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Chronik der dunklen Wälder - Seelenwanderer: Band 2 (German Edition)

Chronik der dunklen Wälder - Seelenwanderer: Band 2 (German Edition)

Titel: Chronik der dunklen Wälder - Seelenwanderer: Band 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Paver
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jedenfalls keiner, den sie hören konnte, doch sie trug die Pfeife immer bei sich. Wolf schien ihren Ton ausgezeichnet zu hören, was ihr sogar schon einmal das Leben gerettet hatte.
    Versuchsweise blies sie hinein.
    Nichts geschah.
    Wie auch? Wolf war weit fort im Gebirge.
    Sie fühlte sich einsam. Sie breitete ihren Schlafsack aus und rollte sich am Feuer zusammen.

    Renn erwachte mit der beunruhigenden Gewissheit, dass sie nicht allein war.
    Der Sturm hatte sich gelegt, doch es regnete immer noch in Strömen und das Wasser gurgelte durch unsichtbare Rinnen in den Höhlenwänden. Das Feuer glomm nur noch schwach. Dahinter, im dunklen Eingang der Höhle, sah sie einen schattenhaften Umriss.
    Sie setzte sich unbeholfen auf und tastete nach ihrer Axt.
    Die Gestalt war ziemlich groß, jedenfalls zu groß für ein Tokoroth. Ein Luchs? Womöglich ein Bär?
    Aber einen Bären hätte sie schnaufen hören. Außerdem würde er nicht unschlüssig am Eingang verweilen.
    Beruhigen konnte sie diese Überlegung allerdings auch nicht.
    »Wer ist da?«, fragte sie.
    Sie spürte den Eindringling eher auf sich zukommen, als dass sie ihn hörte. Er bewegte sich nahezu geräuschlos.
    Dann sah sie ein Augenpaar funkeln.
    Sie schrie auf.
    Der Eindringling wich erst zurück, dann trat er wieder in den schwachen Schein der Glut.
    Renn schnappte ungläubig nach Luft.
    Es war ein Wolf. Ein großes Tier mit dickem, vor Regen triefendem grauem Pelz. Es senkte witternd den Kopf und wirkte weder ängstlich noch angriffslustig, sondern einfach nur wachsam.
    Renn sah das dichte schwarze Nackenfell, die großen bernsteinfarbenen Augen.
    Die Augen …
    Nein, das war undenkbar.
    Zögernd ließ sie die Axt sinken.
    »Wolf?«

Kapitel 14

    »WOLF?«, wiederholte Renn.
    Der Wolf senkte den Schwanz und spitzte die Ohren, wedelte aber schwach. Er beobachtete sie gespannt, wich ihrem Blick jedoch aus, und er zitterte, ob vor Kälte, Furcht oder Angriffslust, konnte sie nicht einschätzen.
    Sie sprang auf. » Wolf! Ich bin es, Renn! Ach, Wolf, bist du’s wirklich?«
    Angesichts dieses Gefühlsausbruchs wich das Tier ein Stück zurück und stieß leise, jämmerliche Knurr- und Winsellaute aus.
    Renn konnte sich beim besten Willen nicht erinnern, wie Torak Wolf immer in seiner Sprache begrüßt hatte, darum ließ sie sich auf alle viere nieder, verzog den Mund zu einem Grinsen und suchte seinen Blick.
    Das schien auch nicht das Richtige zu sein. Das Tier wandte den Kopf ab und wich noch weiter zurück.
    War es etwa doch nicht Wolf? Renn hatte ihn nur als Welpen gekannt… war er denn so groß geworden? Von der Schnauze bis zur Schwanzspitze war er jetzt fast länger, als sie selbst maß, und wenn sie stand, reichte ihr sein Kopf bestimmt bis zum Nabel.
    Sein Welpenfell war flauschig und hellgrau mit schwarzen Sprenkeln auf dem Rücken gewesen. Jetzt war der üppige graue Pelz weiß, schwarz, silbern und fuchsrot gestromt. Andererseits waren wie damals vor allem die Schultern schwarz und die Bernsteinaugen waren eigentlich unverwechselbar.
    Direkt über ihnen krachte ein Donnerschlag.
    Renn zog den Kopf ein.
    Der Wolf jaulte auf und flitzte an ihr vorbei in die Höhle. Er legte die Ohren an und zitterte heftig.
    Jedenfalls ist er noch nicht ganz ausgewachsen, auch wenn es auf den ersten Blick so aussieht, dachte Renn. Er verhält sich immer noch ein wenig wie ein Welpe.
    »Ist schon gut«, sagte sie beschwichtigend. »Hier kann dir nichts passieren.«
    Er drehte ihr lauschend die Ohren zu.
    »Wolf? Du bist doch Wolf, oder?«
    Er legte den Kopf schief.
    Ihr kam ein Einfall. Sie öffnete ihren Vorratsbeutel und schüttete sich getrocknete Preiselbeeren in die hohle Hand. Als Welpe war Wolf darauf ganz versessen gewesen.
    Der Wolf näherte sich ihrer ausgestreckten Hand. Seine schwarze Nase zuckte. Dann schleckte er die Beeren behutsam auf.
    »Ach, Wolf!«, rief Renn. »Du bist es tatsächlich!«
    Er machte einen großen Satz rückwärts. Sie hatte ihn erschreckt.
    Sie kippte sich noch mehr Preiselbeeren in die Hand und redete ihm gut zu. Schließlich kam er wieder angetappt und verputzte die Leckerei. Dann knabberte er neugierig an ihrem Fingerschutz. Um ihn abzulenken, legte sie einen Lachsfladen auf den Boden. Wie früher stupste er den Fladen erst mit der Pfote an, bevor er ihn mit einem einzigen Happs verschlang.
    Dieser Vorgang wiederholte sich noch vier Mal, dann waren Renns letzte Zweifel gewichen. Der Welpe von früher hatte Lachsfladen nie widerstehen

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