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Chronik der Unsterblichen - 12 - Der schwarze Tod

Titel: Chronik der Unsterblichen - 12 - Der schwarze Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wlofgang Hohlbein
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meine.«
    »Und du weißt, was ich meine«, erwiderte Abu Dun gereizt. »Sie haben sich entweder zurückgehalten, oder sie haben gewusst, dass sie dich nicht verletzen können. Welche Erklärung ist dir lieber?«
    Keine. Andrej schwieg.
    »Und als wäre das noch nicht genug, drehen wir seit einer Woche jeden Stein in dieser Stadt um, ohne auch nur einen Schritt weitergekommen zu sein, und ausgerechnet sie kennt jemanden, der jemanden kennt, der weiß, wo wir Marius finden.« Abu Dun trank einen weiteren Schluck Bier. »Das sind ein paar Zufälle zu viel für meinen Geschmack.«
    »Und was genau willst du mir damit sagen?«
    »Ganz genau das, was du dir auch schon selbst gesagt hast«, antwortete Abu Dun. »Was zum Teufel tun wir hier eigentlich noch? Wir haben Marius gefunden. Sag mir einen einzigen vernünftigen Grund, warum wir nicht den Jungen nehmen und noch heute von hier verschwinden sollten!«
    »Damit er noch mehr Menschen tötet?«
    »Der Junge ist dein Sohn, Andrej«, erwiderte Abu Dun. »Und sie halten ihn dort unten wie ein Tier! Bei Allah, sein einziger Freund ist eine Ratte! «
    »Meruhe wird sich etwas dabei gedacht haben«, antwortete Andrej. »Und du weißt, was passiert, wenn er frei ist.«
    »Meruhe ist nicht hier!«, schnappte Abu Dun, den letzten Satz einfach nicht beachtend, wie er es mit allem tat, was ihm nicht passte. »Sie hat den Jungen bei diesem angeblichen Arzt gelassen, und sie mag ihre Gründe dafür gehabt haben. Wir können sie nicht fragen.«
    »Dann sollten wir dafür sorgen, dass wir es können«, antwortete Andrej missgestimmt.
    »Wenn du mir sagst, wo sie ist«, sagte Abu Dun. »Dein neuer Freund, dieser nette alte Doktor, weiß es ja anscheinend auch nicht.«
    »So freundlich, wie du zu ihm warst, hätte ich dir auch nicht mehr verraten«, antwortete Andrej.
    »Er weiß nichts«, behauptete Abu Dun.
    »Hat er dir das gesagt, als ich gerade einmal nicht hingehört habe?«
    »Er ist ein arroganter, menschenverachtender alter Mistkerl«, antwortete Abu Dun, »aber er hat die Wahrheit gesagt. Ich hätte es gemerkt, wenn er gelogen hätte. Und du auch, wenn du nicht –«
    Er verstummte, sah mit einem Mal betroffen aus und hob dann hastig seinen Krug, um einen diesmal sehr langen Schluck zu nehmen. Als er ihn nach einer kleinen Ewigkeit wieder absetzte, war der schwarze Fleck von seinen Zähnen verschwunden. »Es tut mir leid«, sagte er. »Entschuldige.«
    Als Andrej nichts erwiderte, setzte er den Krug noch einmal an trank aber dieses Mal nicht und stellte ihn sofort wieder ab. Er druckste noch eine Weile herum, dann riss er sich so weit zusammen, dass er ihm in die Augen blicken konnte. »Das war taktlos von mir«, sagte er mit veränderter Stimme. »Es tut mir leid. Es muss hart für dich gewesen sein, Marius so zu sehen.«
    Das war es gewesen, und Andrej bildete sich nicht ein, den Schrecken in seinem ganzen Umfang bisher begriffen, geschweige denn überwunden zu haben. Doch darum ging es im Augenblick nicht. »Du willst nicht hierbleiben?«, fragte er behutsam.
    »Wozu?«, wollte Abu Dun wissen. »Um mir den Karneval anzusehen? Pah! Wir haben Marius gefunden. Ich schlage vor, wir holen den Jungen und bringen ihn nach Konstantinopel, genau wie Meruhe es vorgeschlagen hat.«
    »Eine gute Idee«, lobte Andrej. »Binden wir ihn doch einfach auf dem Marktplatz fest wie einen streunenden Hund und hoffen, dass ihn jemand mitnimmt und füttert?«
    »Du weißt, was ich meine«, sagte Abu Dun, jetzt wieder in leicht gereiztem Ton.
    »Wir müssen Meruhe und die beiden Mädchen finden«, antwortete Andrej. Es irritierte ihn, den Nubier überhaupt darauf hinweisen zu müssen, und zugleich fragte er sich, ob hier vielleicht der wahre Grund für das sonderbare Verhalten lag, das Abu Dun nun schon seit Monaten an den Tag legte. Sie hatten niemals wirklich darüber gesprochen, schon weil er gespürt hatte, dass der Nubier nicht über dieses Thema reden wollte, aber Andrej war dennoch sicher, dass Abu Dun nie ganz verwunden und vielleicht nicht einmal endgültig akzeptiert hatte, dass Meruhe sich für ihn entschieden hatte. Immerhin waren die nubische Königin und er zusammen gewesen, bevor sie Andrej kennengelernt hatte. Eifersucht war Abu Dun ebenso fremd wie Andrej, zumal auch die Liebe zwischen ihm und der rothaarigen Unsterblichen längst zu Freundschaft geworden war und sich ihre Wege schon vor mehr als einem Jahrhundert getrennt hatten.
    Aber vielleicht täuschte er sich ja auch. »Hast

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