Christmasland (German Edition)
Mantel mit Messingknöpfen an der V orderseite und sah aus wie ein Soldat – ein Oberst im Dienste irgendeiner obskuren Nation.
Er hatte sich leicht vom Haus weggedreht, sodass sie ihn im Profil sah. Er stand vor der Shorter Way Bridge und hatte eine Hand auf den Lenker ihres Fahrrades gelegt.
V ic konnte sich nicht bewegen. Sie hatte das Gefühl, als hätte ihr jemand eine lähmende Droge gespritzt. Sie konnte nicht einmal mehr atmen.
Der Wraith legte den Kopf schief wie ein neugieriger Hund. Trotz seines großen Schädels erinnerten seine Gesichtszüge an die eines Wiesels. Er hatte ein fliehendes Kinn und vorstehende Zähne, wodurch er ziemlich beschränkt, fast schon schwachsinnig aussah. Er wirkte wie jemand, der bei dem Wort »ho-mo-sex-u-ell« jede einzelne Silbe betonen würde.
Er betrachtete die Brücke zwischen den Bäumen. Dann sah er zum Haus hinüber, und V ic trat rasch vom Fenster weg und lehnte sich mit dem Rücken gegen die Tür.
»Schönen guten Tag, wer immer du bist!«, rief er. »Komm raus und zeig dich! Ich beiße nicht!«
V ic fiel wieder ein zu atmen. Es kostete sie einige Mühe. Ihre Brust war wie zusammengeschnürt.
Der Wraith schrie: »Du hast dein Fahrrad in meinem V orgarten liegen lassen! Willst du es nicht zurückhaben?« Dann fügte er noch hinzu: »Und deine Brücke. Die kannst du auch wiederhaben!«
Er lachte. Es klang wie das Wiehern eines Ponys. Wieder kam V ic der Gedanke, dass der Mann möglicherweise schwachsinnig war.
Sie schloss die Augen und drückte den Rücken gegen die Tür. Dann wurde ihr bewusst, dass er eine Weile lang nichts mehr gesagt hatte und womöglich gerade auf die Haustür zuging. Sie verriegelte die Tür und legte die Kette vor. Sie brauchte drei Anläufe, um die Kette einzuhaken. Ihre Hände waren feucht vom Schweiß, und sie rutschte ihr immer wieder aus den Fingern.
Aber nachdem sie die Tür verriegelt hatte, hörte sie wieder die Stimme des Mannes. Er stand immer noch mitten in dem überwucherten V orgarten.
»Ich glaube, ich weiß über die Brücke Bescheid. Die meisten Leute würden sich beim Anblick einer überdachten Brücke in ihrem V orgarten wohl erschrecken, aber nicht Mr. Charles Talent Manx der Dritte. Mr. Charlie Manx kennt sich mit Brücken und Straßen aus, die an Orten auftauchen, wo sie nicht hingehören. Ich bin selber über einige solcher Straßen gefahren. Schon sehr lange. Ich möchte wetten, dass du überrascht wärst, wenn du erfahren würdest, wie lange! Ich kenne eine Straße, auf die ich nur mit meinem Wraith gelangen kann. Sie findet sich auf keiner Landkarte, aber sie ist immer da, wenn ich sie brauche. Zum Beispiel wenn ich einen Passagier habe, den ich ins Christmasland bringen will. Wo führt deine Brücke hin? Komm doch ruhig raus! Wir haben eine Menge gemeinsam! Wir würden bestimmt schnell Freunde werden!«
V ic traf eine Entscheidung. Je länger sie seinen Worten lauschte, desto weniger Zeit blieb ihr, sich zu retten. Sie stieß sich von der Tür ab, lief durch den Eingangsbereich und stürmte durch die Flügeltür in
Die Küche
E s war ein kleiner, schäbiger Raum mit einem winzigen, gelben Resopaltisch und einem hässlichen schwarzen Telefon an der Wand unter einer verblichenen Kinderzeichnung.
Staubige, gepunktete Luftschlangen hingen vollkommen reglos von der Decke herab, als hätte hier jemand vor Jahren eine Geburtstagsparty gefeiert und nie richtig aufgeräumt. Zu V ics Rechten befand sich eine offene Metalltür, hinter der die Speisekammer lag. Eine Waschmaschine und ein Trockner waren darin, einige Regale mit V orräten und ein in die Wand gemauerter Stahlschrank. Neben der Metalltür stand ein großer altmodischer Kühlschrank.
I m Raum war es warm , di e Luft war stickig und abgestanden . Im Ofen brutzelte das Abendessen vor sich hin. Im Geist sah sie Truthahnscheiben und Kartoffelbrei. Das Dessert war mit Silberfolie abgedeckt. Zwei Flaschen Orangenlimonade standen auf der Theke. Eine Tür führte zum Hinterhof. In drei Schritten war V ic dort.
Der tote Junge bewachte die Rückseite des Hauses. Sie wusste jetzt, dass er tot war, oder sogar noch schlimmer als tot. Er gehörte Charlie Manx.
Er stand völlig ruhig da mit seiner Raulederjacke, den Jeans und den nackten Füßen. Seine Kapuze war ein Stück zurückgerutscht und gab den Blick auf seine bleichen Haare und die schwarzen Adern an seinen Schläfen frei. Sein Mund war leicht geöffnet, und V ic sah die Reihen nadelspitzer Zähne. Als er
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