Chronik der Silberelfen Bd. 1 - Zeit der Rebellen
schlug nicht zurück. Als Conal mich anherrschte aufzustehen, stand ich auf, und mit jedem Hieb bot er mir auch die Gelegenheit zur Gegenwehr. Aber ich schlug nicht zu. Hatte er vergessen, was für ein alter Sturkopf ich war? Kannte er mich denn noch nicht lange genug? Wären da nicht die Schmerzen gewesen, ich hätte fast darüber lachen können.
Ich rappelte mich immer wieder auf, was mir zunehmend schwerer fiel. Aber Conal schlug nur noch härter zu, ich dachte fast, der Kopf würde mir vom Hals fliegen. Mein Gesicht war blutverschmiert, salzig lief es mir in Mund und Nase, mein Brustkorb dehnte sich kaum noch weit genug aus, dass ich Luft bekam. Schließlich konnte ich auch nicht mehr aufstehen und blieb liegen.
Die Umstehenden waren still geworden. Ihre Pfiffe und Anfeuerungsrufe waren schon vor langer Zeit verstummt und selbst Rionnas Gesicht war wie versteinert. Fox hatte seinen Arm um Sinead gelegt, die lautlos weinte. Ich lag im Sand und starrte hinauf zu dem bogenförmigen Steindach, auf dem die flackernden Schatten der Fackeln tanzten. Ein Gefühl der Ruhe überkam mich. Hätte mein geschwollenes Gesicht es zugelassen, hätte ich gelächelt. Ich fühlte mich seltsam verbogen, wie aus den Fugen geraten, und ich musste zwinkern, um mir das Blut aus den Augen zu blinzeln.
Conal stand über mich gebeugt und hatte den Kopf in die Hände gestützt. „Murlainn“, sagte er im Flüsterton, „du dummer, dummer, dummer Idiot.“
Irgendwie schaffte ich es, meinen Kopf in seine Richtung zu drehen und ihn anzusehen. Mag sein, dass ich sogar ein Lächeln zustande brachte.
Sehe ich dir immer noch ähnlich?
„Und?“, wiederholte ich meine Frage. „Sehe ich dir immer noch ähnlich?“
Fast lautlos und sehr langsam schloss er meine Zimmertür hinter sich. Ich glaube nicht, dass er Angst vor mir hatte. Catriona warf ihm einen eisigen Blick zu, kniete sich dann wieder neben mein Bett und fuhr fort, mich und meine Wunden zu säubern. Ihre zarten Hände fühlten sich so sanft an auf meiner Haut und der Waschlappen war wunderbar kühl. Die Schüssel neben mir war voll mit blutgetränktem Wasser, meinem Blut. Am liebsten wäre ich hier für immer so liegen geblieben, auf Häuten und Decken und mit dem Kopf in Catrionas Schoß. Conal interessierte mich zum ersten Mal in meinem Leben überhaupt nicht. Ich hatte ihm meinen Standpunkt klargemacht und nun wollte ich nur noch, dass er ging.
Ein frommer Wunsch.
Er kniete sich neben mein Bett, berührte mich aber nicht. Wenigstens besaß er die Größe, mir direkt in die Augen zu schauen, was sicher nicht leicht war, da meine Augen fast zugeschwollen waren.
Er räusperte sich. „Du siehs t … du siehst mir ähnlicher als ich mir selbst.“
Ich betrachtete lange Zeit sein Gesicht. Selbst meine Augäpfel schmerzten in ihren Höhlen.
„Du hast keine Ahnung, wie wahr das ist“, sagte ich schließlich.
Er verschränkte traurig die Hände im Nacken. Und da merkte ich, dass er weinte. „Es tut mir leid, Murlainn, so schrecklich lei d …“
Ich spuckte Blut und Catriona wischte mir den Mund ab. „Warum? Du hast mir immerhin die Peitsche erspart.“
„Das ist nicht witzig.“
„Das bist du auch nicht.“
Mein Blick fiel auf seinen Unterarm, wo ein neuer Schnitt sich blutend durch den weißen Stoff abzeichnete. Ich versuchte mich erneut an einem Lächeln.
„Ich bin doch noch gar nicht tot“, murmelte ich.
Er folgte meinem Blick und schwieg.
„Der ist nicht für dich“, sagte er dann. „Der ist für mich.“
„Und, hat’s geholfen? Geht es dir besser?“
Er lachte kurz auf. „Nein. Vielleicht sollte ich ein bisschen weniger theatralisch tun, was?“
Ich stützte mich auf einen Ellbogen, während Catriona sich zurückzog.
„Cona l …“
„Nenn mich bei meinem anderen Namen. Oder hast du ihn vergessen? Ich kann mich nämlich nicht mehr dran erinnern. Ich verliere langsam meinen Namen, Seth. Ich verliere meine Seele.“
„Du musst gegen Kate ankämpfen“, zischte ich.
„Ich verliere aber lieber meinen Namen als meine Sippe.“
„Wenn du das eine verlierst, hast du auch das andere verloren.“ Ich sah ihn an. „Kaltes Eisen anstatt einer Seele. Ist es das, was du willst?“
„Bitte, Murlainn. Ich bin nicht hier, um zu streiten.“
„Warum hast du ihm das angetan?“, fragte Catriona aus ihrer Ecke. „Du kannst nur noch streiten und kämpfen!“, rief sie plötzlich. „Dann kämpf auch! Aber such dir nächstes Mal den richtige n …“
Wir
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