Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Chronik der Unsterblichen - 12 - Der schwarze Tod

Titel: Chronik der Unsterblichen - 12 - Der schwarze Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wlofgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
besorgt, wie lange er seinen Anordnungen wohl noch gehorchen würde.
    Er wandte sich direkt an Scalsi. »Was genau ist hier passiert?«
    »Warum fragt Ihr das nicht Euren schwarzen Freund?«, antwortete Scalsi verächtlich.
    »Abu Dun?«
    »Wenn das sein Name ist«, erwiderte Scalsi, der Abu Dun besser kannte, als ihm lieb sein konnte. Seine Antwort, dachte Andrej, galt wohl viel mehr Rezzori als ihm. Und es war auch der Signore, der die nächste Frage stellte, und nicht Andrej. »Ihr wollt behaupten, ein einzelner Mann hätte das alles hier getan? Das ist lächerlich!«
    »Ihr habt den schwarzen Teufel nicht erlebt«, gab Scalsi zurück. »Er ist wie Satan persönlich über uns gekommen!«
    »Er?«, fragte Rezzori. Scalsi sah ihn nur fragend an, und Rezzori deutete mit dem Kopf hinter sich auf Schwester Innozenz. »Eure Assistentin sprach von zwei Angreifern, Dottore.«
    Scalsi fand es anscheinend unter seiner Würde, darauf zu antworten, aber Schwester Innozenz nahm das Stichwort dankbar auf. »Ich habe es gesehen!«, sagte sie. »Es waren zwei! Zwei schwarze Teufel, die kein Erbarmen kannten!«
    Rezzori zog eine Grimasse, schloss demonstrativ für eine Sekunde die Augen und fuhr dann mit fast schon unnatürlich ruhiger Stimme fort: »Und wann genau soll das geschehen sein, Dottore?«
    »Vielleicht vor einer Stunde«, antwortete Scalsi. »Seht Euch die Toten an, und Ihr werdet feststellen, dass manche von ihnen noch bluten.«
    Rezzori ignorierte zumindest die letzte Bemerkung und machte ein nachdenkliches Gesicht. »Hatte er Flügel?«, fragte er dann.
    Scalsi blinzelte. »Wie?«
    »Der schwarze Teufel, der Euch und Euer Spital angegriffen hat«, wiederholte Rezzori. »Hatte er Flügel? Denn die hätte er schon gebraucht, um so schnell hierherzukommen. Der Muselman ist uns entkommen, das ist wahr, doch vor gut einer Stunde befand sich Signore Delãnys Freund noch in unserem Gewahrsam. Und so gerne ich einen Vorwand hätte, ihnen dieses schreckliche Verbrechen anzulasten, würde das doch zugleich auch bedeuten, den wahren Schuldigen davonkommen zu lassen. Ich frage Euch also noch einmal: Was ist hier geschehen?«
    Der Druck der Degenklinge wurde ein wenig stärker, und das rote Rinnsal, das unter Scalsis Kragen versickerte, breiter. Andrej griff behutsam nach Rezzoris Handgelenk, ohne aber die Waffe ganz herunterzudrücken, was nur seinen Trotz herausgefordert hätte. Er sah, dass Rezzori wütend genug war, um den Arzt aus Versehen zu töten – und sie brauchten ihn noch. Stattdessen zog er sie nur eine Winzigkeit vom Hals zurück.
    »Wo ist Markts?«, fragte er.
    »Euer Sohn?«, erwiderte Scalsi verächtlich. Er machte eine Bewegung, als wolle er mit den Schultern zucken, entschied dann aber doch, dass mit einer scharfen Klinge am Hals das Risiko zu groß war, und ließ es bleiben. »Woher soll ich das wissen? Vielleicht in der Hölle, wo er hingehört.«
    Andrej ließ Rezzoris Arm nun endgültig los. Sooo dringend brauchten sie Scalsi vielleicht doch nicht.
    »Bindet den Kerl!«, befahl Rezzori. »Und sie auch. Und dann verschwinden wir von hier.«
    Scalsi wehrte sich nicht, als seine Hände von zwei Männern ergriffen und grob auf den Rücken gebogen wurden, doch Schwester Innozenz begann, hysterisch zu protestieren. Es brauchte zwei Männer und den Einsatz von reichlich Gewalt, um sie zu bändigen.
    Rezzoris Männer waren nicht die Einzigen, die keinen Hehl aus ihrer Erleichterung machten, die Turmruine wieder verlassen zu können. Auch Corinnas grauhaariger Leibwächter war nervös. Der Blick seiner dunklen Augen huschte unstet umher, blieb an jedem Fenster, jeder Tür und jedem Schatten hängen und taxierte Andrej aufs Genaueste, und auch Corinna atmete erleichtert auf, als sie zwischen ihm und Andrej durch die aufgebrochene Tür wieder in die schmalen Straßen des Arsenale hinaustrat. Andrej konnte es ihr nachfühlen: Wer, wenn nicht er, sollte besser wissen, dass es so etwas wie Geister und die rachsüchtigen Seelen der Toten nicht gab? Und dennoch hatte er das Gefühl, gerade einem Ort entkommen zu sein, an dem eben diese ihr Unwesen trieben und der für die Lebenden verboten war.
    Rezzori befahl einem seiner Männer, bei dem nunmehr verlassenen Turm zu bleiben, bis er Verstärkung geschickt und entschieden hatte, wie mit den Toten (und den beiden Überlebenden) weiter zu verfahren sei – ein Befehl, den der Mann zwar mit einem wortlosen Nicken, aber mit allen Anzeichen von Unbehagen entgegennahm. Als sie

Weitere Kostenlose Bücher