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Christmasland (German Edition)

Christmasland (German Edition)

Titel: Christmasland (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Hill
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laut gedachten Gedanken auffängt«, sagte der Mann mit dem Ohrhörer. »Das Problem ist eher, dass es zu empfindlich ist. Es hat irgendwas abbekommen, was es nicht verkraftet hat. V ielleicht ist ja der Kondensator dabei draufgegangen.«
    Chitra kramte in einer Sporttasche und holte eine Dose mit dem Aufdruck OFF hervor.
    »Danke«, sagte Hutter, nahm das Insektenschutzmittel entgegen und sah Daltry an. »Sie auch?«
    Sie erhoben sich gemeinsam, und sie sprühte ihn ein.
    Im Stehen konnte sie den Hang sehen, der hinter dem Haus bis zu einem Waldstück hinaufführte. Zwei Quadrate aus warmem, bernsteinfarbenem Licht lagen auf dem Gras – Licht, das aus den Fenstern an der Rückseite des Hauses fiel.
    Sie drückte auf den Knopf, und Daltry wurde von weißem Nebel eingehüllt. Er schloss die Augen.
    »Wissen Sie, was der laute Knall meiner Meinung nach war?«, fragte er. »Da ist der fette Mistkerl umgekippt. Danke, das reicht.« Sie hörte auf, und er öffnete die Augen. »Kommen Sie damit klar, wenn er den Löffel abgibt?«
    »Er hätte nicht weglaufen müssen«, sagte sie.
    »Sie hätten es nicht zulassen müssen.« Daltry grinste, als er das sagte. »Aber Sie haben ihm die Möglichkeit dazu gegeben.«
    Hutter hätte Daltry am liebsten eine ordentliche Ladung OFF in die Augen gesprüht.
    Und da war er, der Ursprung ihres Unbehagens, ihrer Rastlosigkeit. Louis Carmody schien zu vertrauensselig, zu liebenswürdig und zu sehr um seinen Jungen besorgt, um irgendetwas mit Waynes V erschwinden zu tun zu haben. Nach Hutters Meinung war er ein zutiefst naiver Mensch, und sie hatte ihn trotzdem von der Leine gelassen, um herauszufinden, wohin er sie führen würde, obwohl er jeden Moment einen Schlaganfall bekommen konnte. Wenn er starb, war sie dann schuld daran? Gut möglich.
    »Wir mussten wissen, was er tun würde. V ergessen Sie nicht – hier geht’s nicht um sein Wohlergehen, sondern um das des Jungen.«
    »Wissen Sie, was ich wirklich an Ihnen mag, Hutter?«, entgegnete Daltry. »Sie sind ein noch größeres Arschloch als ich.«
    Nicht zum ersten Mal dachte Hutter, dass sie die meisten Bullen nicht ausstehen konnte. Das waren alles hässliche, gemeine Säufer, die immer nur das Schlechteste in den Menschen sahen.
    Sie schloss die Augen und sprühte sich OFF auf Gesicht und Hals. Als sie wieder die Augen öffnete und ausatmete, um das Gift fortzublasen, sah sie, dass das Licht auf der Rückseite des Hauses ausgegangen war – der Rasen war komplett dunkel.
    Hutter schaute zu dem Zimmer im vorderen Bereich des Hauses hinüber. Sie konnte den Flur sehen, der nach hinten führte, aber niemand kam ihn entlang. Ihr Blick schweifte zur V ordertür, weil sie damit rechnete, dass dort ein Licht angehen würde. Nichts geschah.
    Daltry ging wieder in die Hocke, doch sie blieb stehen. Nach einer Weile reckte er den Hals und schaute zu ihr auf.
    »Wollen Sie so tun, als wären Sie ein Baum?«
    »Wer beobachtet die Rückseite des Hauses?«, fragte sie.
    Einer der Polizisten, ein Mann, der bisher noch kein Wort gesagt hatte, sah sie an. Sein Gesicht war blass und voller Sommersprossen, und mit seinem fuchsroten Haar sah er ein wenig aus wie Conan O’Brien.
    »Niemand. Aber da ist auch nichts. Kilometerweit nur Wälder ohne einen einzigen Pfad. Selbst wenn sie uns bemerken würden, dorthin würden sie nicht …«
    Hutter pirschte sich bereits davon, die Hände erhoben, um ihr Gesicht vor den Zweigen zu schützen.
    Chitra holte sie mit vier Schritten ein. Sie musste sich beeilen, um mit Hutter mitzuhalten. Die Handschellen an ihrem Gürtel klirrten.
    »Machen Sie sich Sorgen?«, fragte sie.
    Hinter sich hörte Hutter einen Ast knacken. Schuhe raschelten im trockenen Laub. Das war bestimmt Daltry, der ihnen ohne besondere Eile folgte. Er war genauso schlimm wie die Moskitos. Gab es kein Spray, um sich vor ihm zu schützen?
    »Nein«, sagte Hutter. »Sie hatten Ihren Standort, und es gab auch keinen Grund, ihn zu verlassen. Wenn sie fortgehen, dann durch die V ordertür. Das leuchtet vollkommen ein.«
    »Aber …?«
    »Ich wundere mich nur.«
    »Worüber …?«
    »Warum sitzen sie im Dunkeln? Sie haben da hinten das Licht ausgemacht, aber sie sind nicht nach vorn gekommen. Was bedeutet, dass sie bei ausgeschaltetem Licht hinten im Haus sitzen. Kommt Ihnen das nicht merkwürdig vor?«
    Beim nächsten Schritt versank ihr Fuß zehn Zentimeter tief in kaltem, schlammigem Wasser. Sie griff nach dem schlanken Stamm einer jungen Birke, um

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