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Chronik der Unsterblichen - 12 - Der schwarze Tod

Titel: Chronik der Unsterblichen - 12 - Der schwarze Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wlofgang Hohlbein
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erneut an Andrej und fuhr fort, als hätte sie gar nichts gesagt: »Ich habe Euer Wort, dass Ihr auf die Contessa achtgebt, Andrej?«
    »Das habt Ihr.« Andrej musste beinahe lächeln, weil seine Stimme so feierlich klang – als würde er es nicht einfach so dahersagen, sondern ein heiliges Versprechen abgeben – Rezzori und viel mehr noch sich selbst –, das er unter allen nur denkbaren Umständen zu halten gedachte.
    Sein Blick verriet, dass auch der Signori es spürte. Er schwieg noch einen Moment, wie um Andrej Gelegenheit zu geben, noch irgendetwas hinzuzufügen, wandte sich dann wieder zu Corinna um und nickte ihr auffordernd zu.
    »Wenn Ihr dann so weit wärt, Contessa?«
    »Wie weit?« Corinna legte misstrauisch den Kopf schräg und die Stirn in Falten.
    »Ich erkläre Euch alles auf dem Weg«, sagte Rezzori, während er bereits zur Tür eilte. Andrej nickte Corinna nun seinerseits auffordernd zu und wollte ihm folgen, doch Rezzori bedeutete ihm erschrocken zurückzubleiben und öffnete die Tür nur einen Spaltbreit. Andrej hörte, wie er mit jemandem draußen ein paar geflüsterte Worte wechselte, ohne sie zu verstehen. Dann schloss er die Tür wieder und zog einen großen Schlüssel mit einem auffälligen Bart aus der Jackentasche, mit dem er sie sorgsam verriegelte. Anschließend überzeugte er sich pedantisch davon, dass sie tatsächlich abgeschlossen war, indem er die Klinke herunterdrückte. Nicht nur erschien ihm Rezzoris Verhalten immer geheimnisvoller, Andrej kam auch mehr und mehr zu dem Schluss, dass er den Mann bisher vollkommen falsch eingeschätzt hatte – was zweifellos auch Rezzoris Absicht gewesen war.
    »Dort entlang.« Rezzori deutete auf die Wand neben dem Kamin und ging mit schnellen Schritten hin. Andrej sah nichts Außergewöhnliches, doch als der Signori mit den Fingern über eine der großen Wandverkleidungen tastete, erklang ein halblautes Klicken, und eine geheime Tür öffnete sich. Dahinter hätte man Dunkelheit erwartet, doch in einer kunstvoll geschmiedeten Halterung an der Wand blakten bereits zwei Fackeln – für Andrej ein erneuter Beweis, wie perfekt vorbereitet diese vermeintlich überstürzte Flucht war. Der Signori überließ offensichtlich nichts dem Zufall.
    Hintereinander betraten sie den Gang, der so schmal war, dass Andrejs Schultern rechts und links an der Wand scharrten, und der aus den gleichen hohlen Lehmziegeln erbaut war, die man fast überall in dieser Stadt verwendete, um Gewicht zu sparen. Ein eisiger Luftzug schlug ihnen entgegen, der ein wenig faulig roch – der typische Geruch der Kanäle, der so sehr zu dieser Stadt gehörte, dass Andrej ihn gewöhnlich gar nicht mehr wahrnahm. Jetzt registrierte er ihn dafür umso deutlicher, denn mit einem Male war es für ihn nicht mehr nur der Gestank von moderndem Tang, sondern gleichsam das Versprechen auf Freiheit. Nicht nur für ihn, sondern auch und vor allem für Corinna. Bisher hatte er allenfalls eine vage Ahnung, wohin diese überstürzte Flucht führte und warum Rezzori sie überhaupt für nötig hielt, aber selbstverständlich hatte er weder vor, Abu Dun im Stich zu lassen noch Meruhe und ihre beiden Dienerinnen, und schon gar nicht seinen Sohn. Sobald Corinna in Sicherheit war, würde er zurückkehren und diesem Geheimnis auf den Grund gehen.
    Dennoch sagte er kein Wort, sondern nahm die brennende Fackel entgegen, die Rezzori ihm reichte, trat einen Schritt zurück, damit die Flammen Corinna nicht zu nahe kamen, und geduldete sich, bis der Signori die geheime Tür wieder hinter sich geschlossen und die zweite Fackel aus ihrer Halterung genommen hatte. Auf Rezzoris aufforderndes Nicken hin gingen sie los.
    Es war nicht das erste Mal, dass Andrej einen solchen Geheimgang benutzte. Anders als die meisten wusste er, dass es praktisch kein Schloss, keine Burg und kein herrschaftliches Gebäude gab, das nicht über mindestens einen solchen geheimen Fluchtweg verfügte. Und oft genug auch ein ganzes Labyrinth davon, das sich hinter den vermeintlich meterdicken Wänden verbarg. Das hier war jedoch etwas anderes. Abgesehen von dem großen Ballsaal und der steinernen Galerie hatte er wenig vom Inneren des legendären Dogenpalastes zu Gesicht gekommen, aber genug über seinen verschwenderischen Prunk gehört, um wahre Wunderdinge zu erwarten. Hier waren die Wände jedoch nackt und die Lehmziegel von weißem und grünem Schimmel bedeckt, der schon vor einem Jahrhundert begonnen hatte, sie zu zerfressen. Ihre

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