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Chronik der Unsterblichen - 12 - Der schwarze Tod

Titel: Chronik der Unsterblichen - 12 - Der schwarze Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wlofgang Hohlbein
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auch wissen will, wer der Dottore wirklich ist«, sagte er laut. »Erst dann kann ich unsere weiteren Schritte entscheiden.« Er winkte ab, als Corinna etwas dazu sagen wollte. »Aber jetzt erst einmal zu Euch, Contessa. Welch edlem Geschlecht entstammt Ihr?«
    Corinna lachte leise. »Manchmal wünschte ich mir, ich entstammte wirklich einem edlen Geschlecht. Dann müsste ich mir mein Geld nicht so mühsam verdienen … aber wahrscheinlich würde es auch nicht so viel Spaß machen. Apropos.« Sie legte den Kopf in den Nacken, um zu ihm hochzusehen. »Dir ist doch hoffentlich klar, dass du mir etwas schuldig bist.«
    »Bin ich das?«
    »Ich gehe mit dir nachts auf einem Friedhof spazieren und helfe dir, einen der wenigen Männer zu bespitzeln, die mir wirklich vertrauen, und ich weiß nicht einmal genau, warum – statt in der Stadt zu sein und eine Menge Geld zu verdienen. Gerade heute.«
    Das sagte sie jetzt zum zweiten Mal, und nun erinnerte er sich, dass auch Schwester Innozenz vorhin eine ganz ähnliche Bemerkung gemacht hatte. »Was ist denn heute so Besonderes?«, fragte er.
    »Heute ist der schmutzige Donnerstag«, antwortete Corinna.
    Andrej überlegte kurz und schüttelte dann den Kopf. »Heute ist nicht Donnerstag.«
    »Ich weiß. Man nennt ihn auch nur so.« Corinna kicherte. »Und die Betonung liegt auch nicht auf Donnerstag, wenn du verstehst.«
    »Ich fürchte«, seufzte Andrej.
    »Jedenfalls beginnt morgen der Carnevale« ,fuhr Corinna fort. Sie hatten die niedrige Böschung erklommen, und Corinna steuerte eine Lücke in der sonst nahezu undurchdringlichen Mauer aus dornigem Gebüsch und blattlosen Bäumen an, und das eindeutig zu zielsicher, um weiter behaupten zu können, sie wäre noch nie oder auch nur selten hier gewesen. »Heute und in den nächsten drei Tagen kann ein fleißiges Mädchen wie ich mehr Geld verdienen als den ganzen Rest des Jahres. Hast du dir schon Gedanken darüber gemacht, wie du meine Schadenersatzansprüche befriedigen willst?«
    »Irgendetwas wird mir schon einfallen«, versprach Andrej. »Wohin?«
    Corinna folgte seinem Gedankensprung sofort. Sie blieb stehen, ließ seinen Arm los und sah sich scheinbar unschlüssig um. Schließlich deutete sie erneut nach vorn. Andrej verlängerte den Kurs in Gedanken, der zu einem Punkt führte, den er auch ohne ihre Anweisung angesteuert hätte – der anderen Seite der Landzunge, hinter der Scalsis Boot verschwunden war. Er vermutete, dass es dort einen kleinen Hafen gab, und sah seine Annahme auch wenige Minuten später bestätigt – nur dass der Hafen alles andere als klein war und das Boot, mit dem Scalsi und sein Begleiter gekommen waren, das mit Abstand kleinste, das hier vor Anker lag.
    Allerdings war weder von seinen Passagieren etwas zu sehen, noch sah oder spürte Andrej irgendein anderes menschliches Leben. Eine Anzahl bescheidener Gebäude flankierte den kleinen Hafen, den die Natur in den Strand gegraben hatte, aber in keinem einzigen brannte Licht.
    »Vielleicht solltest du wirklich hier warten«, sagte Andrej. Etwas an dieser vermeintlich so friedvollen Szenerie gefiel ihm nicht. Er spürte eine Bedrohung, die er aber weder orten noch greifen konnte.
    »Ja, vielleicht«, sagte Corinna.
    Andrej wartete darauf, dass sie weitersprach, aber das tat sie nicht, sondern sah ihn nur lächelnd (und herausfordernd) an, und Andrej gab endgültig auf. Letzten Endes war es ihre Entscheidung – und ihr Leben. »Wohin?«, fragte er abermals.
    »Das weiß ich nicht«, antwortete Corinna. Er starrte sie ungläubig an und wollte gerade auffahren, als sie fortfuhr: »Aber ich nehme an, dass er den armen Burschen irgendwo auf dem Armenfriedhof beisetzen wird. Ich glaube nicht, dass es irgendjemanden gibt, der für sein Begräbnis zahlt.«
    So weit war Andrej auch schon gekommen. Er nickte ein wenig unwillig. »Und wo finde ich den?«
    »Indem Ihr mir einfach folgt, Signore Delãny«, feixte Corinna.
    Andrej seufzte tief und tat, was sie von ihm verlangte. Welche andere Wahl hatte er schon? Die Friedhofsinsel war tatsächlich sehr groß. Vielleicht nicht wirklich so riesig, wie Corinna behauptet hatte, aber auch entschieden zu groß, um einfach auf gut Glück loszustürmen. »Also gut. Aber ich meine es ernst, Corinna. Mir wäre wohler, wenn du hier auf mich warten würdest.«
    »Ich weiß«, antwortete Corinna und lächelte nur. Andrej gab auf »Aber du bleibst an meiner Seite …«
    »… und ich tue genau, was du verlangst«, fiel ihm

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