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Chronik der dunklen Wälder - Seelenesser: Band 3 (German Edition)

Chronik der dunklen Wälder - Seelenesser: Band 3 (German Edition)

Titel: Chronik der dunklen Wälder - Seelenesser: Band 3 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Paver
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das ist kein Spiel!« Wolf lässt nicht locker. Torak verlangt in der Wolfssprache streng, dass er loslässt – und der Welpe gehorcht so prompt, dass Torak rücklings ins Wasser kippt. Wolf stürzt sich auf ihn, und dann plantschen sie herum und Torak muss lachen. Sein Vater ist und bleibt tot, aber Torak ist nicht mehr allein. Er hat jetzt einen Rudelgefährten.
    Als er sich aufrappelt, ist der Bach mit einem Mal zugefroren und der Winter herrscht über den Wald. Wolf ist inzwischen ausgewachsen und trabt zwischen den frostglitzernden Bäumen davon … und neben ihm geht Fa.
    »Kommt zurück!«, ruft Torak, aber der Nordwind trägt seine Stimme fort. Der Wind bläst so kräftig, dass Torak kaum stehen kann, aber Wolf und Fa kann er nichts anhaben. Kein Lüftchen lässt Fas langes schwarzes Haar wehen, kein Hauch spielt in Wolfs silbergrauem Fell.
    »Kommt zurück!«, ruft Torak flehend. Die beiden hören ihn nicht. Er muss ohnmächtig zusehen, wie sie entschwinden.
    Torak schrak hoch und war sofort hellwach. Vor Kummer war ihm die Brust ganz eng. Seine Wangen waren mit gefrorenen Tränen verkrustet.
    Er lag in seinen Schlafsack eingemummelt. Seine Kleider waren innen feucht und ihm war dermaßen kalt, dass er nicht mal mehr zitterte. Als er sich aufsetzte, merkte er, dass er nicht mehr in dem Schneeloch lag, sondern sich in einer aus Schneeblöcken errichteten Hütte befand. Auf einer flachen Steinlampe brannte mit niedriger rötlicher Flamme ein Batzen zerkleinerter Walfischspeck, darüber hing eine mit schmelzendem Eis gefüllte Robbenblase. Nach der Stille draußen zu schließen, war der Sturm vorüber. Der sonderbare Fremde war fort.
    »Ich habe furchtbar schlecht geträumt«, sagte Renn leise. Sie lag neben ihm. Ihr Gesicht war verschorft und voller Blasen, unter den Augen hatte sie dunkle Flecken.
    »Ich auch«, erwiderte Torak. Sein ganzes Gesicht fühlte sich wund an, sogar das Sprechen tat weh. »Ich habe geträumt, dass Wolf…«
    Der Fremde kam in die Hütte gekrochen. Er war eher klein und stämmig und sah in seiner Robbenfelljacke noch gedrungener aus. Als er die Kapuze abnahm, kam ein flaches, von kurzen schwarzen Haaren umrahmtes Gesicht zum Vorschein. Über der Stirn war das Haar gerade abgeschnitten, die Augen waren argwöhnische schwarze Schlitze. »Ihr kommt aus dem Fernen Süden«, sagte er vorwurfsvoll.
    »Und wer bist du?«, gab Torak zurück.
    »Inuktiluk vom Eisfuchsclan. Man hat mich ausgeschickt, euch zu suchen.«
    »Warum?«, fragte Renn.
    Der Eisfuchsmann schüttelte den Kopf. »Na so was! Eure Kleider sind ja tropfnass! Wisst ihr denn nicht, dass nicht der Schnee den Tod bringt, sondern die Nässe? Da! Zieht sofort eure Sachen aus und schlüpft hier rein.« Er warf ihnen zwei Fellbündel zu.
    Sie froren so jämmerlich, dass sie nicht widersprachen. Ihre Glieder waren steif und starr wie Holzstecken, und es dauerte ewig, bis sie sich ausgezogen hatten. Die Bündel entpuppten sich als Robbenfellschlafsäcke mit einem Innenfutter aus weichem, gefiedertem Vogelbalg und waren so warm, dass sich Torak und Renn im Nu neu belebt fühlten. Torak war allerdings etwas beunruhigt, dass der Eisfuchsmann wieder verschwunden war und ihre Kleider mitgenommen hatte. Jetzt waren sie ihm endgültig ausgeliefert.
    »Er hat uns was zu essen dagelassen.« Renn schnupperte an einem gefrorenen Streifen Robbenfleisch.
    Torak rutschte mitsamt seinem Schlafsack an die Wand und spähte durch eine Ritze nach draußen.
    Was er für das Dach des Schneelochs gehalten hatte, in dessen Schutz sie die Nacht verbracht hatten, war in Wirklichkeit ein großer Schlitten, der nun wieder richtig herum stand. Die Kufen waren aus Walkiefern, die Querstreben aus Rentiergeweih. Lauter miteinander verknotete und verschlungene breite Lederriemen waren daran befestigt. Die Riemen verschwanden in einem glatten weißen Hügel, kamen dahinter wieder zum Vorschein und verbanden auf diese Weise insgesamt fünf Hügel. Aus jedem kam eine kleine Dampfwolke.
    Inuktiluk pfiff und die Hügel verwandelten sich in sechs große Hunde. Sie gähnten, schüttelten den Schnee aus dem Fell und wedelten mit den Schwänzen. Inuktiluk musste immer wieder ihre Schnauzen wegschieben, als er die Geschirre entwirrte und nachsah, ob sie sich unterwegs am Eis die Pfoten zerschnitten hatten.
    Renn pulte sich mit dem Fingernagel eine Fleischfaser aus den Zähnen. »Der Streuner hat doch behauptet, irgendwelche Füchse würden uns verraten, wo wir das Auge der

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