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Chronik der dunklen Wälder - Seelenesser: Band 3 (German Edition)

Chronik der dunklen Wälder - Seelenesser: Band 3 (German Edition)

Titel: Chronik der dunklen Wälder - Seelenesser: Band 3 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Paver
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Gleitbaum, unter der verhassten Rehhaut, und ruckelte über das Weiche Weiße Kalt. Er sehnte sich nach dem anderen Jetzt, wo er wieder ein Welpe sein durfte und von Groß Schwanzlos gerettet wurde.
    Der Kopf tat ihm weh, er hatte sich im Schlaf übergeben, konnte sich aber nicht genug rühren, um seinen Pelz sauber zu lecken. Seine verletzte Pfote schmerzte. Der getretene Schwanz sogar noch mehr.
    Stinkfell kam heran und steckte ihm noch ein Stück Fleisch zu, das Wolf aber verschmähte. Weiter und immer weiter zogen sie, während das Hell schwand und aus dem Oben lauter Weiches Weißes Kalt rieselte.
    Irgendwann witterte Wolf, dass sie ins Revier eines fremden Rudels eingedrungen waren. Das bedeutete Gefahr.
    Das große bleichpelzige Männchen stapfte allein davon, und Wolf schöpfte wieder Hoffnung. Vielleicht war Bleichpelz ja so dumm, sich mit den Fremdwölfen anzulegen, und wurde totgebissen!
    Nach einer ganzen Weile kam Bleichpelz zurück – unversehrt. Er lächelte grausam und hatte ein Hirschfell dabei, in dem es zappelte und angstvoll fauchte. Es stank nach Vielfraß. Was hatte das zu bedeuten?
    Aber Wolf konnte sich nicht lange darüber wundern, denn er wurde wieder müde und sank in den Schlaf.
    Eine große Eule schrie und er wachte auf. Sein Pelz kribbelte vor Furcht, warum, wusste er nicht.
    Die Eule verstummte. Das machte es noch schlimmer.
    Wolf war jetzt hellwach. Als er geschlafen hatte, war das Dunkel gekommen und der Gleitbaum hatte angehalten. Die schlechten Schwanzlosen hockten ein paar Sprünge entfernt um das Helle-Tier-das-heiß-beißt. Wolf spürte, dass sie auf etwas warteten. Auf etwas Böses.
    Das fremde weiße Land lag windstill und ruhig da. Wolf witterte einen Hasen, der viele Sprünge weit weg Weidentriebe knabberte. Er hörte Lemminge in ihrem Bau scharren und das Große Weiße Kalt, das unermüdlich herabfiel, leise zischeln.
    Dann kam ein Schwanzlos angetappt. Wolfs Pfoten zuckten ungeduldig. War das etwa Groß Schwanzlos, der kam, um ihn zu retten?
    Diese Hoffnung zerschlug sich bald. Es war nicht sein Rudelgefährte. Es war ein Weibchen, das Wolf noch nie gewittert hatte. Sie gehörte aber zu dem schlechten Rudel, denn die anderen Schwanzlosen stellten sich auf die Hinterläufe, um sie zu begrüßen, als sie durch das zischelnde Weiß gehuscht kam. Sie fürchteten sich vor dem Neuankömmling, das spürte Wolf.
    Das Schwanzlosweibchen war groß und mager und das helle Fell hing ihr wie Würmer vom Kopf. Ihre Stimme klapperte wie abgenagte Knochen und sie roch nach Ohn-Hauch.
    Die anderen begrüßten sie leise in der Schwanzlossprache und versuchten, ihre Angst zu verbergen, aber Wolf witterte trotzdem, was los war. Sogar Bleichpelz hatte Angst. Wolf selber auch.
    Sie kam zu ihm herüber.
    Wolf machte sich ganz klein. Sein Geist ängstigte sich vor ihrem Geist.
    Sie kam näher. Wolf versuchte vergeblich, den Blick abzuwenden. An ihrem Gesicht war etwas ganz schrecklich verkehrt. Es war glatt wie Stein und bewegte sich überhaupt nicht, nicht mal die Schnauze krauste sich beim Sprechen. Statt Augen hatte sie Löcher.
    Wolf knurrte und wollte sich wegdrehen, aber die Rehhaut hielt ihn fest.
    Das fremde Weibchen beugte sich über ihn und ihr Ohn-Hauch-Geruch umhüllte ihn wie ein schwarzer Nebel aus tiefster Einsamkeit und Verlassenheit.
    Sie streckte bedächtig die Vorderpfote aus und hielt sie ihm vor die Schnauze. In der Pfote hielt sie etwas, das Wolf nicht erkennen konnte, aber es roch, als wäre es lange Zeit tief in der Erde vergraben gewesen. Es blinkte grau in ihrer hellen Pfote, und Wolf begriff mit der Gewissheit, die ihn manchmal überkam, dass das, was sie in der Pfote hielt, so wütend zuschnappen konnte wie das Helle-Tier-das-heiß-beißt. Nur dass dieses hier kalt war!
    Sein Knurren schlug in ängstliches Gewinsel um. Er schloss die Augen und stellte sich vor, wie Groß Schwanzlos durch das Weiche Weiße Kalt gestapft kam. Er kam, um Wolf zu retten, wie damals, als Wolf noch ein Welpe gewesen war.

Kapitel 11

    INUKTILUKS SCHLITTEN sauste westwärts und entfernte Torak und Renn immer weiter von ihrem Ziel. Man hörte nur die Hunde hecheln und die Kufen über den verharschten Schnee scharren, und manchmal schnappte Renn unwillkürlich nach Luft, wenn sich der Schlitten auf einem Hang zur Seite neigte und sie sich weit hinauslehnen mussten, damit sie nicht umkippten.
    »Du kannst uns nicht immerzu im Blick behalten«, wandte sich Torak an Inuktiluk, als sie an einem

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