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Chronik der Unsterblichen - 12 - Der schwarze Tod

Titel: Chronik der Unsterblichen - 12 - Der schwarze Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wlofgang Hohlbein
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Begleiter eilte voraus und entriegelte sie, und Andrej erhaschte einen kurzen Blick in einen schmalen, auf der einen Seite von einer hölzernen Wand und auf der anderen von gemauerten Fensterbögen flankierten Gang, bevor der Soldat die Tür wieder schloss und seinem Herrn mit einem stummen Nicken zu verstehen gab, dass alles in Ordnung war.
    »Ich begleite Euch noch bis auf die andere Seite, dort warten zwei meiner Männer, die Euch in Sicherheit bringen«, sagte Rezzori.
    Corinna sah ihn misstrauisch an, schüttelte schließlich heftig den Kopf und hakte sich dann entschlossen bei Andrej unter. »Ich rühre mich nicht von der Stelle, solange Ihr mir nicht gesagt habt, wohin wir gehen.«
    Rezzori warf Andrej einen raschen, fast schon flehenden Blick zu, seufzte, als dieser nichts sagte, und öffnete die Tür schließlich ganz. »Ihr solltet Euch glücklich schätzen, überhaupt noch irgendwo hingehen zu können.«
    Corinna rührte sich immer noch nicht, zeigte sich aber überrascht. »Und Ihr werft Andrej einen übertriebenen Sinn für Dramatik vor?«
    »Ich denke eher praktisch«, antwortete Rezzori. »Niemand rechnet an einem Tag wie heute damit, dass dieser Weg benutzt wird. Und selbst wenn, kenne ich mich hier besser aus als jeder andere.«
    »Verratet Ihr einem dummen Barbaren, was diese sinistren Andeutungen zu bedeuten haben, Contessa?«, fragte Andrej, als sie den engen Gang betraten. Der Boden sah zwar massiv aus, zitterte aber unter seinen Füßen, und der Geruch von fauligem Wasser war auf einmal überwältigend.
    »Erzähl mir nicht, du hättest noch nie von der berühmten Seufzerbrücke gehört, Andrej«, antwortete Corinna. »Wo du sie doch heute schon einmal überquert hast.«
    »Hab ich nicht«, widersprach Andrej, verlangsamte seine Schritte aber trotzdem und sah durch das geschwungenen Fenster zur Linken, das nicht verglast, aber mit einem kunstvoll geschmiedeten Eisengitter gesichert war. Wie ihm schon der beißende Geruch verraten hatte, befanden sie sich über einem der zahllosen Kanäle der Stadt.
    »Um genau zu sein, wurdet Ihr getragen, wenn auch auf dieser Seite und in die andere Richtung.« Rezzori schlug mit der flachen Hand gegen die hölzerne Wand. Es klang hohl.
    »Diese Brücke führt direkt vom Dogenpalast ins Gefängnis – und zurück zu den Verhören im Palast. Warum die Leute sie die Seufzerbrücke nennen, kannst du dir wohl denken«, sagte Corinna.
    Andrej würde sich wahrscheinlich selbst ein erleichtertes Seufzen gestatten, wenn sie die Brücke erst einmal hinter sich hatten und auf der anderen Seite waren. Etwas stimmte hier nicht. Ganz und gar nicht. Er war noch immer beunruhigt und fragte sich besorgter denn je, was wohl auf der anderen Seite der Brücke auf sie wartete. Er konnte sich nicht vorstellen, dass Rezzori, der wohl, das musste er zugeben, ein Mann von größerer Ehrenhaftigkeit war, als er es vor einer Stunde noch für möglich gehalten hätte, einen Kampf so einfach aufgab – schon gar nicht den Kampf um eine Frau wie Corinna. Er musste etwas übersehen haben.
    Rezzori ergriff erneut das Wort: »Das Gefängnis ist der letzte Ort, an dem man Euch vermuten wird. Ich habe meine Männer angewiesen, Euch dort mit allem auszustatten, was Ihr braucht, und Euch dann freizulassen.«
    Rezzoris Männer gingen voran. Corinna warf Andrej einen zögernden Blick zu, aber als sie ebenfalls ein paar Schritte vorwärts machte, folgte Andrej ihr.
    Vielleicht war es auch diesmal wieder Corinnas bloße Nähe, die ihn ablenkte, vielleicht war die Falle auch einfach nur zu gut vorbereitet – Andrej begriff erst, was geschah, als die dünne Trennwand aus Holz unmittelbar vor den beiden Männern vor ihm barst und eine riesenhafte schwarze Gestalt in einem flatternden Umhang ausspie. Auch hinter ihnen brach Holz, doch Andrej verschwendete keine Zeit damit, sich umzusehen, sondern stieß Corinna einfach zur Seite. Mit einem einzigen raschen Schritt war er bei den beiden Signori.
    So schnell er auch war, kam sein Eingreifen für einen von ihnen doch zu spät. Einer der Männer zog seinen Dolch – eine Waffe, mit der er sich in der Enge des vorhandenen Platzes deutlich besser verteidigen konnte als etwa mit dem Degen. Der andere jedoch verschenkte einen kostbaren Sekundenbruchteil, indem er unter seine Jacke griff und die Pistole zu ziehen versuchte – ein Fehler, der ihn zuerst die Hand und dann den Kopf kostete, als der Angreifer in einem blitzartigen Bogen seinen Säbel schwang. Der

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