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Christopher Ross, Clarissa – Im Herzen die Wildnis

Christopher Ross, Clarissa – Im Herzen die Wildnis

Titel: Christopher Ross, Clarissa – Im Herzen die Wildnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Ross
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Angst, war aber ebenso rücksichtsvoll wie sie und erwähnte den Fallensteller mit keinem Wort. Selbst als sie eines Abends nach dem Essen am Fenster stand und nachdenklich in die Ferne blickte, schwieg er beharrlich.
    Die Arbeit auf der Yellow Rose Ranch und das Gefühl, zumindest für die nächsten Monate ein wirkliches Zuhause gefunden zu haben, erleichterten Clarissa den Umgang mit ihren Gefühlen und die bittere Erkenntnis, in eine ungewisse Zukunft zu gehen. Wie Flagler stürzte auch sie sich in den Alltag, erledigte die Hausarbeit, nähte sogar neue Vorhänge für das Wohnzimmer und wurde eine immer bessere Köchin. Sogar Pokern lernte sie, als sie eines Abends mit Flagler und den Cowboys am Tisch saß. Auch wenn Ted und besonders Rocky nicht viel Worte machten, verstand sie sich auch mit ihnen immer besser und gab ihnen sogar gute Ratschläge, wenn sie samstags in die Stadt fuhren, um einen Teil ihres kargen Lohns im Saloon auszugeben. »Irgendwann musst du Rose eine Entscheidung abringen«, sagte sie zu Ted. »Wenn sie dich wirklich liebt, gibt sie sich auch mit einem einfachen Cowboys zufrieden.« Zu Rocky sagte sie nur: »Trink nicht so viel, Rocky!« Wie eine Mutter kam sie sich bei diesen Worten vor und lachte über sich selbst.
    Auch dem Rancher gegenüber gebrauchte sie inzwischen die vertraute Anrede. »Meinst du, die beiden nehmen mir die guten Ratschläge krumm?«
    »Die brauchen das«, antwortete Flagler lächelnd.
    Inzwischen war Clarissa eine noch bessere Reiterin geworden und half auch bei der Arbeit mit den Rindern. Sie jagte versprengte Tiere mit ihrem zusammengerollten Lasso aus dem Gestrüpp, trieb herumirrende Kälber zu ihren Müttern zurück und übte jeden Abend mit dem Lasso. Erst nach einem Monat unablässigen Übens gelang es ihr, die Schlinge zumindest bei jedem zweiten oder dritten Wurf über einen in den Boden gerammten Balken fallen zu lassen. Bei den durchgehenden Rindern, die ständig in Bewegung waren, tat sie sich etwas schwerer, war aber auch dort bald erfolgreich, obwohl sie die Kunst des Lassowerfens niemals so perfekt wie Ted und Rocky beherrschen würde. Auch Flagler war mit dem Lasso noch ein wahrer Meister.
    Half sie während des Winters und im beginnenden Frühjahr nur gelegentlich bei der Arbeit mit den Rindern, war beim Roundup ihr voller Einsatz gefragt. Obwohl der Rancher nur etwas mehr als hundertfünfzig Rinder besaß, die Longhorns eingerechnet, dauerte es mehrere Tage, die zum Teil verstreuten Rinder zum großen Lagerfeuer auf der Sommerweide zu treiben.
    Clarissa arbeitete mit Flagler zusammen, half ihm dabei, einige störrische Kühe aus einer tiefen Talsenke zu treiben, und ritt noch mal zurück, um sich zu vergewissern, dass es keine Nachzügler gab. »Sei vorsichtig!«, rief ihr Flagler nach. »Und lass die Longhorns in Ruhe! Die schaffst du nicht allein!«
    Clarissa hatte nicht die Absicht, sich mit Old Gabe oder einem der anderen langhörnigen Rinder anzulegen, glaubte aber, einige Herefords in einer nahen Senke gesehen zu haben. Sie hatte sich wohl geirrt, denn als sie die Senke erreichte, war dort lediglich ein Kaninchen, das sie erschrocken anstarrte und dann mit raschen Zickzacksprüngen im Wald verschwand.
    Sie wendete lachend ihren Schecken und sah sich plötzlich Old Gabe gegenüber, der seinen Kühen vorausgewandert war und ihr den Weg verstellte. Sie wollte zur Seite ausweichen und riss an den Zügeln, verlor dabei das Gleichgewicht und stürzte ins Gras. Pinto brachte sich mit einigen Galoppsprüngen in Sicherheit. »Jimmy!«, rief sie verzweifelt. »Jimmy! Hilf mir!«
    Sie hatte inzwischen gelernt, dass ein Longhorn-Bulle vor allem dann angriff, wenn ein Mensch zu Fuß unterwegs war, und stemmte sich ächzend vom Boden hoch. Zum Glück hatte sie sich bei dem Sturz nicht verletzt, aber um wegzulaufen war es zu spät, und Pinto war nicht so gut trainiert, dass er umdrehen und ihr zu Hilfe eilen würde. Mit Schrecken beobachtete sie, wie Old Gabe sie mit geröteten Augen anstarrte und angriffslustig mit den Hufen scharrte.
    »Jimmy!«, rief sie wieder. Es gab keinen Felsbrocken und keinen Baum, nicht mal ein Gestrüpp, hinter dem sie in Deckung gehen konnte. »Hilf mir!«
    Old Gabe scharrte erneut mit den Hufen und senkte bereits den Kopf mit den mächtigen Hörnern, als Flagler auf seinem Wallach über die Hügel heranpreschte. In Sekundenschnelle hatte er die bedrohliche Situation erfasst. »Gib mir deine Hand!«, rief er schon von Weitem. Sie

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