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Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis

Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis

Titel: Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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je so weit kommen könnte - ich meine, daß Sterbliche an uns glauben würden. Sterbliche haben mir noch nie Angst eingejagt.
    Ein anderer Krieg schien mir viel wahrscheinlicher: der Krieg all meiner Artgenossen untereinander oder aller gegen mich allein. Das also war das Spiel, das ich spielte. Das war der wahre Zweck der Vampire-Lestat Band .
    Aber diese andere hübsche Möglichkeit echter Aufklärung und einer schönen kleinen Katastrophe … Nun, das verlieh dem ganzen Unternehmen erst die rechte Würze!
    So verließ ich denn die umtriebige Canal Street und stieg die Treppe zu meinem altmodischen Hotelzimmer im French Quarter empor. Es war ruhig, so wie ich es mochte. Durch das Fenster konnte ich die kleinen, engen Gassen sehen mit ihren spanischen Stadthäusern, die mir so wohlvertraut waren.
    Auf meinem Videorecorder sah ich mir Viscontis Tod in Venedig an. Ein Schauspieler sagt da an einer bestimmten Stelle, das Böse sei eine Notwendigkeit. Er hat es wohl kaum so gemeint. Aber schön wäre es doch gewesen, wenn es sich so verhalten hätte. Dann hätte ich einfach Lestat, das Monster, sein können, oder? Und als Monster war ich ja immer in Hochform gewesen. Na ja…
    Ich legte eine neue Diskette in meinen tragbaren Computer und fing an, meine Lebensgeschichte niederzuschreiben.

 
     
Lehrjahre und Abenteuer
des Vampirs Lestat

 
     
Teil 1
Lelios Aufstieg

1
    Im Winter meines einundzwanzigsten Lebensjahres ritt ich allein aus, um ein Rudel Wölfe zu töten.
    Das war auf den Ländereien meines Vaters in der Auvergne, nur wenige Jahrzehnte vor der Französischen Revolution.
    Es war der schlimmste Winter, an den ich mich erinnern konnte. Die Wölfe rissen die Schafe unserer Bauern und rannten nachts sogar durch die Straßen des Dorfes.
    Das waren harte Jahre damals für mich. Mein Vater war der Marquis, und ich war sein siebenter Sohn und der jüngste jener drei, die überlebt hatten. Meine Zukunftsaussichten waren alles andere als rosig, da ich weder Anspruch auf den Titel des Marquis noch auf die Ländereien hatte. Selbst in einer reichen Familie wäre es dem Jüngsten nicht unbedingt besser ergangen, aber unser Vermögen war schon längst verbraucht. Mein ältester Bruder Augustin, der rechtmäßige Erbe unseres gesamten Hab und Guts, hatte die bescheidene Mitgift seiner Frau schon kurz nach der Hochzeit durchgebracht.
    Das Schloß meines Vaters, seine Ländereien und das nahegelegene Dorf waren mein ganzes Universum. Und ich war von Geburt an ruhelos - der Träumer, der Ungeduldige, der Unzufriedene der Familie. Ich hatte keine Lust, am Kamin zu sitzen und über vergangene Kriege und die Zeit des Sonnenkönigs zu reden. Geschichte bedeutete mir nichts. Statt dessen bin ich in dieser trüben und altmodischen Welt zum Jäger geworden. Ob Fasan, Wildbret oder Forelle, ich beschaffte alles, was die Familie brauchte, um sich zu ernähren. Das war damals mein alleiniger Lebensinhalt - gottlob muß man sagen, denn es gab Jahre, in denen wir sonst buchstäblich verhungert wären.
    Natürlich war das eine recht vornehme Beschäftigung, auf dem Land der Vorfahren zu jagen, und nur wir hatten das Recht dazu. Selbst der wohlhabendste Bürger durfte in meinen Wäldern nicht einmal sein Gewehr anlegen. Das hatte er allerdings auch nicht nötig, da er Geld hatte.
    Zweimal hatte ich versucht, diesem Leben zu entfliehen, nur um mit gebrochenen Flügeln wieder eingefangen zu werden. Doch davon später mehr, denn im Augenblick denke ich an den Schnee, der die Berge ringsum bedeckte, an die Wölfe, die die Dorfbewohner in Furcht und Schrecken versetzten und meine Schafe rissen. Und ich denke an eine Redensart, die im alten Frankreich geläufig war - daß kein Ort der Welt weiter von Paris entfernt sei als die Auvergne.
    Da ich ein Adliger, und zwar der einzige Adlige weit und breit war, der überhaupt noch reiten und mit einem Gewehr umgehen konnte, war es ganz natürlich, daß die Dorfbewohner zu mir kamen, um über die Wölfe zu klagen. Sie erwarteten von mir, daß ich sie erlegte; das war meine Pflicht.
    Ich hatte nicht die geringste Angst vor den Wölfen. Ich hatte noch nie erlebt oder auch nur gehört, daß ein Wolf einen Menschen angegriffen hätte.
    Am einfachsten wäre es gewesen, sie zu vergiften, aber das hätte das kostbare Fleisch ungenießbar gemacht.
    So machte ich mich eines kalten Januarmorgens auf den Weg, um die Wölfe zu töten; einen nach dem anderen. Ich besaß ein Steinschloßgewehr, drei Pistolen sowie

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