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Christmasland (German Edition)

Christmasland (German Edition)

Titel: Christmasland (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Hill
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sie entdeckte, grinste er, rührte sich aber nicht von der Stelle. V ic schrie auf und verriegelte die Tür. Er hatte weiße Fußspuren im Gras hinterlassen, wo die Halme bei der Berührung mit seinen Füßen gefroren waren. Sein Gesicht wirkte glatt und glasig wie Emaille, seine Augen waren frostig.
    »Komm raus«, sagte er, und sein Atem umwölkte sein Gesicht. »Sei vernünftig und komm raus. Wir werden alle zusammen ins Christmasland gehen.«
    Sie wich von der Tür zurück. Mit der Hüfte stieß sie gegen den Herd. Sie drehte sich um und zog auf der Suche nach einem Messer die Schubfächer heraus. In der ersten Schublade befanden sich nur Geschirrtücher, in der zweiten Schneebesen, Pfannenwender und tote Fliegen. Sie ging zur ersten Schublade zurück, nahm ein paar Geschirrtücher, öffnete den Herd und warf die Tücher auf das Fertiggericht. Die Herdtür ließ sie einen Spaltbreit offen.
    Auf dem Herd stand eine Bratpfanne, die sie am Griff packte. Es war ein gutes Gefühl, etwas in der Hand zu halten, was ihr als Waffe dienen konnte.
    »Mr. Manx!«, schrie der Junge. »Mr. Manx, ich habe sie gesehen! Sie benimmt sich total albern!« Dann rief er noch: »Das macht Spaß!«
    V ic stürmte durch die Schwingtür zurück zur V orderseite des Hauses, wo sie erneut einen Blick durch das Fenster neben der Tür warf.
    Manx hatte ihr Fahrrad näher an die Brücke herangeschoben. Er stand vor der Öffnung und blickte in die Dunkelheit, den Kopf schräg gelegt, so als lauschte er. Schließlich schien er einen Entschluss gefasst zu haben. Er beugte sich vor und versetzte dem Rad einen kräftigen Schubser.
    Das Raleigh rollte über die Schwelle der Brücke, in die Dunkelheit hinein.
    Eine unsichtbare Nadel stach durch V ics linkes Auge in ihr Gehirn. Unwillkürlich schluchzte sie auf und krümmte sich zusammen. Die Nadel zog sich zurück und stach dann erneut zu. Sie wünschte sich, ihr Kopf würde explodieren. Am liebsten wäre sie gestorben.
    Sie hörte ein Knacken, wie ein Druckausgleich in ihren Ohren, und das Haus erzitterte. Es war so, als wäre am Himmel ein Jet vorbeigeflogen und hätte die Schallmauer durchbrochen.
    Im Eingangsbereich begann es, nach Rauch zu riechen.
    V ic hob den Kopf und spähte durchs Fenster.
    Die Shorter Way Bridge war verschwunden.
    Sie hatte gewusst, dass sie nicht mehr da sein würde, als sie das harte, durchdringende Knacken gehört hatte. Die Brücke war kollabiert wie ein sterbender Stern bei einer Supernova.
    Charlie Manx ging mit flatternden Mantelschößen auf das Haus zu. In seinem verkniffenen, hässlichen Gesicht war keine Spur mehr von Belustigung zu sehen. Stattdessen sah er aus wie ein Stumpfsinniger, der etwas äußerst Unzivilisiertes tun wollte.
    V ic betrachtete die Treppe, aber sie wusste, wenn sie dort hinaufging, wäre sie im oberen Stockwerk gefangen. Blieb nur die Küche.
    Als sie durch die Schwingtür trat, stand der Junge direkt vor der Hintertür, das Gesicht gegen das kleine Fenster in ihrem Rahmen gepresst. Er grinste und entblößte dabei die dünnen, spitzen Widerhaken in seinem Mund. Sein Atem hinterließ silbrigen Raureif auf der Fensterscheibe.
    Das Telefon klingelte. V ic schrie auf, als hätte jemand sie gepackt. Sie drehte den Kopf und streifte mit dem Gesicht eine der vergilbten Luftschlangen, die von der Decke hingen.
    Nur dass es gar keine Luftschlange war. Es war Fliegenpapier, an dem Dutzende tote, vertrocknete Fliegenkörper hingen. V ic spürte, wie ihr die Galle hochkam. Es schmeckte so bitter wie ein schlecht gewordener Frappé aus Terry’s Restaurant.
    Wieder klingelte das Telefon. Sie ergriff den Hörer, aber bevor sie ihn abnahm, fiel ihr Blick auf die Kinderzeichnung über dem Telefon. Das Papier war trocken und brüchig und das Klebeband gelb. Es zeigte einen mit Buntstiften gemalten Wald aus Weihnachtsbäumen und den Mann namens Charlie Manx, der mit einer Weihnachtsmannmütze grinsend neben zwei kleinen Mädchen stand und spitze Reißzähne in seinem Mund entblößte. Die Kinder auf dem Bild ähnelten dem Ding auf dem Hinterhof, das einmal ein Kind gewesen war.
    V ic hob den Hörer ans Ohr.
    »Hilfe!«, rief sie. »Bitte, helfen Sie mir!«
    »Wo befinden Sie sich, Ma’am?«, fragte jemand mit einer kindlichen Stimme.
    »Das weiß ich nicht! Ich habe mich verirrt!«
    »Bei Ihnen steht bereits einer unserer Wagen. Er befindet sich in der Garage. Klettern Sie auf den Rücksitz, und unser Fahrer wird Sie ins Christmasland bringen.« Der

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