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Chronik der dunklen Wälder - Wolfsbruder: Band 1 (German Edition)

Chronik der dunklen Wälder - Wolfsbruder: Band 1 (German Edition)

Titel: Chronik der dunklen Wälder - Wolfsbruder: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Paver
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entsetzt an. Dann sprang er auf. »Ich schaffe es nicht allein. Soll ich nicht lieber loslaufen und …«
    »Nein«, sagte sein Vater ungewöhnlich streng. »Dein ganzes Leben lang habe ich dich von anderen fern gehalten. Sogar… vom Wolfsclan, unserer eigenen Sippe. Geh ihnen aus dem Weg! Wenn sie herausfinden … was du vermagst …«
    »Was meinst du damit? Ich verstehe nicht…«
    »Zu spät«, unterbrach ihn der Vater. »Schwöre jetzt. Auf mein Messer. Schwöre bei deinem Leben, dass du den Berg suchst, und wenn es dein Tod ist.«
    Torak biss sich fest auf die Unterlippe. Durch die Baumkronen im Osten drang graues Licht. Noch nicht, dachte er verzweifelt. Bitte noch nicht.
    »Schwöre!«, röchelte der Vater.
    Torak kniete sich hin und hob das Messer auf. Es war schwer… das Messer eines Erwachsenen, zu groß für ihn. Unbeholfen berührte er mit der Klinge erst seine Armwunde, dann den Fellstreifen, der auf die Schulter seines Wamses genäht war. Das Fell stammte vom Wolf, dem Totemtier seiner Sippe. Mit schwankender Stimme sprach er den Schwur: »Ich schwöre beim Blut auf dieser Klinge und bei allen meinen drei Seelen … den Berg des Weltgeistes zu suchen, und wenn es mein Tod ist.«
    Sein Vater atmete erleichtert aus. »Gut … Gut. Jetzt … mal mir die Todeszeichen auf. Beeil dich. Der Bär … ist bald da.«
    In Toraks Augen brannten salzige Tränen. Wütend wischte er sie weg. »Ich habe keinen Ocker«, nuschelte er.
    »Nimm … meinen.«
    Blinzelnd kramte Torak nach dem aus einer Geweihsprosse gefertigten kleinen Medizinhorn, das einst seiner Mutter gehört hatte. Mit tränenblinden Augen zog er den Pfropfen aus dunkler Eichenrinde heraus und schüttete sich das rote Pulver in die gewölbte Hand.
    Plötzlich hielt er inne. »Ich kann das nicht.«
    »O doch. Tu’s für mich.«
    Torak spuckte in seine Hand und vermengte Pulver und Speichel zu einer klebrigen Paste, dem dunkelroten Blut der Erde. Dann machte er sich daran, seinem Vater die kleinen Kreise aufzumalen, mit deren Hilfe die Seelen einander nach dem Tod wiederfanden.
    Erst zog er dem Vater behutsam die Biberfellstiefel aus und malte ihm auf jede Ferse einen Kreis als Zeichen für die Namensseele. Dann malte er ihm für die Clanseele einen Kreis über das Herz. Das war nicht ganz einfach, denn Fas Brust war von einer alten Verwundung voller Narben, und Torak brachte nur eine schiefe Eiform zustande, die ihren Zweck hoffentlich trotzdem erfüllte.
    Das wichtigste Zeichen kam zum Schluss, der Kreis auf der Stirn für Nanuak, die Weltseele. Als er damit fertig war, kämpfte er mit den Tränen.
    »So ist’s gut«, sagte sein Vater leise. Aber Torak sah bestürzt, dass die Ader an seinem Hals kaum noch pochte.
    »Du darfst nicht sterben!«, rief er flehend.
    Sein Vater betrachtete ihn voller Schmerz und Sehnsucht.
    »Ich lass dich nicht allein, Fa. Ich …«
    »Du hast einen Eid geschworen, Torak.« Der Vater schloss die Augen wieder. »Also. Behalte… das Medizinhorn. Ich brauche es nicht mehr. Pack deine Sachen. Lauf zum Fluss und hol mir Wasser. Und dann … geh.«
    Ich weine nicht !, nahm sich Torak vor, als er den Schlafsack des Vaters zusammenrollte und sich auf den Rücken band, seine Axt in den Gürtel schob und den Medizinbeutel in sein Wams steckte.
    Er stand auf und griff nach dem Wassersack, aber der war völlig zerfetzt. Er musste das Wasser in ein Blutampferblatt schöpfen. Als er aufbrechen wollte, rief ihn sein Vater leise beim Namen.
    Er drehte sich um. »Ja, Fa?«
    »Denk dran. Wenn du jagen gehst, schau immer hinter dich. Das habe ich … dir schon so oft gesagt.« Er lächelte schief. »Du… vergisst es jedes Mal. Schau immer hinter dich, hörst du?«
    Torak nickte. Er zwang sich zurückzulächeln. Dann stapfte er durchs nasse Farnkraut zum Fluss hinunter.
    Es wurde heller, die Luft roch frisch und süß. Die Bäume ringsum bluteten, goldenes Kiefernblut sickerte aus den Wunden, die der Bär den Stämmen geschlagen hatte. In der Morgenbrise hörte man die Baumgeister leise klagen.
    Unten am Fluss zogen Nebelschwaden über den Farn, Weidenbäume tauchten ihre Finger ins kalte Wasser. Torak sah sich rasch um, dann pflückte er ein Ampferblatt und ging ans Ufer. Seine Stiefel sanken in den weichen roten Boden ein.
    Er blieb wie angewurzelt stehen.
    Direkt neben seinem rechten Fuß war eine Bärenspur. Der Abdruck einer Vorderpfote, doppelt so groß wie sein eigener Kopf und noch so frisch, dass sich die Löcher dort,

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