Christopher Ross, Clarissa – Im Herzen die Wildnis
großartig, Clarissa, das ist wunderbar! Sie sind unbezahlbar! Sieht ganz so aus, als hätte mit Ihnen eine neue Ära auf der Yellow Rose begonnen. Wie wär’s mit ein paar Schokokeksen zum Lunch? Wie ich sehe, hatten Sie vor lauter Verhandeln keine Zeit, was herzurichten.«
»Entweder das eine oder das andere«, erwiderte sie. »Dafür habe ich Ihr Zimmer aufgeräumt und die schmutzige Wäsche gewaschen, ist das nichts?«
»Ein Grund mehr, mal rauszukommen. Ziehen Sie den neuen Reitrock und Ihre Stiefel an, dann sehen wir uns die Ranch an. Ich schmiere uns inzwischen zwei Sandwiches, das musste ich bisher auch. Mit Wurst und Käse?«
»Und sauren Gurken«, ergänzte sie lachend.
Zehn Minuten später war sie fertig und stieg auf den Schecken, den Flagler für sie gesattelt hatte. Die Sandwiches, üppig belegt und mit etwas zu viel Butter, aßen sie unterwegs. In dem ledernen Reitrock saß sie wesentlich lockerer und ruhiger im Sattel, und mit dem Temperament des Schecken war sie inzwischen so vertraut, dass er sie kaum noch überraschen konnte. Sie hatte längst gemerkt, dass man sich beim Reiten auf keinen Fall verkrampfen durfte. Es war ähnlich wie beim Lenken eines Hundeschlittens: Wenn man auf einer Wellenlänge mit den Tieren lag und ihre Sprache zu verstehen schien, kam man am besten voran.
Flagler folgte dem Trail, den er am Morgen geritten war. Da es seitdem nicht geschneit hatte, waren die Spuren seines Pferdes deutlich zu sehen. Er saß vollkommen entspannt im Sattel, eine Hand an den Zügeln, die andere locker herabhängend, und schien sich auf einem Pferderücken wohler zu fühlen als auf seinen eigenen Beinen. Seinen Stetson hatte er tief in die Stirn gezogen, ähnlich wie Clarissa, die Sams alten Stetson bekommen hatte und darin wie ein erfahrenes Cowgirl aussah. Die Reiterei gefiel ihr, wenn sie sich auf dem Trittbrett eines Hundeschlittens auch mehr zu Hause fühlte und immer noch ein wenig unsicher war, wenn Pinto zur Seite ausbrach oder neben einem Gestrüpp stehen blieb und nach grünen Schösslingen suchte. Aber noch hatte der Winter das Land fest in seinen Klauen, und es würde wohl noch einige Zeit dauern, bis das Tauwetter einsetzte und der Frühling begann.
Über die Hügel jenseits des zugefrorenen Baches und an dem Waldrand entlang, wo sie Bones gesehen hatte, ritten sie in einem stetigen Trab nach Nordwesten. Wo der Schnee nicht so hoch lag, ließ Flagler seinen Wallach in den rhythmischen Trab fallen, den die meisten Rinderleute bevorzugten, und nickte anerkennend, als Clarissa ihren Schecken in die gleiche Gangart fallen ließ. Pinto trabte nicht so gleichmäßig wie der Wallach des Ranchers, er ließ sich leichter ablenken und fiel stellenweise in einen leichten Galopp. Dafür gehorchte er ihr aber wesentlich besser als am Anfang und nahm sofort den Kopf hoch, wenn er wieder mal eine Pause einlegen wollte und sie an den Zügeln zog.
Die Winterweide lag in einer tiefen Senke, nach Norden war sie durch hohe Felswände und in alle anderen Richtungen durch steile Hänge und ausgedehnte Wälder geschützt. Clarissa und der Rancher erreichten sie durch einen Hohlweg und über einen vereisten Hügelkamm, auf dem Pinto ins Rutschen geriet und unwillig wieherte, bis er wieder festen Boden unter die Hufe bekam.
Flagler griff nach ihren Zügeln und half ihr, den nervösen Schecken zu beruhigen. » Easy, Pinto!«, rief er. »Oder willst du heute Schlittschuh fahren?«
Sie hielten auf dem verschneiten Hang und blickten in die Senke hinab. Ungefähr hundert Rinder, die meisten braun oder braun und weiß gefleckt, weideten meist dicht bei der Felswand und suchten unter dem Schnee nach dem letzten Gras. Einige Kühe, mehrere trächtig, hielten sich an das Heu, das Ted und Rocky unter einem giebelförmigen Schutzdach aus Fichtenstämmen gestapelt hatten. Clarissa und den Rancher schienen sie nicht zu bemerken.
»Die perfekte Winterweide«, erklärte Flagler, »nach allen Seiten gegen den Wind geschützt, und der Schnee liegt lange nicht so hoch wie anderswo. Selbst in strengen Wintern finden die Tiere hier noch Gras. Auf anderen Ranches müssen sie mit mehr Heu nachhelfen. Sehen Sie die trächtigen Kühe? Die Kälber sind bald fällig. Die Cowboys und ich werden jetzt wohl jeden Tag hier draußen sein, um ihnen helfen zu können, wenn was schiefläuft. Sobald der Frühling kommt und das Gras auf der Sommerweide einigermaßen hoch steht, treiben wir die Rinder zurück und fangen mit dem
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