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Chronik der dunklen Wälder - Schamanenfluch: Band 4 (German Edition)

Chronik der dunklen Wälder - Schamanenfluch: Band 4 (German Edition)

Titel: Chronik der dunklen Wälder - Schamanenfluch: Band 4 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Paver
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unnützes Gerede hat auch noch keinem geholfen«, ließ sich Fin-Kedinn vernehmen, der hinter Bale auftauchte.
    Saeunn deutete mit dem Finger auf Renn. »Sie behauptet, dass sie Zeichen sieht.«
    Renn warf trotzig den Kopf zurück. Sie war keineswegs bereit, mit Fin-Kedinn darüber zu reden, von Bale ganz zu schweigen.
    »Welche Zeichen?«, fragte Fin-Kedinn, ließ sich am Ufer nieder und forderte Bale mit einer Handbewegung auf, sich ebenfalls zu setzen.
    Nervös bohrte Renn mit dem Finger ein Loch in ihr Beinleder. »Er hat deine Axt genommen und aus meinem Medizinbeutel den Kiesel, den er mir im letzten Sommer gegeben hat. Außerdem ist seine Seele in den Elch gewechselt und er – er hat mich angegriffen.«
    »Das glaub ich nie und nimmer«, widersprach Bale.
    »Ich hab’s mir ganz bestimmt nicht ausgedacht«, fuhr Renn auf.
    »Dieser Kiesel«, fiel ihr Saeunn ins Wort. »Warum hast du mir nichts davon erzählt?«
    »Wozu denn?«, murrte Renn.
    »Erzähl es mir jetzt«, sagte die Rabenschamanin.
    Renn schluckte. »Er hat sein Zeichen darauf gemalt. Mit Erlenblut.«
    »Sein Zeichen? Du meinst seine Clantätowierung?«
    »Bis hin zur Narbe auf der Wange.«
    »Ah«, hauchte die Rabenschamanin unheilvoll.
    Renn überkam plötzlich leises Unbehagen. »Ich … ich habe den Stein an einem sicheren Versteck aufbewahrt. Aber beim Sippentreffen hat er ihn mitgenommen.« Und ich weiß auch ganz genau, warum, dachte sie betrübt. Er wollte mir damit sagen, dass er nicht mehr zurückkommt.
    Abermals stöhnte Saeunn düster auf, ergriff dann einen der weißen Steine und drehte ihn zwischen ihren Fingern. »Das erklärt alles.«
    »Wie meinst du das?«, fragte Renn.
    Die Rabenschamanin beugte sich so dicht zu ihr, dass Renn die Speichelfäden im zahnlosen Mund der Alten erkennen konnte. »Der Ausgestoßene«, sagte die Schamanin, »ist der Seelenkrankheit zum Opfer gefallen.«
    Stille trat ein, dann platzte es gleichzeitig aus Renn und Bale heraus.
    »Was bedeutet das?«
    »Hängt es mit dem Zeichen der Seelenesser zusammen?«, fragte Renn. »Hat er versucht, es sich herauszuschneiden, und es hat nicht gewirkt und ihn krank gemacht?«
    »Mit dem Zeichen?«, schnaubte Saeunn verächtlich. »O nein! Seelen können auch ohne Tätowierung krank werden, nicht anders als Körper! Sie fallen Dämonen und Beschwörungen anheim.«
    Sie schüttete drei kleine, gesprenkelte Knochen aus ihrem Medizinbeutel auf den schwarzen Boden und strich mit dem knotigen Zeigefinger über den ersten Stein. »Wenn deine Namensseele krank ist, vergisst du, wer du bist. Du wirst zu einem Geist.« Sie berührte den zweiten. »Wenn der Wurm deine Clanseele benagt, kannst du nicht mehr zwischen Gut und Böse unterscheiden.« Die hornige Kralle wanderte zum letzten Knochen. »Wenn deine Weltseele gelähmt ist, verlierst du die Verbindung zu anderen Lebewesen – zu Jäger, Beute und Wald. Du wirst zu einem Verlorenen.« Sie drehte den Handteller, und der herabfallende Stein berührte den Knochen der Weltseele, der wie etwas Lebendiges hochsprang. »Wenn sein Namenskiesel in falsche Hände gerät…«
    Renn schloss die Augen.
    Bale sagte: »Ich glaube das alles nicht. Torak ist nicht krank, sondern wütend. Mir ginge es an seiner Stelle ebenso, wenn ich für etwas, das ich nicht getan habe, ausgestoßen würde.«
    Saeunn sträubte sich wie ein zorniger Rabe, doch Fin-Kedinn sagte beschwichtigend: »Ich glaube, Saeunn spricht die Wahrheit. Toraks Seele ist krank. Aber wer hat ihm das angetan? Welcher der drei?«
    »Du meinst die Seelenesser?«, sagte Renn.
    »Drei haben den Kampf im Eis überlebt«, fuhr Fin-Kedinn fort, ohne ihre Frage zu beantworten. »Thiazzi. Eostra. Und Seshru. Beim Sippentreffen habe ich mit vielen Bewohnern des Waldes gesprochen und herauszufinden versucht, wohin sie sich zurückgezogen haben könnten. Niemand hatte eine Spur von ihnen gesehen.« Er legte eine Pause ein. »Dennoch scheint mir die Art und Weise, wie wir Toraks Tätowierung entdeckt haben oder wie seine Seele in den Elch überwechselte, darauf hinzudeuten, dass hier ein einzelner Geist am Werk ist.«
    Saeunn nickte beifällig. »Ein einzelner Geist, aber welcher ? Ich habe seit Tagen gefastet und die Knochen befragt. Eichenschamane und Adlereulenschamanin scheinen sich in der Ferne zu befinden. Diejenige, die im Wald ihr Unwesen treibt und den Ausgestoßenen in ihre Nähe lockt – ist Seshru, die Natternschamanin.«
    Fin-Kedinn neigte zustimmend den Kopf, während

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