Chronik der Silberelfen Bd. 1 - Zeit der Rebellen
verlassen, bevor Grian mir nicht ausdrücklich versichert hatte, dass Catriona reisefähig war. Ihre Verletzung war sicher nicht lebensbedrohlich, aber nichtsdestotrotz ernst. Sie war schon geschwächt gewesen, als sie verwundet wurde, und Vollsterbliche sind in einem solchen Zustand immer anfällig für Infektionen. Auf keinen Fall würde ich sie allein zurücklassen. Ich wusste, dass mein Clan sich durchaus um sie kümmern würde, ihr zu essen und zu trinken geben und ihr Unterschlupf gewähren würde, aber sie wäre allein unter Fremden, und ich konnte ihr nicht zumuten, diese Pein zwölf Monate lang zu erdulden. Ich fragte sie, ob sie mitkommen wolle, und sie bejahte wie erwartet.
Einen Monat später machten wir uns auf den Weg zu Kates Höhlen. Branndair nahm ich mit, das Pferd ließ ich an den Toren der unterirdischen Festung laufen. Kate schenkte Catriona keine Beachtung. Mich rief sie ohne Umschweife zu sich und ich stellte mich vor sie. Sie wagte es nicht, mich noch einmal niederknien zu lassen, inmitten ihrer hochnäsigen Höflinge, meiner Freunde und unter den kalten Blicken ihrer Hauptleute. Sie teilte mir mit, dass ich ihr noch einen Monat länger zu Diensten sein müsste, nachdem mein Bruder und seine Kameraden schon entlassen wären. Ich zuckte nur die Achseln und machte einen tiefen Bückling, um ihr meine Dienstbarkeit zu signalisieren und ihr gleichzeitig zu zeigen, wie wenig mich das scherte.
Die Königin nahm uns hart an die Kandare. Conal wurde einer ihrer Hauptleute und bekam ein eigenes Regiment unterstellt. Craig und Ryan behielten ihre Posten als seine höchstrangigen Helfer. Wir anderen wurden unter ihren Hauptleuten aufgeteilt. Einige von ihnen waren Mistkerle, die es genossen, Conals Clansleute herumzukommandieren, andere benahmen sich anständiger. Luthais, Ranald und Fraser waren Cluaran unterstellt, einem einsilbigen, glatzköpfigen und unbeugsamen Zuchtmeister, der aber im Grunde seines Herzens ein guter Kerl war. Fox und Eili hatten es da schon schlechter getroffen. Sie waren, genauso wie Kennas Sohn Ewan, einem gewissen Fergus zugeteilt worden. Fergus war ein heimtückischer Widerling, der ihnen nur die unwürdigsten Aufgaben aufbürdete und sie stets wie Kämpfer zweiter Klasse behandelte. Sinead und ich wurden voneinander getrennt und Sinead wurde einer Frau namens Alana unterstellt. Das war vielleicht auch ganz gut so, wenn man bedachte, dass ich Catriona teilweise tagelang nicht zu Gesicht bekam.
Der Hauptmann, den Caola und ich abbekommen hatten, nannte sich Angus. Ich mochte ihn, bewunderte ihn sogar, und insgeheim mochte er mich ebenfalls, auch wenn er es nicht offen zeigen konnte, weil dies seiner Geliebten bestimmt nicht gefallen hätte. Seine Geliebte war Rionna.
Etwa einen Monat nach meiner Ankunft vermählten sie sich. Das gereichte mir sehr zum Nachteil, da Angus nun natürlich sehr viel weniger freundlich mit mir umgehen musste. Sein Verhalten Caola gegenüber blieb indes unverändert. Von Zeit zu Zeit warf er mir einen entschuldigenden Blick zu, wenn Rionna mich wieder zu grob behandelte, aber er stand mir nie mit Worten bei. Er war zu vernarrt in sie, um aufzubegehren.
Um der Wahrheit die Ehre zu geben, muss erwähnt werden, dass auch Rionna bis über beide Ohren in Angus verliebt war. Die zwei gaben ein ungleiches Paar ab. Er hatte kurz geschorene dunkle Haare, moosgrüne Augen und ein Gesicht, in dem fast ständig ein Lächeln zu sehen war. Die Götter allein wussten, was dieser Mann, der zu den charakterstärksten Leuten an Kates Hof gehörte, an Rionna fand, aber sie waren nun einmal vermählt, da gab es kein Zurück mehr. Und er wirkte auch nicht so, als wünschte er sich ein Zurück. Manchmal brachte er einen Hauch Milde in Rionnas Augen zum Vorschei n – der sogleich wieder verschwand, wenn sie mich ansah.
Angus erinnerte mich in vielerlei Hinsicht an Conal, und die beiden waren tatsächlich gute Freunde. Es hieß, kaum hätte Conal die Höhlen betreten, sei ihm Angus auch schon entgegengelaufen und habe ihn in die Arme geschlossen, direkt vor Kate und Lilith und den anderen Höflingen. Für diese Stärke musste man ihn einfach bewundern, ebenso wie für seine absolute Loyalität.
Zu sagen, dass Conal und Angus beste Freunde waren, würde der Sache nicht ganz gerecht werden. Sie empfanden vielmehr so etwas wie Bruderliebe füreinander. Ich versuchte, meine schwelende Eifersucht unter Kontrolle zu halten, aber manchmal brach sie doch hervor. Dann führte
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