Christopher Ross, Clarissa – Im Herzen die Wildnis
Fallensteller?«
»Aufhören, habe ich gesagt!«, fuhr der Vormann den Holzfäller an. »Und du gehst zurück an deine Arbeit, Colby, sonst sorge ich dafür, dass man dir die Hälfte vom Lohn abzieht! Oder brauchst du ’ne schriftliche Einladung?«
Colby schien ihn gar nicht zu hören. Sein Blick war unverwandt auf Alex gerichtet, und er sagte: »Wenn du nur ein bisschen Mumm in der Hose hast, kommst du heute Abend in den Saloon, da können wir klären, wer von uns beiden der Stärkere ist.« Er blieb einen Augenblick in unveränderter Haltung stehen, als wäre er noch immer bereit, sich hier und jetzt zu prügeln, hob dann seine Axt auf und bahnte sich wütend einen Weg durch die anderen Holzfäller. »Was gibt es da zu glotzen?«, fuhr er sie an! »Verpisst euch gefälligst!«
Der Vormann wartete, bis alle wieder an die Arbeit gegangen waren, und wandte sich an Clarissa und Alex. »Colby ist ein guter Arbeiter und die meiste Zeit ein lieber Kerl, aber manchmal gehen die Pferde mit ihm durch, und es gibt Ärger. Tut mir leid, wenn er Sie beleidigt haben sollte, Miss.« Er tippte an seine Hutkrempe. »Ich bin C. W., der Vormann in diesem Lager, und so was wie ein Polizist in der Stadt unten. Mein Abzeichen hab ich von der Holzfirma. Wir haben keine offizielle Polizei in Beaver Creek. Wenn Sie dort zu tun haben, würde ich Ihnen empfehlen, sofort weiterzufahren. Und keine Angst, Miss, nicht alle Männer in Beaver Creek sind wie Colby. Wir wissen schon zwischen einer Lady und einem leichten Mädchen zu unterscheiden.«
Alex ging zum Schlitten zurück. »Das weiß ich, C. W.«
Unter den neugierigen Blicken der Holzfäller, die sich noch immer keinen Reim darauf machen konnten, was eine anständige Lady in einem verkommenen Kaff wie Beaver Creek zu suchen haben könnte, lenkte Alex den Schlitten ins Tal hinab. Auch die Hunde schienen froh zu sein, die bedrohliche Ansammlung von Zweibeinern hinter sich lassen zu können. Vorbei am Holzfällerlager und eine Meile am Ufer des zugefrorenen Baches entlang, der Beaver Creek seinen Namen gegeben hatte, erreichten sie die kleine Stadt.
Beaver Creek war noch schäbiger, als Clarissa befürchtet hatte. Zu beiden Seiten einer breiten Straße erhoben sich Blockhäuser und Bretterhütten, darunter der Lumberjack Saloon, eines der wenigen zweistöckigen Gebäude der Stadt, der Bird Cage mit seinen verhängten Fenstern, ein Gemischtwarenladen, eine Futterhandlung und eine Schmiede. Vor den Gebäuden verliefen Plankenwege, und vom Saloon zum Gemischtwarenladen gegenüber hatte man Bretter über die schlammbedeckte Straße gelegt. Die riesigen Fichten, die bereits dicht hinter den Häusern in den Himmel wuchsen, hielten das wenige Licht ab und ließen die Stadt noch einsamer und kälter erscheinen. Menschen waren kaum zu sehen, ein Betrunkener, der aus dem Saloon getorkelt kam, und ein Ladenbesitzer, der auf den behelfsmäßigen Gehsteig getreten war und ihnen neugierig nachblickte. Zwischen den Häusern tummelten sich ein paar Hunde, vor einem der Blockhäuser lagen Huskys und stellten misstrauisch die Ohren auf, als Alex den Schlitten die Straße hinablenkte.
»Vielleicht ist Beaver Creek doch nicht die richtige Stadt für mich«, sagte Clarissa. Der Anblick der trostlosen Siedlung schlug ihr auf den Magen. »Ich weiß nicht, ob ich den ganzen Winter in diesem Nest aushalte.«
»Die Männer sind nicht so wild, wie es den Anschein hat.«
»Und du? Willst du dich wirklich mit diesem Colby prügeln?«
»Colby ist ein Riesenbaby. Ein Aufschneider.«
»Du gehst nicht in den Saloon, versprich es mir.«
»Vielleicht auf ein Bier … Mehr nicht.«
Sie fuhren am Büro des Polizisten und am Blockhaus der Cascade Lumber Company vorbei, der Gesellschaft, die das Land von der Regierung gepachtet und die Genehmigung zur Abholzung bekommen hatte, wie Clarissa schon sehr bald erfuhr. In der Tür stand ein beleibter Mann in einem dicken Büffelfellmantel, eine kalte Zigarre im Mund. Alex kannte ihn wohl von einem seiner früheren Besuche und winkte ihm freundlich zu. »Ben Cook«, erklärte er, »ihm gehört die Cascade Lumber Company. Ein umgänglicher Bursche für einen Boss und freundlich zu den Holzfällern. Jeden Freitag spendiert er ihnen eine Runde im Saloon. Seine Methode, sie bei Laune zu halten. Vor einem halben Jahr hab ich ihm einen Teil meiner Pelze verkauft. Er versteht was von Geschäften, egal, ob es um Holz oder Pelze oder sonst was geht.«
»Das tun die Whittlers
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