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Chronik der dunklen Wälder - Schamanenfluch: Band 4 (German Edition)

Chronik der dunklen Wälder - Schamanenfluch: Band 4 (German Edition)

Titel: Chronik der dunklen Wälder - Schamanenfluch: Band 4 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Paver
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folgt ihm, während es langsam und zusehends erschöpft durch den Wald irrt. Die Natter ist geduldig. Sie wartet, bis das Opfer stürzt. Erst dann macht sie sich darüber her.
    Renn erwachte davon, dass Wasser auf dem Feuer zischte.
    Bale stand vor ihr, das tropfende Hautboot über der Schulter.
    Sie setzte sich auf. Dass Bale sie ausgerechnet beim Dösen erwischen musste, wurmte sie. »Ich dachte, du wärst auf deine Insel zurückgegangen«, sagte sie ungehalten.
    Bale überhörte die Bemerkung geflissentlich. »Ich habe mich geirrt und du hast recht gehabt. Toraks Seele ist krank. Allerdings steht es noch viel schlimmer um ihn, als wir vermutet haben.«

Kapitel 17

    »Aki war mehr tot als lebendig«, erzählte Bale. »Irgendwie hat er es geschafft, sich ans Ufer zu schleppen, dann ist er in einem Gebüsch zusammengebrochen. Der Wolfsclan hat ihn ein paar Tage später an der Stelle gefunden.«
    »Ein paar Tage später?«, fragte Renn. »Aber er war beinahe einen halben Mond verschwunden.«
    »Nein. Der Wolfsclan hat es bloß nicht für nötig gehalten, uns einen Boten zu schicken.«
    »Typisch«, stellte Renn erbost fest. »Was hat denn der Wolfsclan so weit im Norden verloren?«
    Bale verzog grimmig das Gesicht. »Sie sind Torak auf den Fersen. Angeblich ›um die Schmach ein für alle Mal auszulöschen‹.«
    Renn schüttelte den Kopf. »Haben sie gesagt, wohin seine Spur führt?«
    »Nach Osten. Sie haben seine Fährte im Schilf am Axtkopfsee verloren.«
    Renn überlief ein eisiger Schauer. »Am Axtkopfsee? Wieso ausgerechnet da?«
    Bale fegte die Frage mit einer ungeduldigen Handbewegung beiseite. »Verstehst du denn nicht, was das bedeutet? Torak hat Aki einfach seinem Schicksal überlassen.«
    »Vielleicht wusste er ja nicht, dass Aki dort war.«
    »Das wusste er ganz genau. Aki sagt, er hätte noch gesehen, wie Torak von der Uferböschung zu ihm heruntergeblickt hat. Dann ist er einfach weggegangen.« Bale rieb sich über das Gesicht. »Ich weiß, dass Aki ihn verfolgt hat, aber sich davonzumachen, wenn jemand in Lebensgefahr schwebt… Das sieht Torak überhaupt nicht ähnlich!«
    Renn blickte nachdenklich ins Feuer. Bale hatte recht. Aber warum um alles in der Welt war Torak bloß zum Axtkopfsee aufgebrochen? Dahinter musste ein Plan stecken, aber sie wurde einfach nicht schlau daraus. Das Einzige, was sie mit Sicherheit wusste, war, dass es weit und breit keinen Ort gab, den sie noch weniger gern aufsuchen würde als ausgerechnet den Axtkopfsee. Ihr Vater war seinerzeit am Ostufer des Sees ums Leben gekommen, und sie hatte sich geschworen, niemals dorthin zurückzukehren.
    Bale legte sein Boot auf den Boden und wand sich aus seiner Robbendarmjacke. »Du hast dich auch nach ihm auf die Suche gemacht, stimmt’s?«
    Renn gab keine Antwort.
    »Warum erst jetzt, wenn du vorher nichts unternommen hast?«
    »Da täuschst du dich.« Sie berichtete ihm von ihren Streifzügen durch den Wald.
    »Ich war auch nicht untätig«, verkündete er zu ihrer Überraschung.
    »Du? Ich dachte, du wärst mit den Seeadlern auf der Jagd gewesen.«
    Bale war richtig beleidigt. »Während Torak als Ausgestoßener um sein Überleben kämpft?«
    Nach kurzem Nachdenken sagte Renn: »Du weißt doch, dass wir damit das Clangesetz brechen, oder? Falls du irgendjemandem … «
    »Natürlich weiß ich das! Aber dasselbe gilt auch für dich.«
    Sie musterten einander misstrauisch. Schließlich sagte Bale: »Ich hab einen Fisch gefangen. Darf ich ihn an deinem Feuer braten?«
    Renn zuckte betont gleichgültig die Achseln.
    Die Brasse war besonders groß, und Bale bot ihr davon an, was sie zuerst ablehnte, kurz darauf aber doch annahm, als ihr der köstliche Bratgeruch in die Nase stieg. Sie gab ihm dafür etwas getrocknetes Fleisch und zeigte ihm, wie man es mit Wacholderbeeren und einer Paste aus Mark bestrich.
    Während sie aßen, unterhielten sie sich, waren aber beide auf der Hut. Bale erzählte ihr, dass er allerlei Kniffe angewandt und sein Boot mit Robbenfett und verbranntem Tang bestrichen hatte, um es auf die ungewohnte »Süßwassertortur« vorzubereiten, und Renn zeigte ihm die Bogenhülle aus Robbenfell, die sie im Hohen Norden geschenkt bekommen hatte. Was sie von Seshrus Plänen erraten hatte, verschwieg sie ihm allerdings wohlweislich. Bale war zwar Toraks Verwandter, doch sie kannte den Jungen kaum und wollte nicht, dass er ihr in die Quere kam, falls es zwischen ihr und der Natternschamanin zu einem Zweikampf der

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