädchen sein, das sie gewesen war, als sie im selben Haus gewohnt hatten, ein Mädchen, das sie furchtbar gern hatte und ganz schrecklich vermisste – und mit dem sie nur wenig gemeinsam hatte.
    »So war das auch oft, als du klein warst«, sagte ihr V ater, dessen Gedanken möglicherweise in die gleiche Richtung gingen. »Du bist durch die Gegend geradelt, und als du dann nach Hause kamst, hattest du meistens etwas mitgebracht. Eine Puppe, die verloren gegangen war. Oder ein Armband. Du hattest leichtes Fieber und hast uns irgendwelche Lügengeschichten erzählt. War ein großes Thema für deine Mama und mich. Wir haben uns ständig gefragt, wo du dich so herumgetrieben hast. Wir dachten, dass du … na ja, dir Sachen ausgeliehen und sie dann wieder zurückgebracht hast, wenn die Leute merkten, dass sie weg waren.«
    »Das hast du doch nicht geglaubt, oder?«, sagte sie. »Dass ich gestohlen habe?«
    »Nein. Das war wohl eher die Theorie deiner Mutter.«
    »Und was war deine Theorie?«
    »Dass du dein Fahrrad wie eine Wünschelrute benutzt hast. Weißt du, was das ist? Manche alten Leute in der Gegend benutzten einen Stock aus Eibe oder Haselnuss, um damit nach Wasser zu suchen. Klingt verrückt, aber dort, wo ich aufgewachsen bin, grub man keinen Brunnen, ohne vorher mit einem Wünschelrutengänger zu sprechen.«
    »Gar nicht so weit daneben. Erinnerst du dich noch an die Shorter Way Bridge?«
    Er senkte den Kopf und dachte nach. Im Profil sah er genauso aus wie der Mann, der er mit dreißig gewesen war.
    »Eine überdachte Brücke«, sagte er. »Für dich und die anderen Kids galt es als Mutprobe, sie zu überqueren. Ich hätte ausrasten können! Das Ding sah aus, als würde es jeden Moment in den Fluss fallen. Wann wurde sie abgerissen – 1985?«
    »’86. Allerdings ist sie für mich immer noch da. Wenn ich nach etwas gesucht habe, bin ich in den Wald geradelt. Dann ist sie wieder aufgetaucht, und ich bin drübergefahren. Was auch immer verloren gegangen war, befand sich auf der anderen Seite. Als Kind hab ich mein Raleigh benutzt. Erinnerst du dich noch an das Tuff Burner, das du mir zum Geburtstag geschenkt hast?«
    »Das war zu groß für dich«, sagte er.
    »Ich bin reingewachsen. Wie du gesagt hast.« Sie hielt inne und wies dann mit einer Kopfbewegung zur Hintertür. »Jetzt steht da draußen meine Triumph. Wenn ich die Shorter Way Bridge das nächste Mal

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