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Chronik der Unsterblichen - 12 - Der schwarze Tod

Titel: Chronik der Unsterblichen - 12 - Der schwarze Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wlofgang Hohlbein
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machte da keine Ausnahme und sah nun zum ersten Mal verwirrt aus und nicht, als hätte er jede mögliche Antwort auf jede denkbare Frage schon parat.
    Abu Dun trampelte laut näher und warf einen abgewetzten Seesack auf den Tisch, der, abgesehen von dem, was sie beide am Leibe trugen, ihre gesamte weltliche Habe enthielt. Dabei nickte er Andrej verstohlen zu. Andrej hoffte, dass das bedeutete, dass Corinna nicht mehr oben in seinem Zimmer war.
    »Es ist gut, dass Ihr kommt, Signore.« Rezzori machte eine Kopfbewegung auf den freien Stuhl neben Andrej. Doch der Nubier folgte nicht seiner Aufforderung. »Wir haben gerade über Euch gesprochen.«
    »Habt Ihr das?«, grollte Abu Dun. Seine Hand lag wie zufällig gleich neben dem Schwertgriff, und Rezzori sah die gewaltige Waffe einen Moment lang stirnrunzelnd an, bevor er antwortete.
    »In der Tat. Die Signora, die gerade hinausgegangen ist, hat einige Vorwürfe gegen Euch vorgebracht.«
    »Zum Beispiel?«, fragte Abu Dun.
    »Zum Beispiel behauptet sie, Ihr wärt ein Hexer und mit dem Teufel im Bunde.«
    »Was sie zweifellos beweisen kann«, sagte Abu Dun. Er streckte die Hand aus, um den Teller zu nehmen, an dem sich Rezzori gerade beinahe vergriffen hätte, und begann, genüsslich zu mampfen.
    »Zum Beispiel behauptet sie auch, Ihr wärt unsterblich und unverwundbar«, sagte Rezzori. »Sie sagt, Ihr wärt von etlichen Kugeln getroffen worden, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken.«
    Abu Dun leckte sich schmatzend die Finger, stellte den Teller betont vorsichtig wieder auf den Tisch und schlug den Mantel zurück. Bedächtig grub er in den Falten seines schwarzen Gewandes und förderte schließlich eine leicht zusammengedrückte Bleikugel zutage, die er mit spitzen Fingern vor Rezzori auf den Tisch legte.
    »Um einen wahren Krieger Allahs aufzuhalten, bedarf es schon ein wenig mehr als das da«, sagte er.
    Rezzori betrachtete nachdenklich zuerst die deformierte Kugel, dann sehr viel länger Abu Duns schwarzes Gewand, dessen Stoff tatsächlich so dick und schwer war, dass es so mancher als Kettenhemd bezeichnet hätte. Jedenfalls wog es genauso viel.
    »Das scheint mir tatsächlich eine hinreichende Erklärung zu sein«, sagte er endlich, klang aber nicht zufrieden, sondern beinahe schon enttäuscht.
    »Und wo wir schon einmal dabei sind« – Abu Dun hatte einen weiteren Teller erspäht, der noch nicht ganz leer war, und angelte ihn sich mit einer raschen Bewegung vom Tisch – »ist es in eurer famosen Stadt erlaubt, auf Fremde zu schießen, solange ihre Haut nur schwarz genug ist?«
    »Selbstverständlich nicht«, erwiderte Rezzori ungerührt. Rezzori wandte sich wieder Andrej zu. Freundlich lächelnd fragte er: »Habt Ihr gefunden, was Ihr bei Dottore Scalsi gesucht habt, Signore Delãny?«
    »Nein«, antwortete Andrej knapp.
    Rezzori sah Abu Dun eine Weile interessiert dabei zu, wie er auch noch den zweiten Teller mit kalten Essensabfällen leerte, und schob ihm dann einen dritten zu, den er am anderen Ende des Tisches erspäht hatte. Ein Lächeln huschte über seine glatt rasierten Züge, aber Andrej war plötzlich nicht mehr im Entferntesten zum Lachen zumute. Er hatte das Gefühl, dass sie alle längst ein Spiel spielten, dessen Regeln er nicht kannte.
    »Eine interessante Waffe habt Ihr da.« Rezzori deutete auf Abu Duns Schwert. »Darf ich sie mir ansehen?«
    Zu Andrejs nicht geringem Erstaunen zog Abu Dun die Waffe ohne das mindeste Zögern aus der Scheide und hielt sie so, dass Rezzori sie am Griff entgegennehmen konnte. Ein schadenfrohes Grinsen machte sich auf seinem Gesicht breit, als Rezzori hastig auch mit der anderen Hand zupackte und trotzdem nicht verhindern konnte, dass die Klinge nach unten sackte und sich nahezu auf Fingerdicke ins harte Holz der Tischplatte grub.
    »Eine beeindruckende Waffe«, sagte er.
    Andrej zog sein eigenes Rapier aus dem Gürtel und legte es unaufgefordert ebenfalls auf den Tisch. »Darum wolltet Ihr mich doch gerade bitten, oder?«
    »Wer weiß?«, erwiderte Rezzori, unterzog aber auch Andrejs Klinge einer kurzen Inspektion und wandte seine Aufmerksamkeit dann wieder dem riesigen Krummsäbel des Nubiers zu.
    »Das ist ein wirklich beeindruckendes Stück Stahl«, sagte er. »Und sehr tödlich.«
    »Ist es in dieser famosen Stadt verboten, Waffen zu tragen?«, fragte Abu Dun
    »Verboten?« Rezzori schüttelte den Kopf. »Nein, natürlich nicht. Was wäre das für eine Stadt, in der es einem aufrechten Mann nicht erlaubt ist,

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