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Chronik der Unsterblichen - 12 - Der schwarze Tod

Titel: Chronik der Unsterblichen - 12 - Der schwarze Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wlofgang Hohlbein
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sich spürte. Etwas sehr Großes und Massiges stürzte vom Himmel und explodierte in einer Staubwolke, wo sie eben noch gestanden hatten. Rezzori und einer seiner Begleiter stürmten hinter ihnen aus dem Haus und hatten schlichtweg Glück. Der zweite Soldat wurde von weiteren Teilen der zusammenbrechenden Fassade erfasst und verschwand, ohne einen Laut von sich zu geben, unter den Trümmern.
    Wenn überhaupt, dann jetzt, dachte Andrej. Ohne Rezzori auch nur eines Blickes zu würdigen und Corinnas überraschten Aufschrei ignorierend, riss er sie hinter sich her und nahm Anlauf, um über die nicht einmal mannshohe Backsteinmauer zu springen, die den Hof an drei Seiten umschloss.
    Ein peitschender Knall erscholl, und etwas flog mit einem Geräusch, das an eine zornige Hornisse erinnerte, so dicht an seinem Gesicht vorbei, dass er den Luftzug spüren konnte. Aus dem dumpfen Stöhnen des Hauses war jetzt ein tiefes, bedrohliches Grollen geworden, das man eher spürte, als dass man es wirklich hören konnte. Weitere Teile der Fassade lösten sich, als das hintere Drittel des Gebäudes zu kippen begann und mit einem nicht enden wollenden schrillen Splittern vom Rest des Hauses abbrach. Er meinte Rezzori zu hören, der hysterisch etwas schrie. Doch er achtete nicht darauf. Die Mauer war vielleicht noch fünf oder sechs Schritte entfernt, und Andrej entschuldigte sich in Gedanken bereits vorweg für das, was er Corinna vermutlich antun würde, wenn er über die Mauer sprang und sie einfach mit sich riss. Aber ihre Wunden würden heilen, und vielleicht war es an der Zeit, dass sie begriff, welchen Preis sie wirklich dafür bezahlen musste, eine Unsterbliche zu sein.
    Als ein weiteres Krachen ertönte, spürte Andrej einen heftigen Schlag gegen die Schulter und dann einen Strom von Wärme, der seinen Rücken hinablief. Er ignorierte den Schmerz und biss die Zähne zusammen. Es war die zweite Kugel, was bedeutete, dass Rezzori und sein übrig gebliebener Begleiter nicht mehr schießen konnten. Somit trennte Corinna und ihn nur noch ein beherzter Sprung von der Freiheit.
    Gut, und vielleicht ein gebrochener Arm und eine ausgekugelte Schulter.
    Doch irgendetwas war nicht so, wie es sein sollte. Hinter ihnen wurden Lärm und Getöse lauter, als das uralte Gebäude endgültig zusammenbrach, aber er hörte trotzdem das typische Geräusch von zwei, drei weiteren Gewehrschüssen. Auf der Wand, von der ihn jetzt nur noch wenige Schritte trennten, explodierten Funken und winzige Staubwolken, etwas fuhr sengend wie ein rot glühender Draht an seinem Oberschenkel entlang, dann schrie Corinna auf, kam ins Stolpern und fiel der Länge nach hin.
    »Corinna! Um Himmels willen!« Andrej fiel neben ihr auf die Knie und entdeckte einen hässlichen neuen Blutfleck an ihrer Seite. Auf ihrem Gesicht malten sich Fassungslosigkeit und Unglauben, dann qualvoller Schmerz. Er zerrte sie einfach in die Höhe, ohne auf ihren gepeinigten Schrei zu achten, warf sie sich über die Schulter, schrie vor Schmerz, als eine weitere glühende Bleikugel eine blutige Furche in seine Seite grub, und wirbelte herum, ohne Corinnas zusätzliches Gewicht auch nur zur Kenntnis zu nehmen. Er sammelte Kraft für den entscheidenden Sprung, doch die dritte Kugel traf seinen Oberschenkel und ließ ihn wie einen gefällten Baum zur Seite kippen.
    Corinna schrie noch einmal und noch lauter und brach dann mit entsetzlicher Plötzlichkeit ab, als ihre Stirn gegen den harten Pflasterstein schlug und sie das Bewusstsein verlor. Andrej wälzte sich stöhnend auf den Rücken und streckte die Hand nach ihr aus.
    Für einen Sekundenbruchteil, nicht einmal lange genug, um wirklich zu begreifen, was er sah, erblickte er Rezzori, der in Begleitung nicht nur eines, sondern gleich dreier mit Musketen bewaffneter Signori auf ihn zugestürmt kam. Auch er hielt eine der klobigen Schusswaffen in den Händen, allerdings falsch herum.
    Warum das so war, begriff Andrej erst, als Rezzori ihm den Gewehrkolben mit aller Gewalt gegen die Schläfe hämmerte.

Kapitel 25
    Es war grausam kalt hier oben. Nachdem sie ihm seine Kleider weggenommen hatten, hatte er versucht, sich die zerschlissene Decke umzulegen, die auf dem harten Bett aus Stein lag, aber der feuchte Stoff war so brüchig, dass er schon bei der ersten Berührung zerfallen war und sich nun kaum von den Fingern wischen ließ, ganz egal, wie angestrengt er es versuchte.
    Zu der Kälte war die Dunkelheit gekommen. Hoch über ihm an der schrägen

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