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Christopher Ross, Clarissa – Im Herzen die Wildnis

Christopher Ross, Clarissa – Im Herzen die Wildnis

Titel: Christopher Ross, Clarissa – Im Herzen die Wildnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Ross
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Roundup an. Wir zählen die Rinder, lassen sie impfen, bränden die Kälber und sortieren die fettesten für den Treck nach Süden aus. In Lytton gibt es mehrere Viehhändler.«
    Sie ritten durch die Senke und hielten auf den Wald im Nordwesten zu. Aus der Nähe betrachtet, wirkten die Rinder noch stämmiger und klobiger. Clarissa hatte keine Angst vor ihnen, sie fühlte sich sogar wohl in ihrer Gegenwart und konnte sich gut vorstellen, wie stolz der Rancher auf seine Herde war.
    »Hereford-Rinder«, sagte er, »die haben sie jetzt sogar in Texas. Widerstandsfähige Biester, die mit jedem Wetter zurechtkommen und gutes Fleisch bringen. Wesentlich leichter zu halten als texanische Longhorns.« Er lächelte stolz. »Obwohl ein eingefleischter Texaner wie ich nicht ohne die langhornigen Teufel auskommt. Kommen Sie … Ich zeige Ihnen meine kleine Herde.«
    Sie ritten durch den Wald und erreichten eine weitere Senke, lange nicht so groß wie die erste, aber noch geschützter und fast ohne Schnee. Die Fichten, die hier besonders dicht standen, und einige Felsen, die noch höher als die Bäume aus dem Boden ragten, hielten den Wind und die Flocken ab.
    »Na, was sagen Sie jetzt?«, fragte Flagler, als sie sich den ungefähr zwanzig Longhorns näherte. »Haben Sie schon mal solche Prachtexemplare gesehen? So was gibt’s in ganz Texas nicht mehr, und wenn ich ehrlich bin, bringen mir die Biester auch keinen Penny. Aber irgendwas, das mich an Texas erinnert, brauche ich.« Er wurde nachdenklich und dachte wohl zum ersten Mal, seit sie losgeritten waren, wieder an Carmen. Verstohlen wischte er sich eine Träne aus den Augen. »Sehen Sie den Bullen mit den besonders langen Hörnern?«, fuhr er betont fröhlich fort. »Das ist Old Gabe, ein gemeiner alter Bulle, wie er nur aus Texas kommen kann. Halten Sie sich von ihm fern. Wenn der mal schlecht gelaunt ist, geht er auf seine eigenen Kühe los!«
    Clarissa betrachtete die Longhorns aus respektvoller Entfernung. Sie hatte solche Rinder noch nie gesehen, sie waren nicht so fett wie die Herefords, eher drahtig und muskulös und mit weit ausladenden Hörnern, die jedem anderen Lebewesen gefährlich werden konnten. Old Gabe war leicht zu erkennen. Er war der einzige Bulle, größer und kräftiger als sein Harem und mit den längsten Hörnern, die sie jemals bei einem Rind gesehen hatte. Selbst aus der Entfernung erkannte sie seinen feindseligen Blick und wie er mit den Hufen scharrte.
    Auf dem Rückweg begegneten sie Ted und Rocky, die einige versprengte Jungrinder zur Herde zurückgetrieben hatten und bester Laune waren. Bei ihrem Anblick musste sie unwillkürlich an das bevorstehende Abendessen denken.
    »Rühreier mit Bratkartoffeln und Schinken?«, fragte sie.
    »Klingt gut«, antwortete Ted.

35
    Im Frühjahr erwachte das Land zu neuem Leben. Die Sonne trieb den Wintergeist nach Norden zurück, und der Schnee verschwand wie durch Zauberhand von den Bäumen und dem hügeligen Grasland. Knirschend brach das Eis auf den Flüssen und Bächen und taumelte mit der Strömung nach Süden davon. An den Bäumen wuchsen neue Schösslinge, und die Hügel und Täler waren schon bald mit tiefgrünem Gras und bunten Wildblumen überzogen.
    Seitdem der Brief gekommen war, hatte Flager seine Carmen nicht mehr erwähnt. Als wären mit ihrem Tod auch die Erinnerung an die wenigen glücklichen Monate und die Sehnsucht nach ihr gestorben. Er arbeitete härter als sonst und gab sich betont fröhlich, aber selbst die Cowboys merkten, wie sehr er litt, und allen war klar, dass es eine ganze Weile dauern würde, bis er wieder befreit durchatmen konnte. Clarissa, aber auch Ted und Rocky hüteten sich, Carmen und den Brief zu erwähnen, sie hatten Angst, er könnte sich dem Schmerz unterwerfen und trübsinnig werden. Hatte er früher ständig von Carmen erzählt, um sie wenigstens in der Erinnerung an seiner Seite zu behalten, schwieg er jetzt umso beharrlicher, anscheinend fest entschlossen, sie für immer aus seinen Gedanken zu verbannen.
    Die starken Gefühle, die ihn über den Tod hinaus an seine geliebte Mexikanerin banden, ließen den Rancher in ihrer Hochachtung steigen, aber sie machten ihr auch Angst. Falls Alex wirklich tot war oder aus anderen Gründen nicht mehr auftauchte, ging es ihr vielleicht genauso, und ihr blieb nichts anderes übrig, als die Flucht in die Arbeit und sich woanders eine Bestätigung zu suchen, um nicht von ihren Gefühlen überwältigt zu werden. Flager spürte ihre

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