Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Christopher Ross, Clarissa – Im Herzen die Wildnis

Christopher Ross, Clarissa – Im Herzen die Wildnis

Titel: Christopher Ross, Clarissa – Im Herzen die Wildnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Ross
Vom Netzwerk:
leistete. Alle Pferde waren Schnee und Eis gewöhnt und bewegten sich zielstrebig und sicher. Der Wind, auf den Hügelkämmen böig und am Waldrand eher verhalten, hielt sich in Grenzen, und die Schneeflocken wirbelten nur noch vereinzelt vom Himmel herab. Die Luft war eisig kalt, und der Atem der Pferde gefror in dichten Wolken über ihren Köpfen. Ihre Hufe wirbelten losen Schnee auf, der in hauchdünnen Schleiern hinter ihnen über dem Boden hängen blieb.
    Am späten Nachmittag erreichten sie die Wagenstraße, auf der Alex und sie dem Mountie begegnet waren, und Clarissa zögerte unwillkürlich, griff dem Schecken sogar in die Zügel und blieb stehen. Die Chance, anderen Reisenden zu begegnen, vielleicht sogar einem Polizisten, und dem Gesetz in die Hände zu fallen, war hier riesengroß, und sie wäre am liebsten wieder umgekehrt und in die Berge zurückgegangen. Selbst wenn der Rancher ihr wohlgesinnt war und ihr seinen Schutz anbot, würde er nicht verhindern können, dass die Polizei sie festnahm und ins Gefängnis warf, falls man sie erkannte.
    »Was ist?«, fragte Flagler. »Schon müde?«
    »Ist das die Wagenstraße nach Williams Lake?«
    »Ich hoffe es«, antwortete der Rancher. »Wenn nicht, hätten wir nämlich ein Problem. Das heißt, eigentlich führt die Straße an Williams Lake vorbei, weil das Roadhouse eines bekannten Mannes, der wohl als Politiker groß herauskommen will, weiter östlich steht und der Mistkerl es fertigbrachte, die Straßenbauer zu einem kleinen Umweg zu bewegen. Mit Geld lässt sich vieles bewerkstelligen, das war in Texas nicht anders. Jetzt verdient der Roadhouse-Besitzer noch mal so viel, und Williams Lake schaut in die Röhre.« Er trieb sein Pferd auf die Wagenstraße. »Wollen Sie dort festfrieren, Clara?«
    Clarissa trieb ihren Schecken auf die Straße und rang sich ein müdes Lächeln ab. »Ich bin nur ein wenig erschöpft, Jimmy. Sieht so aus, als müsste ich mich erst an die Reiterei gewöhnen. Mit dem Schlitten war es einfacher.«
    »Und wo haben Sie das Hundeschlitten-Fahren gelernt?«
    »Bei einem Fallensteller.«
    »Dem aufdringlichen Liebhaber?«
    »Nein, aber …«
    »… Über den möchten Sie jetzt nicht reden. Kann ich gut verstehen. Was meinen Sie, wie lange ich nicht über meine Carmen reden konnte? Ich hatte immer Angst, dass sich die Leute über mich lustig machen könnten. Hinter meinem Rücken haben sie es natürlich getan, aber wenn ich was gesagt hätte, wäre ich erst recht ihrem Spott ausgesetzt gewesen. Inzwischen weiß ich auch, warum. Ich glaube es jedenfalls zu wissen. Die wenigsten Menschen haben das Glück, die wahre Liebe zu erleben, und gönnen sie deshalb auch anderen nicht. Sie lachen nur, wenn jemand so liebt wie ich meine Carmen.«
    »Ich lache Sie bestimmt nicht aus, Jimmy.«
    Ganz bestimmt nicht, dachte sie, denn wenn nicht ein Wunder geschieht, ergeht es mir vielleicht wie dem Rancher, und ich werde Alex niemals wiedersehen und mein Leben lang daran denken, wie sehr ich ihn geliebt habe, und welches Glück mir damals entgangen ist. Alex würde niemals fremdgehen, mit einem leichten Mädchen vielleicht, wenn er zu viel getrunken hat, aber niemals mit einer anständigen Frau. Aber er könnte im Gefängnis landen und mich aus den Augen verlieren oder glauben, dass ich inzwischen woanders mein Glück gefunden habe. Oder Frank Whittler band ihm aus lauter Gemeinheit einen Bären auf und erzählte ihm sonst was über sie.
    Von Norden näherte sich ein Hundeschlitten. Der Rancher sah ihn zuerst und bedeutete Clarissa und seinen Cowboys, an den rechten Straßenrand zu reiten, um ihn vorbeizulassen. »Die Pferde scheuen manchmal vor den Hunden«, erklärte er ihr. Mit lauten Anfeuerungsrufen näherte sich der Musher, ein Postreiter, wie sie schon bald erkannte. »Hey, das ist Pete Colfax der Postreiter«, erkannte auch Flagler. »Hey, Pete«, rief er, »nicht so stürmisch!«
    »Whoaa!« Der Postreiter bremste den Schlitten und kam dicht neben dem Rancher zum Stehen. »Jimmy Flagler! Ich hätte Sie beinahe nicht erkannt.« Er starrte Clarissa an und griff sich respektvoll an seine Schirmmütze. »Gute Abend allerseits. Träum ich, oder hast du dir eine Frau mitgebracht, Jimmy?«
    Der Rancher lachte. »Du weißt doch, dass ich seit dreißig Jahren auf einen Brief von Carmen warte. Ich hab ihr meine Adresse nach San Antonio geschickt … Postlagernd. Falls sie sich doch noch anders besinnt.« Er beruhigte seinen Wallach, der vor einem Husky

Weitere Kostenlose Bücher