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Chronik der Silberelfen Bd. 1 - Zeit der Rebellen

Chronik der Silberelfen Bd. 1 - Zeit der Rebellen

Titel: Chronik der Silberelfen Bd. 1 - Zeit der Rebellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Philip
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ich einen Befehl von Angus nicht aus oder bot ihm frech die Stirn, woraufhin er mich mit Einzelhaft oder Schlägen bestrafen musste, auch wenn ihm das sichtlich widerstrebte. Von Conal hatte ich in solchen Fällen kein Mitleid zu erwarten. Ich hätte Angus keine andere Wahl gelassen, pflegte er zu sagen. Ich mochte den Mann trotzdem.
    Ich weiß nicht, ob Kate uns unser rebellisches Gemüt austreiben wollte. Ich frage mich heute noch manchmal, ob sie nicht ein ausgeklügeltes Spielchen mit uns trieb und uns nicht noch aufsässiger machen wollte, aus welchem Grund auch immer. Damals kam mir dieser Gedanke allerdings nicht in den Sinn. Ich war nun mal ein Grünschnabel.
    Einmal musste ich miterleben, wie Fox für ein unbedeutendes Vergehen Fergus gegenüber ausgepeitscht wurde. Er umklammerte den Pfosten, an den er gefesselt war, so fest, dass die Fingerknöchel weiß hervortraten, und biss die Zähne zusammen. Ich konnte nichts für meinen lieben Freund tun. Ich konnte nur hilflos zuschauen und sie alle dafür hassen. Er gab während der gesamten Prozedur keinen Laut von sich. Einmal huschte sogar ein Lächeln über sein Gesicht, auf dem der kalte Schweiß stand, und da wurde mir klar, dass die Aufmüpfigkeit in ihn hinein-, nicht aus ihm herausgeprügelt wurde.
    Ein Jahr, redete ich mir gut zu, es ist nur ein Jahr.
    Niemandem erging es schlechter als Conal, trotz seiner Stellung als Hauptmann. Kate übertrug ihm die übelsten Aufgaben: Hinrichtungen, Auspeitschungen, Ackerbrandrodungen, Beschlagnahmen. Er hatte ihre Hand geküsst und ihr Gehorsam geschworen. Er musste tun, was sie verlangte. Aber seine Augen wurden von Tag zu Tag ausdrucksloser und sein Gesicht verhärmter.
    Eines Nachts, als ich wie üblich nicht schlafen konnte, hörte ich seine Schritte auf dem Gang. Es war nichts Ungewöhnliches mehr, dass er des Nachts ruhelos herumstreunte. Bisher hatte ich es noch nicht gewagt, ihm zu folgen, aber jedes Mal prangten am Morgen danach frische Schnitte auf seinem Ar m – einer für jeden Landarbeiter, den er gehenkt hatte. Es schien, als wollte Kate ihm alles Gute aus dem Leib prügeln.
    In jener Nacht nun lag ich neben meiner schlafenden Catriona und hatte zum ersten Mal das schreckliche Gefühl, gegen meinen Willen in etwas verwandelt zu werden.
    Vorsichtig stieg ich aus dem Bett, um sie nicht aufzuwecken. Seit einer Woche schon hatte sie sich jeden Morgen übergeben müssen, obwohl weit und breit kein Lammyr in Sicht war. Ein ungutes Gefühl begann mich zu beschleichen. Um mich abzulenken, folgte ich Conal.
    Hinter einem langen, von Fackeln erleuchteten Gang, der durch zwei Vorzimmer führte, öffnete sich die Höhle zu einer riesigen Kaverne mit feucht schimmernden Wänden, in der ein silbern glänzender Wasserfall ein natürliches Becken mit klarem Wasser füllte. Gischt zischte unaufhörlich in der Luft. Der unterirdische Wasserfall war so kalt, wie Wasser nur werden kann, wenn es nie die Sonne gesehen hat. Als ich das Gewölbe betrat, in dem das Rauschen des Wassers von den Wänden hallte, sah ich Conal nackt unter dem Wasserfall stehen, beide Arme gegen die unbehauene Wand gestemmt, den Kopf unter den sprudelnden Wasservorhang gesenkt.
    Und da war noch jemand. Angus hockte an einer Steinwand, hatte die Ellbogen auf die Knie gestützt und eine silberne Flasche in der Hand. Er drehte sich zu mir um, lächelte aber nicht.
    Murlainn.
    Ich nickte ihm zu und fragte mich, ob ich wohl schon wieder in Schwierigkeiten steckte, aber eigentlich kümmerte es mich in dem Moment wenig. Nach kurzem Zögern reichte mir Angus die Flasche und ich nahm sie entgegen, bevor ich mich neben den Hauptmann an der Wand niederließ. Der Whisky schmeckte erdig und beißend, er brannte mir in der Kehle, dass mir fast schlecht wurde, aber ich kippte trotzdem einen Großteil davon in mich hinein. Keine gute Idee, so spät in der Nacht. Dann gab ich Angus die Flasche zurück und wir beobachteten Conal in einvernehmlichem Schweigen.
    Als er sich aufrichtete und seine Hände von der Wand nahm, sah ich den Dolch in seiner Rechten. Ich schaute stumm zu, wie er sich ruhig zwei gerade Linien in den Unterarm schnitt, die parallel zu den bereits vorhandenen Wunden verliefen. Blut quoll aus dem gespaltenen Fleisch hervor. Er streckte den Arm unter den Wasserfall, bis die Wunden reingewaschen waren.
    „Braucht er einen Heiler?“, fragte ich mit trockener Kehle.
    „Bisher nicht“, antwortete Angus.
    Conal stieg aus dem Wasser und verband

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