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Chronik der Unsterblichen - 12 - Der schwarze Tod

Titel: Chronik der Unsterblichen - 12 - Der schwarze Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wlofgang Hohlbein
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Hieb war mächtig genug, den ganz in schwarz gehüllten Riesen nach vorne und zur Seite zu reißen, sodass sich die blutige Säbelspitze mit einem dumpfen Knirschen tief ins Holz der Trennwand grub. Andrej packte den zweiten Mann, wirbelte ihn herum und hinter sich und trat aus derselben Bewegung heraus zu.
    Er traf, wenn auch nicht so gut, wie er gehofft hatte. Ein keuchender Schmerzenslaut belohnte seine Anstrengung, die Gestalt in Schwarz taumelte rückwärts und hielt nur mit Mühe ihr Gleichgewicht. Hätte Andrej ihr sofort nachgesetzt, wäre es jetzt vielleicht vorüber gewesen, doch in diesem Moment hörte er Corinna hinter sich schreien, fuhr herum und vergaß den Angreifer, als er die zweite, ebenfalls in flatterndes Schwarz gehüllte Gestalt sah, die Rezzori niedergerungen hatte und sich nun auf Corinna stürzte. Der zweite Signori warf sich tapfer zwischen ihn und das erschrockene Mädchen und sah den plötzlich hochgerissenen Fuß vermutlich nicht einmal, der in seinem Gesicht landete und ihm augenblicklich das Bewusstsein raubte.
    Corinna schrie noch einmal, jetzt in schierer Todesangst, als rasiermesserscharf geschliffener Stahl nach ihrem Gesicht züngelte. Andrej tat das Einzige, was ihm übrig blieb, und schlug die Klinge mit der bloßen Hand beiseite. Sie verfehlte Corinnas Gesicht um die berühmte Haaresbreite, und der lodernde Schmerz, mit dem sie bis auf den Knochen in seiner Hand schnitt, tauchte die gesamte Welt ringsum ihn herum einen Moment in Rot und reine Agonie.
    Mit einer gewaltigen Willensanstrengung gelang es ihm, bei Bewusstsein zu bleiben und sich schützend vor Corinna zu postieren. Den nächsten Schwerthieb blockte er mit dem gesunden Arm ab, ohne eine weitere und jetzt vielleicht entscheidende Verletzung in Kauf nehmen zu müssen. Die Wucht seines Gegenangriffes war so groß, dass die schwarze Riesin nun ihrerseits vor Überraschung und Schmerz keuchte, einen Schritt rückwärts machte und prompt über Rezzori fiel, der sich genau in diesem Moment benommen auf Hände und Knie hochzustemmen versuchte.
    Nichts war damit gewonnen. Die beiden nubischen Kriegerinnen hatten offensichtlich nicht mit einer so erbitterten Gegenwehr gerechnet, aber der Vorteil der Überraschung war dahin, und ein zweites Mal würde es Andrej wahrscheinlich nicht gelingen, sie zurückzuschlagen. Nicht waffenlos und verletzt, wie er war, und nicht, ohne sie zu töten. Aber er begriff mit entsetzlicher Klarheit, dass ihm vielleicht keine andere Wahl blieb, wollte er nicht zusehen müssen, wie sie Corinna umbrachten.
    Hastig bückte er sich nach dem toten Signori, um dessen Rapier an sich zu nehmen, war selbst erstaunt, dass es ihm überhaupt gelang, und federte blitzartig in die Höhe, um diesen unerwarteten Vorteil zu nutzen, statt sich darüber zu wundern. Seine rechte Hand war nutzlos. Es war nicht der Schmerz, denn schon vor langer Zeit hatte er gelernt, Schmerz nicht nur zu ignorieren, sondern sogar Kraft daraus zu schöpfen. Aber der Schnitt war so tief, dass es lange dauern würde, bis er die Finger wieder würde bewegen können. Andrej war mit beiden Händen ein gleich guter Fechter, aber er stand zwei Kriegerinnen gegenüber, die gelernt hatten, einen Gegner gleichzeitig und so perfekt aufeinander abgestimmt zu attackieren, dass er selbst mit zwei gesunden Händen und zwei Schwertern Mühe gehabt hätte, sich ihrer zu erwehren.
    Schließlich hatte er es ihnen selbst beigebracht.
    Auch die zweite Nubierin hatte ihre Waffe mittlerweile wieder an sich genommen und, ebenso wie die Kriegerin zu seiner Rechten, mit beiden Händen ergriffen, doch erstaunlicherweise verzichteten sie darauf, ihn sofort zu attackieren. Als eine von ihnen die Hand hob und ihm bedeutete, mit ihr zu kommen, verschenkte Andrej eine unendlich kostbare halbe Sekunde damit, sich selbst einen Dummkopf und Narren zu schelten und sich zu fragen, wie er auf die plumpe Täuschung hatte hereinfallen können.
    Die Hand, die ihm zuwinkte, war nicht schwarz, sondern steckte nur in einem schwarzen Handschuh, und sie gehörte auch nicht zu einer nubischen Kriegerin, sondern einem hochgewachsenen Mann von kräftiger Statur, der lediglich in schwarzen Kleidern und einem schwarzen Mantel steckte und den schmalen Streifen, der zwischen dem Turban und dem ebenfalls schwarzen Schleier sichtbar war, mit Ruß gefärbt hatte. Und hätte er noch Zweifel gehabt, so hätten sie die Worte der vermummten Gestalt endgültig beseitigt.
    »Komm mit uns, Andrej!

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