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Chronik der dunklen Wälder - Seelenwanderer: Band 2 (German Edition)

Chronik der dunklen Wälder - Seelenwanderer: Band 2 (German Edition)

Titel: Chronik der dunklen Wälder - Seelenwanderer: Band 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Paver
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dient so ein Tokoroth? Wozu sollte jemand überhaupt eines erschaffen?«
    »Damit es seine Befehle ausführt. Sich in fremde Hütten schleicht. Stiehlt. Andere verstümmelt. Angst und Schrecken verbreitet. Was glaubst du wohl, weshalb Fin-Kedinn jeden Abend Wachen aufstellt?«
    »Heißt das etwa… es ist eines in unserem Lager?«
    »Seit uns die Krankheit heimsucht. Wir wissen nur nicht, warum.«
    Renn überlegte. »Du meinst, dass womöglich das Tokoroth die Krankheit verursacht?«
    »Ein Tokoroth handelt nur auf Befehl.«
    »Die Seelenesser.«
    Saeunn nickte. »Das Tokoroth bringt uns auf Geheiß seiner Herren die Krankheit – weshalb, weiß niemand.«
    Renn dachte wieder nach, dann sagte sie: »Ich glaube, Torak hat das Tokoroth gesehen. Er wollte mich davor warnen, ehe er weggegangen ist. Er wusste bloß nicht, um was für ein Geschöpf es sich handelt.« Ihr kam ein anderer Gedanke. »Sind es mehrere?«
    »Das nehme ich doch an.«
    Das musste Renn erst einmal verdauen. »Dann könnte sich eines hier verstecken und ein anderes ist Torak auf den Fersen?«
    Saeunn breitete stumm die Hände aus.
    Mit einem Mal erschien Renn der Wald, in dem sie aufgewachsen war, als ein Ort voller Gefahren. »Aber wozu schicken uns die Seelenesser die Krankheit? Was haben sie vor?«
    »Das weiß ich auch nicht«, erwiderte die Alte.
    Diese Antwort ängstigte Renn mehr als alles andere. Saeunn war Schamanin. Wenn sie es schon nicht wusste …
    Schaudernd blickte Renn in die reißende Flut. Sie stellte sich vor, wie der nichts ahnende Torak ostwärts wanderte, verfolgt von einem unvorstellbar bösartigen Geschöpf…
    »Du kannst ihm nicht nachgehen und ihn warnen«, unterbrach Saeunn sie. »Du holst ihn nicht mehr ein, und außerdem hast du keine Ahnung, welchen Weg er genommen hat…«
    Renn wandte nicht den Kopf. »Ja, ja, ich weiß.«
    Im Stillen ergänzte sie: Aber versuchen muss ich es trotzdem.

Kapitel 13

    WOLF KONNTE Groß Schwanzlos zwar nirgends entdecken, aber deswegen gab er noch lange nicht auf.
    Einmal witterte er seinen Rudelgefährten auf einer Lichtung mit jungen Buchen, wo sich Groß Schwanzlos offenbar eine Höhle gebaut hatte, aber dann verlor er die Fährte wieder. Der Geruch von Bärenlosung überdeckte sie und auch der Gestank des Bösen, das im Wald umging. Außerdem verstörte Wolf ein neuer Geruch – er witterte einen Dämon. Dessen Witterung hatte Wolf schon als Welpe kennen gelernt und ihn beschlichen ungute Erinnerungen.
    Noch einmal streifte er vergeblich über die Lichtung und wieder schnappte die Furcht nach seinen Hinterläufen.
    Der Donnerer zürnte ihm, weil er den Berg verlassen hatte, ahnte Wolf. Das Böse folgte seiner Fährte. Bald würde es über ihn herfallen.
    Das Oben war schon ganz dunkel und der Hauch des Donnerers ließ das Laub rauschen. Alle Geräusche wurden lauter, alle Gerüche stärker, wie immer bevor es zu knurren anfing.
    Irgendwann fand Wolf die Spur seines Rudelgefährten wieder. Fast hätte er vor Freude laut geheult. Von neuer Hoffnung angespornt, lief er weiter, und mit ihm lief lauter Beute, die wie er vor dem Zorn des Donnerers floh und spürte, dass Wolf es nicht auf sie abgesehen hatte. Ein Biber ließ sich ins Wasser gleiten und schwamm zu seinem Bau, eine Hirschkuh hetzte mit ihrem Kitz in den Schutz der Bäume.
    Ganz plötzlich ließ der Donnerer seinem Zorn freien Lauf. Das Nass brach über den Wald herein, drückte das Farnkraut flach auf die Erde und knickte die Bäume, als wären es Grashalme. Ein ohrenbetäubendes Krachen folgte und das Helle-Tier-das-heiß-beißt kam aus dem Oben gesprungen, verfehlte Wolf und traf stattdessen eine Kiefer. Der Baum kreischte auf. Das Helle Tier verschluckte ihn mit einem Happs. Wolf ergriff die Flucht, doch ein Junges des Hellen Tiers hüpfte ihm vor die Pfoten und zwickte ihn in die Zehen. Aufjaulend machte er einen Satz, dann stob er davon, den Gestank sterbender Bäume in der Nase.
    So verängstigt war er zuletzt als Welpe gewesen. Er wollte zu seiner Mutter! Er wollte zu Groß Schwanzlos! Er war ganz allein und hatte schreckliche Angst.

    Renn war ganz allein im Wald und bekam allmählich Angst. Vor zwei Tagen hatte sie das Lager heimlich verlassen, aber sie hatte Torak immer noch nicht gefunden. Zweimal schallte das irre Gekreisch der Kranken durch die Bäume und einmal hatte es über ihr geraschelt. Es kam ihr vor, als hockte in jedem Busch und Baum ein Tokoroth.
    Jetzt zog ein Unwetter herauf. Der Weltgeist war

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